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Was bedeutet Familie heute noch?
Ehe und Familie sollen in der Verfassung verankert werden. Das ist begrüßenswert. Dafür wird eine politische Grundrechtskommission innerhalb eines Jahres geeignete Formulierungen erarbeiten. Das ist wünschenswert. Marilies Flemming und Johanna Dohnal sind sich darüber jetzt schon in die Haare geraten. Das ist typisch.
Typisch deshalb, weil schon wieder vor gründlicher Überlegung flotte Festlegung kommt. Und schon wird darüber gestritten.
Dohnal ist nicht nur von vornherein gegen die übereinstimmende Koalitionsabsicht, sondern ebenso gegen Flemmings Ankündigung, auch ledige Frauen mit Kindern als Familie zu definieren. Wenn schon, dann müsse alles — auf den Punkt gebracht — als Familie gelten, wo ein Erwachsener mit Kind in Gemeinschaft lebt.
Die Definitionstüfteleien der beiden Frauen eignen sich so nicht für eine Staatszielbestimmung, um die es geht. Denn weder kann die vaterlose noch die mutterlose Familie — ergänzend sei festgestellt, auch nicht die kinderlose — als gesellschaftlich wünschenswert erklärt werden.
Der Hausverstand des Normalbürgers hat eine andere Vorstellung von Familie, nämlich die Haus- und Lebensgemeinschaft von Mutter, Vater und Kind(ern). Wobei sich in der partnerschaftlichen Familie — vor allem für die Kinder — die besten Voraussetzungen zur individuellen Entfaltung eröffnen. Es liegt in der Natur des Menschen, daß er sich nach diesem familiären Beziehungsgeflecht sehnt, auch wenn sich mütterliche oder väterliche Liebe aufopferungsvoll — aber isoliert — dem Kind zuwendet.
Wenn ein solches Leitbild der partnerschaftlichen Familie Verankerung in der Verfassung findet, heißt das überhaupt nicht, daß die unvollständige Familie in irgendeiner Form diskriminiert wird. Allein mit dem Kind dastehen, Tod eines Elternteiles, Scheidung: Da hat die Gesellschaft sogar eine besondere Verpflichtung zur Hilfestellung.
Die Unmöglichkeit, sich darüber zu verständigen, ist eigentlich schon alarmierend genug: Es gibt sie nicht mehr, die übereinstimmende Zielvorstellug. Besser hätten das Flemming und Dohnal gar nicht demonstrieren können.
Wozu denn das Theater? Und überhaupt: Was würde eine Verankerung in der Verfassung schon bringen?
Geld hängt davon sicher nicht ab. Vielleicht aber die Zukunft vieler Kinder.
Ein Beispiel: Die künstliche Befruchtung eröffnet nicht nur kinderlosen (Ehe-)Paaren die Chance, eine Familie zu gründen. Sollen sich auch Frauen durch Samenspenden oder Männer durch Kaufmütter — bewußt ohne jede Bindung — individuelle Nachwuchswünsche erfüllen können? Sind solche „Familien“ erwünscht?
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