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Warum gibt es so wenig Bio-Bauern?
Vor dreißig Jahren war der Ruf unserer Agrarwirt-schaft nach der europäischen Integration groß. Heute sind Europas Bauern auf den Barrikaden und die Euphorie im Keller.
Einer der Punkte, in denen sich sämtliche Grüngruppierungen Österreichs einig sind, ist die Landwirtschaft: In Zukunft sollten - ginge es nach ihren Vorstellungen - die Felder nur noch nach biologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet werden.
Mit dieser Maßnahme könnte dem bedrohten Ackerboden, dem Grundwasser und den Flüssen ebenso geholfen werden wie den von Uberschußproduktionen geplagten Landwirten.
Auch ein Teil der heimischen Medien schlägt in dieselbe Kerbe und verlangt, daß die Bauern gefälligst auf die Hilfe der Chemie verzichten sollten.
Obwohl sie also viele wollen -die Zahl der Bio-Bauern wächst in Osterreich nur langsam. Sie zählen derzeit etwa 500, und nur wenige kommen alljährlich dazu.
Die Gründe sind vielfältig. Einer ist, daß sich das „agrarische Establishment" nicht so recht über sie freuen kann:
In der von Kurzzeit-Landwirtschaftsminister Erich Schmidt angebrochenen Diskussion um Produktionsalternativen ist der biologische Landbau nicht einmal erwähnt worden; wohl aber eine Spezialhaferproduktion auf 50 Hektar für unsere Lipizzaner. Liest man im „Bauernbündler" oder in der .JRaiffeisenzeitung" nach, wird man auch nicht viel über die chemiefreie Bewirtschaftung der Äcker finden.
Dieser Glaubenskrieg hat aber in letzter Zeit spürbar nachgelassen. Es hat sich herausgestellt, daß von den Bio-Bauern keine Gefahr für das Genossenschaftswesen droht.
Ein Hemmschuh liegt aber auch bei den Bauern selbst: Da ist erst einmal die Umstellungsphase für den, der es ernst meint. In den ersten drei Jahren ist der Boden noch nicht voll aktiviert, Pestizid-rückstände hemmen noch den natürlichen Regelkreislauf. Für den Landwirt bedeutet das stark verminderte Ernten, viel Unkraut und auch einen hohen Schädlingsbefall.
Landwirte, die großteils Wiesen bewirtschaften, haben es auch leichter als Getreidebauern. Deshalb gibt es im Westen Österreichs, wo die Wiesenbewirtschaftung überwiegt, auch weit mehr Bio-Bauern als im Osten. Hier und dort ist aber die konservative Grundhaltung der bäuerlichen Bevölkerung schuld daran, daß neuen Ideen kaum Chancen eingeräumt werden.
Jahre haben doch die Berater darauf verwendet, den Bauern die Vorteile der Agrochemie schmackhaft zu machen. Die Erfolge waren noch dazu gut sichtbar: Unkrautfreie, reine Felder, die daraus resultierende Arbeitserleichterung, aber vor allem Ernten, die sich die Väter nicht einmal erträumt hatten. Wen wundert’s daher, daß sie heute nicht wieder zu den Anbaumethoden ihrer Väter zurückkehren wollen.
Trotzdem soll eines nicht vergessen werden: Ein Gutteil der 70.000 Bfcrgbauern in mittleren bis extrem hohen Lagen betreibt de facto biologischen Landbau.
Sie sind teilweise gar nicht in der Lage, die „Segnungen" der Chemie oder modernste Produktionsmittel bei der Arbeit einzusetzen.
Preise oder Anerkennungen erhält diese Gruppe für ihre Bemühungen trotzdem nicht, obwohl gerade sie es bitter nötig hätte.
Oer Autor ist Nebenerwerbsbauer in Niederösterreich.
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