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Vor neuer Krise in Jerusalem

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Erst waren es die bevorstehenden Verhandlungen mit Jordanien, die eine Regierungskrise andeuteten, doch dann zögerte wie immer im letzten Moment König Hussein von Jordanien. Er versuchte bei Jassir Arafats PLO Rückendeckung zu erhalten, nahm dann die von seinem Erzfeind, dem syrischen Staatspräsidenten Assad, angebotene Hand an, versprach sich mit ihm zu treffen, und die Verhandlungen mit Israel wurden wieder einmal verschoben.

Unterdessen begann eine neue Verhandlungsrunde mit Ägypten,

um die eingefrorenen Beziehungen wieder aufzutauen.

Dieses Mal war das ägyptische Verhandlungsteam freundlich eingestellt, und die verhandelnden Ministerialdirektoren versuchten soweit wie möglich alle Hindernisse bei den Gesprächen aus dem Weg zu räumen.

Doch den Streitpunkt Taba mußten sie trotz allem unter die Lupe nehmen. Der letzte ägyptische Kompromißvorschlag lautete folgendermaßen: Wenn vierwöchige Verhandlungen über Taba fehlschlagen, soll ein internationales Schiedsgericht entscheiden, wem dieser kleine Landzipfel in der Größe von einem Quadratkilometer gehören soll. Sollte Israel auf dieses kleine Stück Land verzichten müssen, dann würde selbstverständlich das neue Luxushotel Avia Sonesta in israelischer Hand verbleiben. Die Israelis und Ägypter hätten dann freien Zutritt zu diesem Gebiet.

Ministerpräsident Peres

stimmte zu, doch sein Stellvertreter und Außenminister, der Li-kudf ührer Schamir, war auch hier dagegen.

Peres hat die Angelegenheit noch nicht vor das Kabinett gebracht, doch lange läßt es sich nicht hinausschieben. Zurzeit hofft er immer noch, den Likud Schamirz umzustimmen.

Doch während sich der rechtsgerichtete Likud-Block mit der Arbeiter-Partei streitet, sind die religiösen Parteien aktiv. Oft hat man den Eindruck, daß außer Re-

ligion bei ihnen nichts von Wichtigkeit ist. Dies insbesondere, da auch der Konkurrenzkampf in den verschiedenen Fraktionen hier ausschlaggebend ist.

Obwohl innerhalb des Judentums die nichtorthodoxen Strömungen die dominierenden sind, haben es die israelischen Religionsparteien verstanden, alle nichtorthodoxen religiösen Strömungen völlig zu unterdrücken, so daß es sich heute leichter als Christ in Israel leben läßt, als ein liberal eingestellter Jude.

Zur Zeit drohen die Orthodoxen in der Regierung mit Austritt, wenn man ihren Forderungen nicht nachkommt, das Gesetz mit orthodoxer Färbung anzunehmen, welches unter dem Motto „Wer ist eigentlich Jude?" bekannt wurde. Ferner fordern sie die Beseitigung der Mormonenuniversität, die sich derzeit in Jerusalem in Bau befindet, mit der Begründung, diese würde trotz aller Versprechungen und Vereinbarungen Missionstätigkeit unter den Juden betreiben.

Die Baulizenzen wurden zwar noch zur Zeit von Begins Regierung gegeben, doch haben inzwischen einige Ultrareligiöse Alarm geschlagen, woraufhin auch andere religiöse Parteien mitmachen mußten, um nicht hinter den Ultras zurückzustehen.

Inzwischen geht in Israel der Kampf um die Rettung einer stark angeschlagenen Wirtschaft weiter. Der Regierung ist es zwar gelungen, die Inflation verhältnismäßig niedrigzuhalten, doch die Weltwirtschaftskrise ist auch hier spürbar. Der Export ist zurückgegangen, der Tourismus geschrumpft, und die Arbeitslosigkeit wird immer größer.

Einer der schwierigsten Punkte, den die Regierung noch nicht lösen konnte, ist die Beschneidung des Regierungsbudgets. Zurzeit will das Finanzministerium etwa sechs Millionen US-Dollar kürzen.

Israels politische Szene ist jedenfalls bewegt, denn derzeit gibt es noch einen Bodenskandal, in dem Bodenspekulanten in den besetzten Gebieten für Millionen von US-Dollars Bodenparzellen verkauft haben, die ihnen nicht gehörten. Darin sind einige Funktionäre des Likud verwickelt, der bekanntlich die Neuansiedlungen fördert.

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