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War so Karl May?

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Unvergeßlich: der Autor dieser Zeilen war kaum zehn Jahre alt und hatte zu Weihnachten seinen ersten Karl May bekommen, den Band „Durch die Wüste".

Nachdem die ersten Hemmungen überwunden waren, wurde das Buch in der folgenden Silvesternacht (unter der Tuchent mit Taschenlampe) von der ersten bis zur letzten Seite erobert. In den folgenden zwei Jahren wurden alle erhältlichen Karl-May-Bücher förmlich durchrast.

Wie töricht von einem so jungen Buben! Hätte er damals schon die Aufarbeitung von Karl May durch moderne Psychologen und Literaturwissenschafter in die Hände bekommen, er hätte sich viele Bände Karl May erspart. Doch dieser naive Junge ahnte nichts von den homoerotischen Phantasien, die im Winnetou verpackt sind, er hatte keinen Schimmer davon, daß Old Shat-terhand nur Sinnbild für den arischen Deutschen war.

Wer Karl May wie auf einem Schlachthof seziert sehen möchte, dem kann man das Buch ,4Carl May" von Helmut Schmiedt durchaus empfehlen. Wer sich jedoch seine Kindheitserinnerungen nicht verderben lassen will, dem sei geraten, lieber zu einem seiner alten, abgewetzten Winnetou-Bände zu greifen und für einige Stunden noch einmal ganz Kind zu sein.

KARL MAY. Von Helmut Schmiedt Athenäum Verlag, Frankfurt am Main 1987. 304 Seiten. öS 608,40.

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