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VON KRIEG ZU KRIEG

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Als der Sieg im Sechs-Tage-Krieg für Israel perfekt war, betrachteten sich die Palästinenser noch als einen Teil Jordaniens, obwohl sie nicht immer mit der Politik König Husseins einverstanden waren. Sogar die Einwohner des Gaza-Streifens, die von Ägypten mit Skepsis aufgenommen wurden, träumten damals noch nicht von einem Palästinenserstaat. Nun mußte Israel beschließen, was es mit den 1,7 Millionen neu hinzugekommenen Palästinensern anfangen soll. Der Beschluß ließ auf sich warten.

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Als der Sieg im Sechs-Tage-Krieg für Israel perfekt war, betrachteten sich die Palästinenser noch als einen Teil Jordaniens, obwohl sie nicht immer mit der Politik König Husseins einverstanden waren. Sogar die Einwohner des Gaza-Streifens, die von Ägypten mit Skepsis aufgenommen wurden, träumten damals noch nicht von einem Palästinenserstaat. Nun mußte Israel beschließen, was es mit den 1,7 Millionen neu hinzugekommenen Palästinensern anfangen soll. Der Beschluß ließ auf sich warten.

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Israels rechte Parteien und insbesondere die religiösen Parteien (siehe Seite 13) sahen in der Eroberung der besetzten Gebiete einen Wink Gottes; wurde doch das Heilige Land dem Stammvater Abraham versprochen. Dies führte zur Auffassung, daß man die besetzten Gebiete nicht zurückgeben darf - nach dem neu formulierten Motto: „Befreites Gebiet wird nicht zurückgegeben."

Durch diesen Krieg wurde Israel zu einer Okkupationsmacht - auch mit all den Nachteilen, die so eine Okkupation mit sich bringt. In den Jahren bis zum Jom-Kippur-Krieg, 1973 gab es immer wieder Vermittlungsversuche, insbesondere mit dem größten und stärksten arabischen Staat, Ägypten. Doch die damalige, inzwischen verstorbene Ministerpräsidentin Gol-da Meir war - von ihren Minister bestärkt - nicht bereit, Verzichte zu leisten. Dies veranlaßte den später ermordeten Anwar Sadat, damals Staatspräsident Ägyptens, den Jom-Kippur-Krieg vorzubereiten, um die „erlittene Schmach wieder gut zu machen".

Zwei Lager in Israel

Militärisch siegte Israel zwar, politisch versagte es aber in diesem Krieg, bei dem fast 3.000 Israelis umkamen und weitere 6.000 verletzt wurden. Jedenfalls im März 1979 wurde von Golda Meirs Nachfolger, Menachem Begin, der ägyptisch-israelische Frieden unterzeichnet. Israel räumte die gesamte Sinaihalbinsel.

Seit diesem Krieg teilt sich die jüdische Bevölkerung Israels in zwei ungefähr gleich starke Lager. Das linke glaubt, durch Rückgabe aller oder des größten Teils der besetzten Gebiete Frieden mit den Palästinensern und den arabischen Nachbarstaaten erlangen zu können. Die anderen hingegen sind davon überzeugt, daß man aus Sicherheitsgründen sowie aus religiösen Motiven heraus die besetzten Gebiete nicht aufgeben darf.

Inzwischen kam 1977 das rechte Lager - mit der Likud-Partei an der Spitze - an die Macht. Die Neuansiedlungen wurden trotz arabischen Widerstands zu einer Massenbewegung und heute leben bereits 120.000 Juden zwischen den 1,7 Millionen Arabern. Das Verhältnis zwischen den Israelis und den Palästinensern verschlechtert sich von Tag zu Tag. Die Palästinenser sind politisch entrechtet und auch ihr wirtschaftlicher Status hat sich kaum gebessert, obwohl viele - dank ihrer billigen Arbeitskraft - zu einem integralen Teil der israelischen Wirtschaft wurden.

Die Verbitterung der Palästinenser führte vor mehr als vier Jahren zum palästinensischen Volksaufstand -der Intifada - und zu den vielfachen Mordanschlägen gegen die jüdische Zivilbevölkerung. Erst dieser Tage wurden wieder ein jüdisches 15jähri-ges Mädchen und ein junger Rabbiner ermordet. Gerade vor den Parlamentswahlen am 23. Juni waren diese Mordanschläge eine bequeme Gelegenheit rechtsradikaler Elemente, die Bevölkerung gegen Araber aufzuhetzen.

So wurde in Bat Jam, der Stadt, in der das Mädchen ermordet wurde, eine Massenjagd auf Araber gemacht, um in einem Lynchgericht die eventuell Gefaßten zu Tode zu prügeln. Primitive Menschen, zum Großteil aus sozial zurückgesetzten Gesellschaftsschichten, versammelten sich zu Tausenden und schrieen fast wie in Trance: „Tod den Arabern." Vor dem Sechs-Tage-Krieg wäre etwas Derartiges undenkbar gewesen.

Inzwischen gibt es aber Friedensgespräche zwischen Israel, den Palästinensern und den arabischen Staaten (siehe Beitrag unten). Bisher handelte es sich nur um eine Art Vorspiel, denn erst nach den Wahlen in diesem Monat wird es sich zeigen, ob eine linke, kompromißbereite Regierung gewählt wird oder die heutige, die ein Großisrael propagiert, wie bisher weitermachen kann.

Hätte man damals - vor 25 Jahren -den Rat des greisen David Ben Gurion (Seite 11) befolgt, würde Israel heute anders dastehen. Denn die Okkupation hat auch die Einstellung der Bevölkerung zur Demokratie sowie zu den arabischen Nachbarn geändert. Dies führte sogar so weit, daß Hunderte Reservesoldaten sich weigern, in den besetzten Gebieten zu dienen, weil sie gegen die Okkupation sind.

Andere hingegen sehen sich oft gezwungen, Menschenrechte in den besetzten Gebieten zu verletzen, da man nicht immer fähig und bereit ist, Steinwürfe, Bespuckung und vieles andere mehr hinzunehmen. So wurde der Judenstaat durch den Sechstagekrieg zu einem Land der Gegensätze und Widerstände, dessen Probleme sich nur schwer lösen lassen.

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