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Wahl-Kampf-Gas
Es soll Österreicher geben, die schämen sich für den Wahlkampfstil in ihrem Land. Diese Leute haben recht. Aber sie haben auch Trost verdient: „So schlimm wie bei Euch ist es bei uns in Bayern auch!“
Im Oktober wird der bayerische Landtag gewählt, gleich danach im Jänner 1987 der Bundestag. Da geht es um alles oder nichts.
Die CSU ist in beiden Wahlkämpfen als Regierungspartei der Titelverteidiger. Es geht aber nicht nur um Titel, sondern um Macht und Geld. Die SPD ist in beiden Wahlkämpfen als Oppositionspartei der Herausforderer. Sie will in Bonn wieder an die Futterkrippe und in Bayern der CSU wenigstens 5% abnehmen.
Ein solch unverfrorenes sozialistisches Ansinnen hat die CSU sehr erzürnt. Mit Ausnahme einer dreijährigen Unterbrechung hat sie fast 40 Jahre in Bayern regiert. Und gut die halbe Zeit auch in Bonn. Nun glaubt die CSU, daß ihr das Land bereits gehört und daß die Partei der Staat ist.
40 Jahre hat die CSU mit der Erfolgsparole gearbeitet, daß die Sozialdemokraten Kommunisten sind. Nun hat sie vom bayerischen Justizminister Gustl Lang etwas Neues ausprobieren lassen. Das heißt jetzt: die Sozialdemokraten sind solidarisch mit den Terroristen. Das hat auch gut gewirkt. Jetzt sind nämlich die Sozialdemokraten auch böse.
Sie sind nämlich eigentlich nur gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. Dagegen sind aber auch etliche Chaoten. Berufsprotestler und Gewalttäter. Also, sagt die CSU, ziehen die alle am gleichen Strang. 1
An Ostern sind in Wak-kersdorf Demonstranten aufmarschiert, und zwar ziemlich viele, weil ja Wak-kersdorf auch Wahlkampfthema ist. Sozialdemokraten sind mitmarschiert, und unter den mehr als 50.000 friedlichen Demonstranten waren auch ein paar hundert Gewalttäter.
Das bayerische Polizeiheer, das dort aufmarschierte und die Demonstranten pausenlos mit Hubschraubern provozierte, hat dann auf breiter Front gegen die Atomgegner mit Wasserwerfern das Kampfgas CS eingesetzt.
Wie die Amerikaner in Vietnam und die Sowjets in Afghanistan. Der christliche Innenminister Hillermeier fand das richtig, denn die hätten ja gegen den Staat demonstriert. Die CSU-Regierung ist nämlich der Staat. Es gibt also auch für einen Bayern gute Gründe, sich für den Wahlkampfstil zu Hause zu schämen. Ob das ein Trost ist?
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