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Waffen- und Diplomatenhandel

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Obgleich die Artillerie-, Panzer- und Flugzeugduelle an der Golan-Front zum jüdischen Pessach- und christlichen Osterfest sich zu einer seit dem Oktoberkrieg nicht mehr erlebten Heftigkeit steigerten, glaubt im Nahen Osten niemand an den erneuten Ausbruch eines erklärten Krieges zwischen Syrien und Israel.

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Obgleich die Artillerie-, Panzer- und Flugzeugduelle an der Golan-Front zum jüdischen Pessach- und christlichen Osterfest sich zu einer seit dem Oktoberkrieg nicht mehr erlebten Heftigkeit steigerten, glaubt im Nahen Osten niemand an den erneuten Ausbruch eines erklärten Krieges zwischen Syrien und Israel.

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Syrische Stellen bestätigen in Damaskus, daß die vom Geheimdienst-chef des Landes an US-Außenminister Henry Kissinger übermittelten Damaszener Vorschläge und die der syrischen Delegation in Washington von Kissinger erläuterten israelischen Vorstellungen zu einer Truppenentflechtung an der Golanfront gewisse hoffnungsvolle Ansätze zu aussichtsreichen Verhandlungen böten. Andeutungsweise verlautete außerdem, während der für Ende dieses Monats vorgesehenen neuen Vermittlertour Kissingers im Nahen Osten sei mit der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Syrien und den USA zu rechnen. Die ironischerweise im Büro Nr. 600 des berüchtigten Watergate-Komplexes der amerikanischen Bundeshauptstadt Washington residierende syrische Verbindungsdelega-tion unter Leitung von Dr. Sabach Rabbani solle schon Anfang Mai wieder zur Botschaft aufgestuft werden.

In Beirut folgert man aus diesen Mitteilungen, daß nun auch die Syrer zu erkennen beginnen, sie könnten zwar Waffen aus der Sowjetunion, verlorenes Territorium jedoch nur mit Hilfe der Vereinigten Staaten zurückbekommen. Am letzten Ostertag war übrigens eine auffällige Übereinstimmung zwischen Damaskus und Jerusalem darin zu beobachten, die Bedeutung der Gefechte am Golan herunterzuspielen. Während das israelische Oberkommando mitteilte, Flugzeuge hätten nicht mehr in die Gefechte eingegriffen und die israelischen Streitkräfte hätten das syrische Artilleriefeuer am Montag nicht mehr erwidert, ließ ein syrisches Armeekom-munique wissen, Panzer hätten nur (Stationär zur Unterstützung der Artillerie an den Kämpfen teilgenommen. Beide Seiten wollen es offenbar nicht zum Äußersten kommen lassen.

Während westliche diplomatische Kreise im Nahen Osten zunächst gefürchtet hatten, der Rücktritt der israelischen Regierung unter Goilda Meir und das Massaker einer palästinensischen Splittergruppe in dem nordisraelischem Dorf Kiriat Schmo-na werde den regionalen Friedensbemühungen schwere Rückschläge izufügen, beurteilte man die Situation am Ostermontag wesentlich optimistischer. Auf arabischer Seite wird darauf hingewiesen, daß auch das Truppenentflechtungsabkommen für die Suezkanalfront von einer geschäftsführenden israelischen Regierung ohne Rückendeckung im Parlament abgeschlossen und dennoch korrekt eingehalten worden sei. Die .trotz des libanesischen Protestes beim UN-Weltsicherheitsrat allgemein als ziemlich maßvoll empfundene israelische Reaktion auf den Überfall im Galil lasse überdies darauf schließen, daß man sich auch in Jerusalem dazu entschlossen habe, den retardierenden Einfluß der Palästinenser auf die nahöstlichen Vermittlungsbemühungen nicht überzubewerten.

Die syrische Haltung zur Entflechtungsfrage wie zur Wiederaufnahme der Genfer Friedensverhandlungen wird gegenwärtig von verschiedenen hoffnungsvollen Faktoren bestimmt. Die Gefechte auf dem Golan sollen Israel zwar davon überzeugen, daß Damaskus sich niemals mit dem Verlust auch nur eines Teiles des Golan-plateaus abzufinden bereit ist. Sie sollen auch jene syrischen Kräfte beschwichtigen, die eine Fortsetzung des Krieges um jeden Preis wollen. Zugleich aber soll in der Bevölkerung des nördlichen Nachbarlandes Israels auch die Sehnsucht nach Ruhe und Frieden gefördert werden.In Damaskus läßt es sich auf die Dauer kaum unter Kanonendonner von der nur vierzig Kilometer entfernten Front leben. Nachdem die Möglichkeit vorzeitiger Parlaments-neuwahlen in Israel hinzugekomimen ist, hört man in der syrischen Hauptstadt zudem die Ansicht, man dürfe nichts tun, um die rechtsgerichteten Falken im israelischen Lager zu stärken. Die arabische Politik müsse vielmehr darauf hinauslaufen, die Tauben zu ermutigen und den Generationswechsel von Einwanderern zu iSabras zu beschleunigen. Darin liegt nicht nur eine gewisse Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand auch auf dem Golan, sondern sogar die unausgesprochene Aussicht auf die Anerkennung Israels durch die Syrer.

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