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Vor einem Vierteljahrhundert bekamen wir den langersehnten Staatsvertrag

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15. Mai 1955: es war ein Sonntag. Uni 11.30 Uhr setzte zuerst der A ußenminister der Sowjetunion, Vjaceslav Molotow, seine Unterschrift unter den österreichischen Staats vertrag. Danach der britische A ußenminister Harold Macmillan. Dann US-Außenminister John F. Dulles. Daran/Frankreichs A ußenminister A ntoine Pinay. Zuletzt A ußenminister Leopold Figl. Schließlich unterzeichneten die Botschafter der vier Großmächte. Seit dieser Stunde ist ein Vierteljahrhundert vergangen. Ein Historiker und vier Freunde Österreichs, die 1955 als Repräsentanten der Besatzungsmächte in Österreich wirkten, blenden für die FURCHE auf diesen beidenSeiten 25 Jahre zurück:

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15. Mai 1955: es war ein Sonntag. Uni 11.30 Uhr setzte zuerst der A ußenminister der Sowjetunion, Vjaceslav Molotow, seine Unterschrift unter den österreichischen Staats vertrag. Danach der britische A ußenminister Harold Macmillan. Dann US-Außenminister John F. Dulles. Daran/Frankreichs A ußenminister A ntoine Pinay. Zuletzt A ußenminister Leopold Figl. Schließlich unterzeichneten die Botschafter der vier Großmächte. Seit dieser Stunde ist ein Vierteljahrhundert vergangen. Ein Historiker und vier Freunde Österreichs, die 1955 als Repräsentanten der Besatzungsmächte in Österreich wirkten, blenden für die FURCHE auf diesen beidenSeiten 25 Jahre zurück:

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Im Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 gibt es keinerlei wie immer gearteten Hinweis auf Österreichs Neutralität. Doch der politische Zusammenhang zwischen dem Abschluß des Staatsvertrags und der Erklärung der österreichischen Neutralität ist eng.

Seit den Schicksalswahlen vom 25. November 1945 war es klar, daß die österreichische Bevölkerung zugunsten der pluralistischen Demokratie westlicher Prägung optiert hatte. Zu dieser gesellschaftspolitisch-ideellen Option kam ab 1947/48 die stärkere Einbindung in den Prozeß der westeuropäischamerikanischen Wirtschaftskooperation, wie sie im Marshall-Plan und der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit in Paris (OEEC) verkörpert war.

Andererseits wollte und konnte Österreich - militärpolitisch teils im östlichen, teils im westlichen Einzugsbereich gelegen - nicht daran denken, den westeuropäischen Militärbündnissen, die sich ab 1948 formierten, beizutreten.

Es nimmt nicht Wunder, daß nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges und in Kenntnis der Lage Österreichs an der Nahtstelle zwischen West und Ost das Beispiel der Schweiz für österreichische Politiker attraktiv wurde; Heinrich Raab, der Bruder Julius Raabs, und Alfred Missong sind ebenso zu nennen wie Karl Renner und Theodor Körner.

In dem Maße, in dem ab 1949 das nordatlantische Bündnis aufgebaut und ausgebaut wurde, kam allerdings auch die feste Absicht der Sowjetunion zum Ausdruck, daß Österreich nicht in die NATO einbezogen würde.

Nach dem fehlgeschlagenen Versuch einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) trat die BRD direkt der NATO bei (Oktober 1954/Mai 1955); nunmehr stellte die Sowjetunion die Garantie der österreichischen Unabhängigkeit (gegen eine Einbindung in das NATO-System und eine vorgebliche ,,Anschluß”-Gefahr) neuerlich zur Diskussion. Doch wollten die Sowjets zunächst von den Österreichern wissen, wie sich Österreich solche „Garantien” vorstellen würde.

In zwei großen Reden am 20. März und 3. April 1955 formulierte Bundeskanzler Raab Österreichs Vorstellungen. Raab wiederholte Österreichs schon mehrfach zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft, keinen Bündnissen beizutreten und keine fremden Militärstützpunkte im Lande zu dulden. Darüber hinaus machte Raab den Vor-

„So können wir ermessen, wie groß die Chance war, die Österreich 1955 geboten wurde, und die es nützte” schlag, daß Österreich seitens der vier Mächte eine Garantie der Unversehrtheit und Unverletzlichkeit seines Staatsgebietes erhalten könnte, so wie sie die Schweiz im Jahre 1815 von den damaligen Großmächten erhalten hatte.

Bei den Verhandlungen in Moskau im April 1955 stellte sich allerdings heraus, daß die wichtigste Garantie, um die es der Sowjetunion zu tun war, die Erklärung der Neutralität Österreichs - „wie sie von der Schweiz gehandhabt wird” - war. Im Moskauer Memorandum vom 15. April 1955 sind die folgenden, einander gegenseitig bedingenden Zusagen von besonderer Bedeutung: Die Sowjetregierung erklärte sich bereit, „den österreichischen Staatsvertrag unverzüglich zu unterzeichnen”; sie erklärte sich ebenfalls damit einverstanden, daß alle Besatzungstruppen nach Inkrafttreten des Staatsvertrages „nicht später als am 31. Dezember 1955 aus Österreich abgezogen werden”.

Die österreichische Regierungsdelegation - Raab, Schärf, Figl, Kreisky -gab nicht nur die Verwendungszusage bezüglich einer immerwährenden Neutralität der Art, „wie sie von der

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