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Wahlen in Graz Was nun?

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Entgegen den Erwartungen so gut wie aller politischen Kaffeesudleser war die Grazer Gemeinderatswahl doch wieder für eine Sensation gut: Alexander Götz, Landesvorsitzender der steirischen FPÖ, der noch bei den Nationalratswahlen 1975 magere 10.496 FPÖ-Stimmen aus Graz an Peter nach Wien weiterreichen konnte, brachte es letzten Sonntag - als es ausschließlich um seine Person ging - auf 39.485 Stimmen oder 24,9 Prozent.

Diese Vervierfachung der Stimmen von 1975 bis zum letzten Sonntag spricht ja bereits Bände: Es steht außer Diskussion, daß der Grazer Erdrutschsieg kein Sieg der Freiheitlichen Partei, sondern ein Sieg des Politikers Alexander Götz und ein Sieg der Grazer Rathauskoalition zwischen Volkspartei und FPÖ ist. Hauptmerkmal der Grazer Wahl ist also nicht ein Trend zur FPÖ, nicht ein Schwächezeichen für die Kommunalpolitik der Volkspartei, die trotz Franz Hasiba und seines programmatisch wie sachlich ganz ausgezeichneten Teams fast 6000 Wähler verlor und von 35,5 auf 31,3 Prozent hinunterrutschte: Das Hauptmerkmal ist, daß in Graz wie in den meisten größeren Städten Österreichs, aber auch der Bundesrepublik immer mehr Wähler den Sozialisten die Fähigkeit absprechen, die bessere Kommunalpolitik zu machen.

Nicht, daß sich die Grazer Sozialisten und Karl Stoiser nicht auch bemüht hätten, redliche Arbeit zu leisten; aber der Neuerungsfreude, der Mobilität und Bürgernähe des Duos Götz-Hasiba hatten sie eben nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen.

Im Wahlkampf hatte einzig die ÖVP den Eindruck vermittelt, für Koalitionen nach beiden Seiten offen zu sein. Nun liegt das Resultat vor: Die SPÖ verlor drei Mandate und hat jetzt 23, die ÖVP rutschte von 20 auf 18, während Götz den Sprung vom 9. zum 14. Gemeinderatsmandat schaffte (die KPÖ bleibt weiter mit einem Mann in der Gemeindestube). In erster Linie an die Volkspartei richtet sich jetzt die Frage: Was nun?

Schon 1973 gab es in den Kernschichten der Grazer ÖVP erhebliche Widerstände gegen die Koalition mit Götz; schon damals gab es ernstzunehmende Stimmen, der Routinier Götz, der selbst keine arbeitsintensiven oder gar riskanten Ressorts übernahm, werde die ÖVP arbeiten und sich selbst einen gut repräsentierenden Bürgermeister sein lassen Die Unkenrufer behielten recht: Die letzten fünf Jahre schwarz-blauer Kommunalpolitik waren ein Erfolg, aber die Anhänger dieser von der früheren Rathausbürokratie sich angenehm abhebenden Politik meinten eben, zur Verlängerung dieser Koalition am besten dadurch beitragen zu können, indem sie gleich der Liste des Koalitionsbürgermeisters ihre Stimme gaben. Eine klare Entscheidung der Wechselwähler, die aber die Arbeit der Volkspartei nicht ganz im rechten Licht erscheinen läßt.

Werden sich die Unkenrufer, die ja letztlich recht behalten haben, diesmal gegen die Unterstützung der Freiheitlichen Götz erfolgreicher zur Wehr setzen können? Kaum, denn der ÖVP dürfte es außerordentlich schwerfallen, eine Trennung von Götz dem Wählervolk glaubwürdig erscheinen zu lassen. Mußte doch die Volkspartei Angriffe gegen die Ehe mit Götz stets mit dem Argument abwehren, Götz habe sich verpflichtet, die Programme und Pläne der Volkspartei vollinhaltlich zu verwirklichen. Jetzt hat er sie

verwirklicht, hat Gutpunkte dafür bekommen ... und jetzt soll er gehen?

„Der Grazer Weg“ (Slogan der ÖVP) wird also auch nach den zu erwartenden harten Parteienverhandlungen mit hoher Wahrscheinlichkeit fortgesetzt werden. Die Frage ist nur: Unter welchen Bedingungen kann eine Partei, wie die in einer momentan sehr delikaten Situation befindliche Grazer ÖVP, Götz ihre Stimmen geben und damit möglicherweise dem Wähler die zweite Wange hinhalten? Auf der Grazer Gemeindeebene gibt es bestimmt kein geeignetes Tauschobjekt. Daß ausschließlich der Bürgermeistersessel - und nicht noch so attraktive Referate - die entscheidenden Punkte bringt, hat sich ja am letzten Sonntag herausgestellt.

Gibt es auf Landesebene etwas zu tauschen? Noch bei den letzten Ge-meinderatswahlen 1973 hatte die ÖVP im Landtag mit 28 Mandaten genau die Hälfte der Sitze, eine engere Umarmung der beiden FPÖ-Abgeordneten schien daher durchaus am Platze. Heute hingegen verfügt die ÖVP in der Landstube über 31 Sitze, gegen 23 Sozialisten und die beiden Freiheitlichen. Soviel wie 1973 sind die beiden FPÖ-Mandatare also gewiß nicht wert.

Bleibt die Bundespolitik. Götz, der ja auch die Funktion des stellvertretenden Bundesparteiobmannes hat, wird zwar vermutlich das nicht tun, was viele sich wünschen (nicht nur die Grazer ÖVP): Die Nachfolge von Friedrich Peter wird er vermutlich nicht antreten, denn ohne einen Ministersessel in Reichweite zu haben, geht ein Götz nicht nach Wien. Zweifellos aber wird Götz in der Peter-Nachfolge eine ganz entscheidende, wenn nicht die entscheidende Rolle spielea Und in weiterer Folge wird er, wie die nächsten Nationalratswahlen auch immer ausgehen, den bundespolitischen Kurs der FPÖ ausschlaggebend beeinflussen. Kein Wunder also, wenn es in der steirischen ÖVP auch die Meinung gibt, mit Götz nur einen bis zu den nächsten Nationalratswahlen befristeten Pakt zu schließen. Nicht nur die mögliche Geburtshilfe für eine schwarz-blaue Koalition, auch die Aussicht, eine rot-blaue Koalition verhindern zu helfen, könnte Hasiba die erforderliche Kraft geben, noch einmal über den eigenen Schatten zu springen.

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