7019119-1988_38_11.jpg
Digital In Arbeit

Vorarlberg und die EG '92

19451960198020002020

Das Ländle - Österreichs kleinstes Bundesland blickt selbstbewußt und zuversichtlich nach Brüssel. Der „Musterknabe“ der heimischen Wirtschaft (siehe Grafik unten) hofft auf einen baldigen Beitritt unseres Landes in die Europäische Gemeinschaft. Dazu das folgende Dossier.

19451960198020002020

Das Ländle - Österreichs kleinstes Bundesland blickt selbstbewußt und zuversichtlich nach Brüssel. Der „Musterknabe“ der heimischen Wirtschaft (siehe Grafik unten) hofft auf einen baldigen Beitritt unseres Landes in die Europäische Gemeinschaft. Dazu das folgende Dossier.

Werbung
Werbung
Werbung

Vorarlberg ist der Wirtschaftsgemeinschaft Europas aufgrund seiner geopolitischen Situierung und seiner geschichtlichen Entwicklung besonders verbunden. 76 Prozent der 340 Kilometer Landesgrenzen sind zugleich auch Staatsgrenzen - die „Offenheit“ gegenüber dem Ausland ist also vorab schon rein geographisch gegeben. Wie sehr diese Offenheit auch wirtschaftliche Realität ist, zeigen unsere Exportzahlen sehr deutlich. Insgesamt lag der Vorarlberger Exportwert 1987 bei 27,2 Milliarden Schilling — das entspricht einer Exportquote von etwa 45 Prozent. Bei vielen Betrieben liegt die Exportquote zwischen 70 und 90 Prozent.

Diese Zahlen belegen jedoch nicht nur die Offenheit gegenüber dem Ausland. Besonders deutlich weisen sie auch auf die Leistungsfähigkeit unserer*Wirtschaft. Sei es die alemannische Abstammung oder der Mangel an Bodenschätzen — die positive Einstellung zu Arbeit und Leistung und eine gute Industriegesinnung sind beim Vorarlberger unbestritten. Es gibt derzeit bei uns 522 Industrieland 3.264 Gewerbebetriebe. Wir weisen unter allen Bundesländern die höchste Industriedichte (bezogen auf die Beschäftigungszahl) auf, und die Produktivität unserer Wirtschaft kann sich mit der unserer Nachbarländer Schweiz und der Bundesrepublik messen.

Trotz unserer faktischen Europareife gilt es, der unausweichlich stärkeren Wettbewerbssituation zeitgerecht durch konkrete Maßnahmen zu begegnen. Sowohl dem Mangel an Fachkräften als auch den durch die Prognose-Studie festgestellten Schwächen im Bereich der Produktinnovation müssen verstärkte Aktivitäten entgegengesetzt werden.

Deshalb hat die Vorarlberger Landesregierung eine Technologie- und Bildungsoffensive eingeleitet, die neben gezielten Förderungsaktionen für Jungunternehmer und betriebliche Forschung auch das Vorarlberger Technologie-Transfer-Zentrum (VTTZ) umfaßt. Ab dem kommenden Jahr wird das VTTZ in das Vorarlberger Innovationszentrum in Götzis integriert sein und so die dort vorhandene Infrastruktur für Betriebsneugründungen sinnvoll ergänzen.

Das VTTZ soll den Wissenstransfer zwischen Universitäten und sonstigen Forschungseinrichtungen und der Vorarlberger Wirtschaft forcieren. Dabei übernimmt das VTTZ vor allem eine Vermittlerfunktion zwischen den Betrieben, die eine bestimmte Problemlösung suchen, und den dafür fachlich qualifizierten Experten mit dem Ziel einer möglichst kreativen und raschen Umsetzung des vorhandenen technischen Wissens in erfolgreiche Produkte und Produktionsverfahren.

Daraus ergibt sich für das VTTZ unter anderem die wichtige Funktion, neuestes Wissen in allen technischen Bereichen zu beschaffen, um es an interessierte Vorarlberger Betriebe weitergeben zu können. Für diesen Zweck unterhält das VTTZ unter anderem Kontakte zu österreichischen Universitäten und Forschungszentren, zur Steinbeis-Stiftung für Wirtschaftsförderung in Baden-Württemberg, zur ETH in Zürich, zum Institut Pasteur in Paris und zum Massachusetts Institute of Technology in Boston — ein weiteres Zeichen unserer internationalen Orientierung.

Klar ist jedoch, daß unsere Technologie-Offensive nicht einseitig auf High-Technik ausgelegt sein darf. Nur auf der Basis breitgefächerter innovativer Klein-und Mittelbetriebe kann unsere Wettbewerbsfähigkeit weiterhin gesichert werden.

Der EG-Binnenmarkt 1992 stellt natürlich auch für die Vorarlberger Wirtschaft eine große Herausforderung dar - jedoch eine Herausforderung, der sie sich nicht nur stellen muß, sondern auch kann. Die Europapolitik ist die Zukunftsfrage Österreichs. Wir müssen erkennen, daß die Staatengemeinschaft geprägt ist von einem bisher nie dagewesenen Maß an Verflechtung, an gegenseitiger Abhängigkeit.

Dies hat vor allem große wirtschaftspolitische Bedeutung für einen kleinen, außenwirtschaftlich so stark verflochtenen Industriestaat wie Österreich. Vor diesem Hintergrund müssen wir uns die Frage stellen, ob reale Souveränität im Sinne von echtem Handlungsspielraum nicht immer mehr als Mitsprache in den Institutionen der Staatenzusammenschlüsse zu verstehen ist.

Der Autor ist Landeshauptmann von Vorarlberg.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung