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Warum tue ich, was ich tue?

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Der Mensch kann aus sehr verschiedenen Motiven hemdein, aus Angst, Trotz, Nachgiebigkeit, Feigheit, Geltungsbedürfnis. Wenn er gelernt hat, sein Leben und Handeln in Freiheit zu bestimmen, dann wird er nicht mehr bloß auf die Einflüsse reagieren, die von außen auf ihn eindringen, sondern er wird sich bemühen, in sein Leben eine Linie und einen Sinn zu bringen.

Es ist möglich, daß jemand den Sinn seines Handelns vor allem in seinem eigenen Wohl sucht. Natürlich wird er sich auch bemühen, mit den Mitmenschen gut zurechtzukommen. Aber im Konfliktfall wird er eben doch zu seinen eigenen Gunsten entscheiden. Diese Haltung begegnet nicht nur als Lebensphilosophie einzelner, sondern sie liegt ganzen Gesellschaftstheorien zugrunde. Manche meinen, wenn jeder aus wohlverstandenem Eigeninteresse handle, dann sei damit auch der Gesellschaft am besten gedient. Ein kultivierter Egoismus sei eine ausreichende Basis für menschliches Zusammenleben.

Wer liebt, handelt anders. Ihm geht es nicht bloß um sich selbst, sondern er hat Freude daran, etwas für den andern zu tun, auch wenn es ihm selber gelegentlich Opfer und Verzicht abfordert. Er beobachtet die Regeln des Umgangs mit anderen nicht bloß, um sich selber nicht zu schaden, sondern um dadurch Achtung und Wohlwollen auszudrücken. Entsprechend wird das soziale Leben nicht als Klassenkampf verstanden, sondern als ein Bemühen im Interesse aller.

Daß eine solche Haltung gegenüber dem Ehepartner, den eigenen Kindern und einigen wenigen nahestehenden Menschen berechtigt ist, wird noch einleuchten. Hat sie aber auch darüber hinaus einen Sinn? Ist man nicht oft der Dumme, wenn man Nächstenliebe übt? Kommt nicht derjenige besser durchs Leben,’der es versteht, seine EUenbogen einzusetzen? Verdienen die Menschen eigentlich unser Wohl- woüen? Was haben wir für einen Grund, dem Unsympathischen oder gar demjenigen, der uns Schaden zugefügt hat, eine Freundlichkeit zu erweisen? Nächstenliebe ist nicht selbstverständlich, am allerwenigsten gegenüber demjenigen, der uns auch keine Liebe erweist! Wieweit Liebe berechtigt und tatsächlich gefordert ist, läßt sich nicht einfach in einer allgemeinen Vemunfteinsicht begründen. Man müßte gelegentlich einem Menschen begegnen, der einem durch sein eigenes Verhalten zur Liebe Mut macht, der einem sagen kann und der es bezeugt, daß Liebe immer einen Sinn hat. Dann wäre es leichter, das zu glauben und auch etwas davon im eigenen Leben zu verwirklichen.

Die Menschen, die Christus erlebt haben, haben eine solche Erfahrung gemacht. Sie haben gespürt, wie er sich mit allen Kräften in den Dienst der Mitmenschen gestellt und dafür Stile Konsequenzen bis hin zum Kreuz auf sich genommen hat. Die Menschen haben an Jesus auch erfahren, daß eine Kraft von ihm ausging, die ihnen, ihrer Mutlosigkeit und Verzagtheit, ihrer Schwäche und Lieblosigkeit einen neuen Geist eingab, den anstek- kenden Geist der Liebe.

Gesetze, Normen, Vorschriften und Befehle können unser Handeln von außen lenken. Aber die Dynamik des Guten wird im Menschen nur da entbunden, wo er anfängt, zu lieben, weil er eine Begegnung gehabt hat, die ihn zur Liebe befähigt. Es gibt viele Begegnungen, die eine Ahnung davon geben, was das Gute ist. Aber es gibt niemanden, der ein so eindeutiges Zeugnis dafür abgelegt hat wie Jesus Christus. Er kann den Mut geben, an den unbedingten Sinn der Liebe zu glauben.

(Die einzelnen Folgen des ORF-Studienpro- gramms „Wem glauben” werden jeweils am Donnerstag um 19 Uhr im Programm ö 1 gesendet und am selben Tag um 22.25 Uhr in O R sowie am folgenden Montag um 15.05 Uhr in ö R wiederholt.)

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