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Vor einer Migrationswelle

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Einer jener Faktoren, die die politische Lage in der vor dem Zerfall stehenden CSFR verkomplizieren können, ist die Frage der Zigeuner. In der Tschechischen Republik leben etwa 300.000, in der Slowakischen Republik mehr als eine halbe Million Roma.

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Einer jener Faktoren, die die politische Lage in der vor dem Zerfall stehenden CSFR verkomplizieren können, ist die Frage der Zigeuner. In der Tschechischen Republik leben etwa 300.000, in der Slowakischen Republik mehr als eine halbe Million Roma.

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Ladislav Body, zur Zeit einziger Roma-Abgeordneter in der gesamten Föderation, erwartet noch vor der endgültigen Trennung der beiden Republiken eine große Wanderung von Romas aus der Slowakei in die Tschechische Republik. Als Gründe gibt er vor allem wirtschaftliche an. Body betonte jüngst, daß die Migrationswelle politische Konflikte hervorrufen könne.

In einem Zeitungsinterview sagte Body, Mitglied der Kommunistischen Partei, auch, daß der tschechische Ministerpräsident Vaclav Klaus die Problematik mit Roma-Repräsentanten bereits diskutiert habe und sie sehr ernst nehme. Auf der anderen Seite - so Body - haben sowohl der slowakische Premier, Vladimir Meciar, und der Vorsitzende des slowakischen Parlaments Ivan Gaspa-rovic bis jetzt auf seine Anfragen keine Antwort gegeben.

Schon zu Sommerbeginn hat die Zigeunerfrage in der CSFR eine scharfe Pplemik ausgelöst, als Meciar sagte, er kenne eine geheimes Szenarium der ehemaligen tschechischen Regierung unter dem Premier Petr Pithart. Nach diesem Plan, so Meciar, müsse die Slowakei nach der Teilung mit einer Aussiedlung praktisch aller Romas aus dem tschechischen in den slowakischen Teil rechnen.

Nach historischen Quellen erschienen die ersten Zigeuner in Böhmen im Jahre 1416. Das Zusammenleben mit der Mehrheitsbevölkerung war immer konfliktreich, aber nicht so stark wie in anderen Ländern. Zur Zeit der deutschen Okkupation" wurden tschechische Romas und Sintis praktisch liquidiert. Slowakische Zigeuner haben den Krieg überlebt, und nach der Befreiung 1945 übersiedelten viele nach Böhmen und Mähren.

Nach der Novemberrevolution 1989 gründeten Romas in der CSFR mehrere Organisationen. Die Öffentlichkeit in der CSFR registriert vor allem die große Kriminalität dieser ethnischen Gruppe. In den vergangenen zwei Jahren kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Romas und Skinheads in Teplice, Pilsen und anderen Städten der Republik.

Bekommt jetzt die tschechische Regierung in dieser schweren Zeit ein Weihnachtsgeschenk in Form von Zehntausenden armen slowakischen Romas? Wir werden es in Kürze wissen.

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