7054306-1991_12_11.jpg
Digital In Arbeit

Von der Information zum Dialog

Werbung
Werbung
Werbung

Eine friedliche Ordnung kann nur dort entstehen, wo die Informationen über das, was geordnet sein soll, umfassend und frei fließen und alle Teilhaber der Ordnung miteinander im Dialog stehen. Daher wäre die schon in den siebziger Jahren heftig geführte Diskussion einer neuen Weltinformations- und Kommunikationsordnung (NWI-KO) gerade jetzt nach dem Golfkrieg wichtig.

Den Höhepunkt des Ringens um eine NWIKO markierte der 1980 der UNESCO vorgelegte MacBri-de-Bericht. Diese 1976 von UNES-CO-Generalsekretär Amadou Mahtar M'Bow in Auftrag gegebene Studie konzentrierte sich auf das Informationsungleichgewicht zwischen Nord und Süd. Die Entwicklungsländer fühlten sich benachteiligt, weil zu wenige Nachrichten über sie in die Industriestaaten gelangten und wenn, dann vorwiegend solche über Konflikte, Katastrophen. Viele Regierungen der Entwicklungsländer waren undemokratisch und repressiv, deren Medien meist unter staatlicher Kontrolle, sodaß sie ihnen unangenehme Informationsflüsse aus dem und in das Ausland ver hindern wollten.

Der Nord-Süd-Gegensatz war überlagert vom Machtkampf der Supermächte USA und Sowjetunion. Die Sowjetunion stellte sich als verläßlicher Partner der Entwicklungsländer dar und unterstützte deren Forderungen nach mittels staatlicher Regulierungen „ausgewogenerem Informationsfluß”. So wollte die Sowjetunion auch ihre eigene restriktive Informationspolitik absichern. Die USA forderten „freien Informationsfluß”, um unter anderem die Vormachtstellungen der amerikanischen Presseagenturen abzusichern, die jeweils nach dem Ende des Ersten und des Zweiten Weltkrieges stark expandierten.

Der MacBride-Bericht war daher nur ein Kompromiß-Papier, bei dem sich die unterschiedlichen Standpunkte in Fußnoten und im Anhang widerspiegelten. „Amerika hat diesen Konflikt als Vorwand genommen, um 1984 auszutreten, obwohl nichts mehr passiert ist. Seitdem ist überhaupt Funkstille zu dem Thema”, resümiert Harald Vargas, Generalsekretär der österreichischen UNESCO-Kommis-sion, das magere Ergebnis. Die 1964 gegründete Dritte-Welt-Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS) ist das bedeutsamste Produkt. Der 1975 initiierte Nachrichtenpool POOL der blockfreien Staaten konnte sich hingegen kaum gegen die etablierten Nachrichtenagenturen behaupten. Das 1980 gestartete International Prbgräm for the Development of Communication läuft auf Schmalspur weiter und unterstützt den Aufbau von Medien und die Ausbildung von Journalisten in Entwicklungsländern.

Federico Nier-Fischer, Leiter des Wiener IPS-Büros, sieht die Tendenz, daß Probleme der Kommunikation ausgeklammert werden: „Die neue Weltordnung scheint wie eine große Hülle zu sein, deren Inhalte abstrakt gehalten werden. Heute gibt es genausowenig Anlaß zur Diskussion, solange die USA ihre Vormachtstellung behalten wollen.”

Durch die Ost-West-Entspannung sieht Nier-Fischer neue Probleme für den Nord-Süd-Informationsfluß: „Es ist jetzt schwierig, Auslandsredakteuren zu erklären, wann eine Meldung aus der Dritten Welt so wichtig ist, daß sie gebracht werden muß. Was wichtig und was nicht wichtig war, bezog sich früher auf die Ost-West-Spannung. Jetzt gibt es ein Vakuum in der Zuordnung, wann ein Land wichtig ist.” Nier-Fischer setzt keine Hoffnungen auf Diskussionen, die nur auf Staatsebene geführt werden. IPS versucht stattdessen, durch konkrete Arbeit die Süd-Süd und Nord-Süd-Informationsflüsse zu verbessern und Partner in sozialen Bewegungen und nichtstaatlichen Organisationen zu suchen.

Obwohl der amerikanische Präsident George Bush groß von einer neuen Weltordnung geredet hat, war der amerikanischen Botschaft in Wien kein aktuelles Statement zu einer neuen Weltinformationsordnung zu entlocken. Der wißbegierige Journalist wurde auf die Bibliothek verwiesen. Auch gibt es keine Anzeichen, daß die USA der UNESCO wieder beitreten und ihren Beitrag zur friedlichen Entwicklung der Welt durch Bil-dungs-, Kultur- und Kommunikationsvorhaben unterstützen wollen (siehe Anstee-Interview).

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung