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Wachablöse in Frankreich
In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai prasselte ein schweres Gewitter über der französischen Hauptstadt nieder, Donnerschläge ließen die Fenster erzittern. Böse Zungen kommentierten, Gott äußere seinen Mißmut überden A usgang der französischen Präsidentenwahl.
In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai prasselte ein schweres Gewitter über der französischen Hauptstadt nieder, Donnerschläge ließen die Fenster erzittern. Böse Zungen kommentierten, Gott äußere seinen Mißmut überden A usgang der französischen Präsidentenwahl.
Denn das doch eher Unwahrscheinliche ist wahr geworden. Und nicht nur die große Masse der Bevölkerung, die über die Zukunft ihres Landes für die nächsten sieben Jahre entschieden hat, auch innenpolitische Experten mußten zugeben, daß sie sich in ihren Prognosen getäuscht hatten: Francois Mitterrand, lange Zeit hindurch Generalsekretär der Sozialistischen Partei Frankreichs, gelang es mit 52 Prozent gegen 48 Prozent für Giscard d’Estaing diese schwierige Präsidentenwahl eindeutig für sich zu entscheiden.
Vor sieben Jahren wurde sein Vorgänger rfur mit 50,08 Prozent als Präsident der Republik anerkannt. Die Gründe dieses unbestreitbaren Sieges sind verschiedenartiger Natur. Einige davon können schon jetzt ausgelotet werden:
Die Wähler der kommunistischen Partei haben in ihrer bekannten Disziplin die Empfehlungen ihres Generalse kretärs George Marchais respektiert und ihre Stimmen Mitterrand anvertraut. Dagegen haben viele Anhänger von Gaullistenchef Jaques Chirac sich im zweiten Wahlgang nicht zum bisherigen Chef der Majorität bekannt. Der Großteil der „Grünen“ stimmte ebenfalls für Mitterrand.
Weiters gab es verschiedenste Gruppen, die sich diesmal entschlossen, für die Opposition einzutreten. So fanden sich unter den 600.000 französischen Juden sehr viele, die die bekannte Sympathie Mitterrands für den Staat Israel honorieren wollten. Auch katholische Kreise vertraten die Meinung, daß eine kühnere Sozial- und Wirtschaftspolitik notwendig sei, denn Giscard d’Estaing hatte ihrer Meinung nach zu sehr das Großkapital bevorzugt.
Noch in der Wahlnacht sprachen zahlreiche Politologen von einem historischen Akt und kommentierten, daß die Institutionen der 5. Republik sehr bald verschwinden würden. Auf alle Fälle handelt es sich um den Beginn einer tiefgründigen Neuerung. Denn der durch das Votum vom 10. Mai eingelei tete Prozeß der Veränderung ist noch nicht abgeschlossen.
Die Mehrheit im Parlament stellen nach wie vor die Partei Giscards und die Gaullisten. Deshalb auch kündigte der neue Präsident der Republik bereits die Auflösung der Nationalversammlung und für Juni Neuwahlen an.
Noch unklar ist, wie sich die KPF verhalten wird. Generalsekretär Marchais hat für seine Unterstützung von Mitterrand bereits verlangt, daß im neuen Kabinett auch Kommunisten vertreten sein müßten. Mitterrand aber schweigt sich über diesen Punkt bis jetzt noch aus.
Wie auch immer: Rückwirkungen auf die europäische Politik wird es zweifellos geben. Und da stehen auf alle Fälle tiefgründige Veränderungen bevor. Denn ob man will oder nicht: In Paris ist ein Mann auf den Präsidentensessel gelangt, der innen- wie außenpolitisch in vielen Dingen andere Vorstellungen hat als alle seine Vorgänger.
Ob für Frankreich und für Europa die von Mitterrand ausgehenden politischen Impulse positiv oder negativ sein werden, bleibt vorerst abzuwarten.
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