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WARUM WOHNEN IMMER TEURER WIRD

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Auf die Frage, wie man die Wohnungskosten eindämmen kann, gibt es viele Antworten. Im folgenden ein Überblick über die Kostenfaktoren, die heute die Wohnungspreise bestimmen.

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Auf die Frage, wie man die Wohnungskosten eindämmen kann, gibt es viele Antworten. Im folgenden ein Überblick über die Kostenfaktoren, die heute die Wohnungspreise bestimmen.

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Das Senken der Wohnungskosten wird vielfach diskutiert und zum politischen Leitbild erhoben. Dieses Ziel kann zwar kurz- und mittelfristig durch staatliche Zwangsmaßnahmen, zum Beispiel Begrenzung der Mietzinsobergrenzen erfolgen, langfristig werden sich jedoch auch in diesem Punkte die Marktkräfte bemerkbar machen. Künstliche Preise können nur durch Subventions- und Umverteilungsmaßnahmen gehalten werden. Welche Kostenfaktoren bestimmen heute die Wohnungspreise?

□ Grundstückspreise

□ Baukosten

□ Kreditkosten und Steuern

□ Betriebskosterf

□ Heizkosten

□ Betreuungskosten Grundpreise: Sie unterliegen voll den Marktgesetzen und gerade in bevorzugten Gegenden ist eine explosionsartige Grundpreisentwicklung zu verzeichnen. Hundert Prozent Steigerung in einem Jahr sind keine Seltenheit. Diese Entwicklung entsteht teilweise durch Spekulationswellen und andererseits durch nicht funktionierende Raumordnungsbestimmungen und mangelhafte Grundvorsorge der öffentlichen Hand.

Baukosten: Alle Versuche, das Bauen zu industrialisieren, das heißt fabriksmäßige Vorfertigung der Bauteile, haben mit wenigen Ausnahmen nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt. Das Bauen ist nach wie vor sehr personalintensiv, der Lohnkostenanteil liegt zwischen 60 und 80 Prozent der Gesamtkosten. Aus diesem Grund kann auch in Zukunft davon ausgegangen werden, daß weder der Neubau noch das Sanieren billiger wird. Es ist ja nicht anzunehmen, daß es zu einem Lohnstopp kommen wird.

Kreditkosten und Steuern: Da es sich bei einem Wohnobjekt um ein langfristiges Investitionsgut handelt, wird dieses auch über langfristige Kredite finanziert. Die Kreditkosten unterliegen den internationalen Konjunkturschwankungen und daher ist bei einer Hochzinsphase auch das Wohnkostenniveau durch die Zinsen belastet.

Weiters drücken nicht unerhebliche Steuerbelastungen, zum Beispiel 20 Prozent Umsatzsteuer beim Wohnungseigentumsbau, 3,5 Prozent Grunderwerbssteuer, ein Prozent Grundbucheintragungsgebühr, 1,5 Prozent Kreditbesteuerung, 20 Prozent Umsatzsteuer bei Energiekosten et cetera, sehr niedrige Abschreibung für Abnutzung (1,5 Prozent).

Betriebskosten: Da sind zum Beispiel Grundsteuer, Kanalgebühren, Müllabfuhr, Wassergebühren. Sie steigen immer stärker und treffen den Wohnungsinhaber besonders hart. Die Unsummen, die in Milliardenhöhe für Kanalisation und Wasserversorgungsanlagen investiert werden, belasten zunehmend die Wohnungskosten (teilweise auch eine Folge mangelnder Raumplanung und der um sich greifenden Zersiedelung).

Heizkosten: Sie haben sich in den letzten Jahren auf einem mittleren Niveau stabilisiert. Es mußjedoch damit gerechnet werden, daß sich diese bei internationalen Krisen wiederum explosionsartig erhöhen können. Über 50 Prozent der Heizungen sind ölab-hängig.

Betreuungskosten: Die Ansprüche an die Betreuung der Objekte durch Verwalter und Hausbesorger werden auch immer höher. Eine exzellente gewerkschaftliche Vertretung der Hausbesorger hat in den letzten Jahren für diese Gruppe eine überdurchschnittliche Lohnsteigerung und Bezahlung gebracht.

Ein weiterer Kostenfaktor ist der Umstand, daß in den Jahrzehnten nach dem Ersten Weltkrieg viele Mieten künstlich äußerst niedrig gehalten wurden, was die Eigentümer solcher Mietobjekte veranlaßt, bei Freiwerden einer solchen Wohnung den finanziellen Nachholbedarf zu realisieren.

Besonders stark auf die Kosten wirkt sich der Nachfrageüberhang aus. Dieser Nachfrageüberhang hat drei wesentliche Komponenten:

□ Bevölkerungszunahme durch Zuwanderung (derzeit 7,8 Millionen Einwohner, bis zum Jahr 2000 wird die Bevölkerung auf acht Millionen steigen. Zum Vergleich: knapp nach 1945 6,5 Millionen Einwohner);

□ die stetig steigende Zunahme der Single-Haushalte (die 50 Prozent Marke dürfte überschritten sein);

□ der immer stärkere Drang der nachkommenden Jugend, sich so rasch wie möglich vom elterlichen Haushalt zu lösen.

Mögliche Lösungsansätze zur Entspannung des Wohnungsmarktes sind:

□ Forcierung der Neubautätigkeit;

□ zuverlässige rechtliche Verankerung der Bereitstellung öffentlicher Mittel für einen mittel- oder langfristigen Zeitraum (mindestens zehn Jahre);

□ steuerliche Anreize zur Mobilisierung privaten Kapitals. Zum Beispiel ist es vorstellbar, eine zehnprozentige vorzeitige Abschreibung für Abnutzung vorzusehen.

Die sogenannten institutionellen Anleger wie Versicherungen suchen jährlich vernünftige Veranlagungsmöglichkeiten für 20 bis 30 Milliarden Schilling. Voraussetzung hiefür ist jedoch eine mindestens fünfprozentige Rendite;

□ Heranführung der bestehenden Mietkosten an die tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Kosten. Sobald sich der Mietwohnungsbau auch für die privaten Anleger rentiert, kann mit einer höheren Investitionstätigkeit gerechnet werden.

Der Autor ist Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Innviertier Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft.

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