6881092-1979_09_29.jpg
Digital In Arbeit

VW-Entwicklungschef blickt in die Zukunft

Werbung
Werbung
Werbung

In seinem Verkaufslokal in der Laxenburgerstraße im 10. Wiener Bezirk informierte Erwin Janko über die Neugliederung seines Programms: Er hat über die Firma Ringhoffer die Alfa Romeo-Vertretung übernommen, um neben seinen Marken Rolls Royce und BL „ein zweites Bein“ zu haben. Von den exklusiven Alfa-Modellen verspricht er sich gute Erfolge - für heuer rechnet er mit etwa 120 Einheiten - da er die Preise speziell des Alfasud ti 1500 (S 115.900) und des Sprint 1500 (viersitziges Coupe, S 141.000) für sehr interessant hält. Auch die Giulietta (1.3 und 1.6 L) mit niedrigem Verbrauch und die Alfetta zwei Liter passen gut in sein Programm. In der ersten Hälfte dieses Jahres wird ein neues Sechszylindermodell die Palette nach oben vorteilhaft abrunden. Im Gebrauchtwagengeschäft seines Hauses glaubt Janko durch die Übernahme der neuen Vertretung eine Belebung erwarten zu dürfen, denn der neue Kundenkreis dürfte ihm jene sportlichen Zweithandwagen zuführen, an denen es ihm bisher mangelte. Im Bereich British Leyland will sich Janko auf Jaguar und Rover konzentrieren, er glaubt, daß Triumph allmählich vom Markt verschwinden wird. Vor einem Jahr hat das Autohaus bekanntlich Lancia übernommen, nunmehr hat man sich nach einer freundschaftlichen Unterredung mit Dir. Pulz von Steyr von dieser Marke wieder losgelöst. Die Lagerbestände bei den Händlern waren so groß, daß diese Fahrzeuge zum Selbstkostenpreis abgegeben wurden, so konnte Janko keine Gewinne erzielen. Zum Schluß teilte der Firmenchef die Preise für Werkstattarbeiten mit: Für kleinere Typen (Vierzylinder) werden S 240, für den Rover S 280 und für Jaguar S 320 verrechnet. Auf Rolls Royce angesprochen: „Wir haben da drei Jahre Garantie...“ Der Wagen benötigt so gut wie keine Reparaturen. EWS

Redakteure der Zeitschrift „Gute Fahrt“ befragten Prof. Dr. Ernst Fia-la, VW-Vorstandsdirektor für Forschung und Entwicklung, über das Auto der Zukunft, dessen Technik in den achtziger Jahren, den Konkurrenzkampf zwischen der europäischen Autoindustrie, den Japanern und den Amerikanern. In den Japanern sieht Fiala keine ruinöse Gefahr, selbst wenn ihr Marktanteil noch weiter steigen sollte, hingegen seien die Amerikaner sehr ernst zu nehmen. In nächster Zeit dürfte die Invasion Europas durch kleine Wagen aus den USA bevorstehen. Zwei Umstände könnten diese Gefahr mildern: Die Fahrzeuge dürften „auch Eigenschaften aufweisen, die bei uns nicht sehr geschätzt werden“ und außerdem werden die US-Konzerne Rücksicht auf ihre europäischen Töchter nehmen und sich daher zurückhalten müssen. Man wird ihnen durch technischen Vorsprung Paroli bieten müssen.

Besteht nicht die Gefahr, daß unsere Autos stylistisch immer einheitlicher werden? Fiala war um eine treffende Antwort nicht verlegen: Obwohl der Windkanal immer mehr Macht über die Form ausübt, werden die Wagen doch nicht alle gleich aussehen, denn auch Fische oder Vögel sind „von der Strömung“ geformt und doch nicht alle gleich. Die Gestaltung der Wagen wird sich der Funktion unterordnen und da spielen neben Luftwiderstand noch andere Forderungen mit, wie etwa geringere Windempfindlichkeit, weniger Verschmutzung der Scheiben und Seitenwände, Zugänglichkeit, Einstieg, Sicht, aber auch Kriterien hinsichtlich Erzeugung und Reparatur. Groß wird ferner der Einfluß des Gesetzgebers sein, der wegen Energieersparnis immer geringeren Verbrauch vorschreibt und die Konstrukteure zwingt, neue, leichtere Werkstoffe zu benützen.

Der Dieselmotor steht im Vordergrund des Interesses, aber auch der Ottomotor ist noch verbesserungsfähig, (Verbrauch, Geräuschminderung, Abgasemission, Lebensdauer). Nicht nur vom Motor her läßt sich Treibstoff sparen, auch durch verstärkte Anwendung des zuschaltbaren Schonganges (Overdrive), also über das Getriebe. Bemerkenswert ist der Fortschritt im Geräuschkomfort: Beim Passat-Diesel ist man mit 76 dBA bei 120 km/h in Bereiche eingedrungen, die früher das Privileg

teuerer Luxuswagen waren. Die Sitzbequemlichkeit ist kaum mehr zu steigern, man findet in der ganzen Möbelbranche keine besseren Sessel als im Automobil. Die Elektronik wird immer mehr ins Auto einziehen und praktisch alle Aggregate und Funktionen steuern bzw. überwachen. Lohnt aber z. B. der Aufwand für Antiblockiersysteme, Einrichtungen, die man bei umsichtiger Fahrweise kaum jemals benötigt?

Noch einmal kam man auf die Formgebung der Autos der Zukunft und auf widersprüchliche Forderungen zurück: Das Diktat des Windkanals, der aus den Fahrzeugen Gebilde „so flach wie eine Flunder“ machen möchte und der Wunsch des Kunden, der ein hohes, geräumiges Auto will.

Der Gegensatz ist nicht unüberwindlich, meinte Fiala, das Problem kann man nur mit einem Kompromiß lösen. Der Golf als Beispiel: Er ist weder zu niedrig noch zu eng, der Raum optimal ausgenützt, die Stirnfläche relativ groß und trotzdem bei kleinem Luftwiderstandsbeiwert strömungsgünstig. Andere Fahrzeuge sehen vielleicht aerodynamischer aus, aber de facto übertrifft sie der Golf, dazu kommen volle Abmessungen und Vielseitigkeit. So schloß sich der Kreis des Frage- und Antwortspiels mit Fiala: Man war von der Form ausgegangen und zu ihr zurückgekehrt und konnte feststellen, daß die verschiedenen Audi- und VW-Typen die Forderuhgen des Gesetzgebers, der Energiesparer, der Kunden und der Hersteller zur Zeit wohl am besten erfüllen. Die Verkaufsrekorde des Golfs sind der beste Beweis dafür.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung