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Vorrang: Sicherheit

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Die Professoren Kahn und Strassmann haben im Jahre 1938 die Möglichkeit der Spaltung von Uran entdeckt. Am 2. Dezember 1942 lief im Keller der Universität von Chicago zum ersten Mal in der Welt eine stationäre Kettenreaktion an. Schon 1951 wurde zum ersten Mal — ebenfalls in den USA — aus Kernenergie elektrischer Strom erzeugt* und zwar von einem natriumge-kühlten schnellen Brutreaktor mit einer Leistung von 1 MW, das sind 1000 Kilowatt.

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Die Professoren Kahn und Strassmann haben im Jahre 1938 die Möglichkeit der Spaltung von Uran entdeckt. Am 2. Dezember 1942 lief im Keller der Universität von Chicago zum ersten Mal in der Welt eine stationäre Kettenreaktion an. Schon 1951 wurde zum ersten Mal — ebenfalls in den USA — aus Kernenergie elektrischer Strom erzeugt* und zwar von einem natriumge-kühlten schnellen Brutreaktor mit einer Leistung von 1 MW, das sind 1000 Kilowatt.

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Heute, 37 Jahre nach der Entdek-kung der Kernspaltung, sind auf der Welt 157 Kernreaktoren mit einer Gesamtleistung von etwa 70.000 MW in Betrieb. Im Bau befinden sich weitere 148 Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von etwa 125.000 MW. Berücksichtigt man die heute schon bestellten, beziehungsweise fest geplanten Kernkraftwerke, so werden um das Jahr 1985 auf der Welt etwa 660 Kernreaktoren mit einer Gesamtleistung von 530.000 MW in Betrieb sein. Zum Vergleich sei erwähnt, daß 1975 die installierte Kraftwerksleistung in unserem Land etwa 8000 MW beträgt. Die genannten Zahlen werden durch eine Reihe verschiedener Reaktortypen erreicht. So gibt es Schwerwasserreaktoren und Gas-Graphit-Reaktoren, die insbesondere in Kanada, England und

Frankreich gebaut werden. Der mit Abstand am häufigsten gebaute Reaktortyp ist jedoch der Leichtwasserreaktor, der um das Jahr 1985 in etwa 550 Kernkraftwerken mit einer Gesamtleistung von etwa 450.000 MW — das sind 85 Prozent der bis dahin in Kernkraftwerken installierten Gesamtleistung — Verwendung finden wird.

Einige Kernkraftwerke in den USA, England, Frankreich und der UdSSR sind schon zwanzig Jahre lang erfolgreich in Betrieb. Die derzeit in Betrieb befindlichen 80 Kernkraftwerke mit Leichtwasserreaktoren verfügen insgesamt über eine Betriebserfahrung von mehr als 300 Reaktorbetriebsjahren. Während dieser Zeit gab es natürlich Störfälle wie in allen industriellen Anlagen, aber es kam zu keinem einzigen Unfall, bei dem Menschen in der näheren oder weiteren Umgebung eines Kernkraftwerkes gefährdet gewesen wären.

Die Entwicklung des Leichtwasserreaktors wurde schon gegen Ende der vierziger Jahre in den USA und der UdSSR begonnen; später haben die Länder Schweden* Bundesrepublik Deutschland, Japan, Italien, Schweiz und Frankreich sehr wesentlich zur technischen Reife beigetragen. Die Ziele dieser Entwicklung betrafen vor allem die Sicherheit und die Wirtschaftlichkeit. Sehr aufwendige Entwicklungsarbeiten galten auch dem Brennstoffkreislauf; dazu gehören Gewinnung und Anreicherung von Uran, Brennelementfertigung, aber auch die Wiederaufarbeitung von bestrahlten Brennelementen, sowie die Behandlung und die Lagerung der radioaktiven Abfälle. Die Behandlung der radioaktiven Abfälle ist heute grundsätzlich geklärt. In der Frage der Lagerung ist die Entscheidung darüber, ob in geologischen Formationen oder in Kunstbauten gelagert werden soll, noch nicht endgültig gefallen. Wichtig ist dabei die

Tatsache, daß die beim Betrieb von Kernkraftwerken anfallenden Mengen an radioaktiven Abfällen klein sind, so daß keine der beiden Lösungen ein technisches oder wirtschaftliches Problem darstellt.

Die Kernenergie unterscheidet sich von anderen neuen Technologien, wie zum Beispiel der Elektronik oder der Weltraumtechnik, dadurch, daß hier — als Folge des Programmes „Atome für den Frieden“ des Präsidenten Eisenhower aus dem Jahre 1953 — ein weltweiter Erfahrungsaustausch stattfindet. Die Konferenzen in Genf über die friedliche Nutzung der Kernenergie — die erste, fand 1955 statt — sind ein Beispiel dafür. Darüber hinaus wurde durch die Gründung der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) mit Sitz in Wien im Jahre 1957 eine Institution geschaffen, in der Mitarbeiter aus vielen Ländern der Welt für einen ständigen Informationsaustausch sorgen. Eine zusätzliche Kooperation erfolgt zwischen den nationalen Atomforen. Die Zusammenarbeit der Elektrizitätsversorgungsunternehmen in allen Fragen, welche die Erzeugung, den Transport und die Verteilung von elektrischem Strom betreffen, ist national und international, seit es Strom gibt, so eng wie sonst nirgends in der Wirtschaft. Die österreichische Elektrizitätswirtschaft erhält also durch die Mitgliedschaft in internationalen Gremien und durch persönliche Verbindungen alle einschlägigen Erfahrungen und Informationen. Unsere intensiven Anstrengungen, den ganzen Fragenkomplex der Kernenergie beurteilen zu können, reichen bis in die späten fünfziger Jahre zurück. Die in der Studiengesellschaft für Atomenergie (SGAE), in der Gemeinschaftskernkraftwerk Tüllnerfeld GmbH (GKT), in der Gemeinschaftskernkraftwerk Stein GmbH (GKS) und inder'Kernkraftwerk-Planungs-gesellschaft mbH (KKWP) tätigen Mitarbeiter haben eine gediegene technische und praktische Ausbildung. Viele von ihnen haben ihre Kenntnisse auch im Ausland, zum Beispiel bei Reaktorherstellern und Kernkraftwerksbetreibern, vertiefen können. Die Leistung unserer Behörden und der für sie tätigen Institutionen, wie SGAE und Technischer Überwachungsverein (TUV), bei der Genehmigung und Überwachung des Projektes Kernkraftwerk Zwentendorf der GKT, hat sowohl in der Anforderung, als auch in der technischen Bearbeitung nachweislich internationale Anerkennung gefunden.

Die österreichischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen haben mit ihrer weitsichtigen Planung, solange es ging, bevorzugt die heimischen Energiequellen eingesetzt. Das absehbare Ende des Ausbaues der Wasserkräfte und die Problematik des Imports von Rohenergie führen bei uns zum Einsatz der Kernenergie durch die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf der GKT Ende 1976 mit einem Leichtwasserreaktor von 700 MW — zu einem

Zeitpunkt, da der Nachweis der Sicherheit, der Zuverlässigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren in anderen Ländern schon erbracht ist.

Die große Sicherheit und die hohe Zuverlässigkeit sind durch die schon in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke ausreichend belegt, aber auch die Wirtschaftlichkeit ist auf Grund der Erfahrungen bei der GKT und der verbindlichen Offerte für das projektierte Kernkraftwerk Stein — St. Panaleon der GKS erwiesen.

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