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VORBEHALT BEI DER VORSORGE

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Es mag müßig erscheinen, über neue Perspektiven für die Veranlagung von Pensionskassen in Österreich zu diskutieren, wo doch das Anlagevolumen nach wie vor relativ bescheiden ist. Aber immerhin verfügen Österreichs junge „pension funds" über acht Milliarden Schilling veranlagtes Volumen.

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Es mag müßig erscheinen, über neue Perspektiven für die Veranlagung von Pensionskassen in Österreich zu diskutieren, wo doch das Anlagevolumen nach wie vor relativ bescheiden ist. Aber immerhin verfügen Österreichs junge „pension funds" über acht Milliarden Schilling veranlagtes Volumen.

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Ein immer noch verschwindend kleiner Betrag, wenn man ihn mit dem Anlagevolumen anderer europäischer Industriestaaten vergleicht. Greifen wir nur zwei heraus: Die niederländischen Pensionskassen verwalteten 1990 ein Gesamtvermögen von ungefähr 400 Milliarden Gulden, die deutschen Pensionskassen - und hier sollte man bei Beurteilung der Zahlen den Größenunterschied der beiden Länder durchaus sehen - etwa 300 bis 500 Milliarden DM.

Viel ist in den letzten Wochen von Sozialpartnern und Pensionskassenbetreibern gerätselt worden, worin denn die Ursachen für das langsame Wachstum der Pensionskassen liegen. Zweifelsohne ist man im Jahr 1989 beziehungsweise bei Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 1990 von zu optimistischen -ja beinahe euphorischen - Vorstellungen ausgegangen. Heute weiß man, daß die Einrichtung eines neuen betrieblichen Vorsorgewerkes in einem größeren Unternehmen einen Konzeptions- und Beratungsprozeß durchläuft, der gut und gerne ein Jahr dauert. Die Übernahme alter Pensionszusagen, die durch die Bestimmungen des EStG 1988 und im besonderen durch das Rechnungslegungsgesetz immer schwerer kalkulierbar und handhabbar werden, durch eine Pensionskasse dauert mindestens so lang, wenn nicht länger. Die AS VGEntwickluilg in Österreich und das wachsende Bewußtsein der Arbeitgeber, daß betriebliche Vorsorgeleistungen („Vorsorgelohn") als Mittel der Mitarbeitermotivation und damit als Instrument der Personalpolitik an Gewicht gewinnen werden, läßt die Erwartung zu, daß in wenigen Jahren „pension plans" zum Instrumentarium innovativer, attraktiver Unternehmen zählen werden.

Wie war das im Ausland? Nehmen wir die Niederlande her, dort betrugen im Jahr 1960 die investierten Vermögen der Pensionskassen neun Milliarden Gulden und erreichten 1990 knapp 400 Milliarden Gulden.

Legt man diese Entwicklung auf die einzelnen Jahre um, so ergibt sich ein durchschnittlicher jährlicher Zuwachs um zirka 13,5 Prozent und liegt damit weit über der jährlichen Zunahme des Bruttosozialprodukts. Das holländische Beispiel ist keineswegs der Beweis dafür, daß die österreichischen Pensionskassen eine ähnliche Entwicklung nehmen müssen. Gänzlich andere gesetzliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, ein anders gestaltetes soziales Netz beeinflussen die Entwicklung. Die holländischen Ziffern können aber als Hinweis dafür gelten, daß zur Akkumulierung größerer Vermögenswerte viele Jahre erforderlich sind.

Die Anlagestruktur der Pensionskassen ist in den einzelnen Industrie-Staaten unterschiedlich (siehe Tabelle). Aus diesen Ziffern läßt sich eine gänzlich unterschiedliche Anlagephilosophie ableiten.

In den angelsächsischen Ländern dominiert die Überzeugung, daß über lange Perioden hinweg die Veranlagung in Sachwerten (Aktien!) die höchste reale Rendite bringt. Eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung der Sparinvest Kapitalanlage AG beweist dies. Das höhere Risiko einer Aktienveranlagung muß dabei in Kauf genommen werden. Die Veranlagungsstrategie in Kontinentaleuropa jedoch ist üblicherweise vom Streben nach niedrigem Risiko und gleichmäßigem Ertrag (Renten) geprägt.

Die Bestimmungen des Paragraphen 25 Pensionskassengesetz regeln die Veranlagungsvorschriften für die Pensionskassen. Österreichs Pensionskassen müssen mindestens 50 Prozent in auf Schilling lautenden festverzinslichen Wertpapieren beziehungsweise in Bankguthaben bei inländischen Banken veranlagen und dürfen maximal 30 Prozent in Aktien (davon bis zur Hälfte in ausländischen Aktien), maximal in 20 Prozent auf ausländische Währung lautende festverzinsliche Wertpapiere beziehungsweise auf ausländische Währungen lautende Bankguthaben bei inländischen Banken, maximal 20 Prozent in Immobilien und bis zu zehn Prozent in Darlehen an beitragleistende Arbeitgeber investieren. Eine Beschränkung der Anlagemöglichkeiten im Ausland oder in fremder Währung sind dem EG-Denken mindestens genauso fremd, wie der Ausschluß ausländischer Banken.

Aufgrund der Pensionsfonds-Richt-linie (Vorschlag der europäischen Kommission vom Oktober 1991) sollen folgende Zielsetzungen umgesetzt werden:

□ Mobilisierung der Anlagemittel der selbständigen Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung zur Förderung des einheitlichen europäischen Finanzmarktes;

□ Verzicht auf einen verbindlichen Anlagekatalog;

□ Abschaffung systematischer Meldepflichten zu Kapitalanlagen.

Der EWR-Beitritt, spätestens aber Österreichs Aufnahme in die EG, wird eine Reform des Anlagekatalogs des Pensionskassengesetzes notwendig machen.

Eine Gesetzesrevision allein bringt aber noch keine Veränderung des Anlageverhaltens und Österreichs Pensionskassen können sich im derzeit vorgegebenen Veranlagungskatalog bequem bewegen. Die Veranlagung in festverzinslichen Werten sollte auch in der Zukunft eine dominierende Rolle in Österreich spielen.

Was wirklich wünschenswert wäre, ist die uneingeschränkte Möglichkeit, in verschiedene Währungen zu diver-sifizieren und damit die in den einzelnen Ländern gegebenen Anlagevorteile ausnützen sowie eine optimale Risikostreuung erreichen zu können. In einem größeren Europa kann die Beschränkung auf ein Teilwirtschaftsgebiet nicht mehr sinnvoll sein.

Der Autor ist Vorsitzender des Vorstandes der s-Pensionskassen AG

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