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Was darf ein Priesterrat?

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Bischof Kurt Krenn hat den Dekan der St. Pöltener Hochschule zu einem Gespräch geladen, ein neues Statut für den Priesterrat seiner Diözese ausarbeiten lassen und dem freiheitlichen Magazin „Aula" ein Interview gegeben.

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Bischof Kurt Krenn hat den Dekan der St. Pöltener Hochschule zu einem Gespräch geladen, ein neues Statut für den Priesterrat seiner Diözese ausarbeiten lassen und dem freiheitlichen Magazin „Aula" ein Interview gegeben.

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Ob die neun aus Mayerling kommenden deutschen Studenten (FURCHE 42/1992), die nicht die Bedingungen für ein Studium an einer österreichischen Hochschule erfüllen, als außerordentliche Hörer an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten zugelassen werden, hat die Professorenkonferenz zu entscheiden. Vorläufig besuchen sie bereits Lehrveranstaltungen, denn Diözesanbi-schof Kurt Krenn hat den Dekan der Hochschule, Walter Simek, ersucht, eine Entscheidung erst nach einem Gespräch mit ihm, das für 28. Oktober anberaumt wurde, zu fällen. Simek gibt seine Position in dieser Frage nicht bekannt und sagte der FURCHE nur: „Wir sind an einer schnellen Klärung interessiert. Ich bin nur Vorsitzender eines Kollegialorgans und kann nichts allein entscheiden."

Am 12. November soll der Priesterrat der Diözese St. Pölten zur ersten Sitzung nach dem Amtsantritt von Kurt Krenn zusammentreten. Während die Errichtung eines Pastoralrates kirchenrechtlich nicht vorgeschrieben ist - Krenn hat im Gegensatz zu seinem Vorgänger auf ein solches Gremium verzichtet -, verlangt der Codex Iuris Canonici (CIC) von 1983 einen Priesterrat. Dieser kann laut can. 496 seine innere Ordnung selbst bestimmen, der Bischof muß sie approbieren. Bischof Krenn ging in St. Pölten einen anderen Weg. Er hat sich selbst um ein neues Statut für den St. Pöltener Priesterrat gekümmert, dieses vom Domkapitel und von der Kleruskongregation in Rom genehmigen lassen und damit vollendete Tatsachen geschaffen.

Das neue Statut ist in manchem ähnlich unklar wie das alte. Es trägt nicht dem can. 498 1 Rechnung, wonach alle in der Diözese inkardi-nierten Priester aktives und passives Wahlrecht haben, denn Priester mit besonderen Aufgaben - zum Beispiel der Rektor des Bildungshauses, Krankenhausseelsorger, Mitarbeiter in Zentralstellen -, sind nicht berücksichtigt. Außerdem verbietet das Statut mit Hinweis auf can. 501 1 eine Wiederwahl, was nicht der Interpretation dieser Bestimmung in anderen Diözesen entspricht.

In mehreren Punkten bestehen deutliche Unterschiede zu den Ordnungen anderer Diözesen, aber auch zum alten Statut in St. Pölten.

Der bisherige Vorstand des Priesterrates heißt jetzt Ausschuß. Diesem gehört kein Kaplan mehr an, dafür kommt ein vom Bischof bestelltes Mitglied hinzu. Erstellte der frühere Vorstand selbständig die Tagesordnung einer Sitzung, so braucht der jetzige Ausschuß für alles die Genehmigung des Bischofs. Konnten früher Anträge gestellt werden, sind nun,, An-liegen und Anfragen" dem Ausschuß vorzulegen und werden nur mit Zustimmung des Bischofs beraten.

Nur der Bischof kann Sitzungen einberufen. Die CIC-Bestimmung, der Bischof habe den Priesterrat in größeren Angelegenheiten anzuhören, wird nicht erwähnt, auch nicht die bisherige Möglichkeit, ein Mitglied des Priesterrates zu wählen, das mit Bestätigung des Bischofs den Vorsitz führt -ab jetzt bestimmt nur der Bischof, wer die Sitzung leiten soll. Der Inhalt der Beratungen ist streng vertraulich. Einmalig in Österreich ist der neue Beschlußmodus. Nur derBischof kann eine Abstimmung beantragen, diese hat öffentlich zu erfolgen, Stimmenthaltungen sind nicht zulässig. Die im früheren Priesterrat und im CIC vorgesehene Möglichkeit, Statut und Geschäftsordnung zu ändern, besteht nicht mehr.

Aufgefallen ist jüngst ein Krenn-Interview mit der als äußerst rechts geltenden Zeitschrift „Aula". Zum Begriffspaar „national" und „liberal" meinte der Bischof dort: „Die Kirche kann keinem der beiden voll zustini-men. Ich sehe allerdings in der Vergangenheit eher im Liberalen den Konfliktstoff als im Nationalen, sofern es nicht nationalistisch ist. Die Kirche hat durchaus in Europa immer das Nationale mitbejaht. Man denke an Polen und auch Litauen... Ich sehe das Problem eher im Liberalismus, bei dem, sofern er nicht nur eine Art pragmatische Handlungsregel ist, ich immer die Gefahr des Totalitätsanspruches und damit der vollkommenen Gottvefgessenheit sehe."

Zu einem Angriff des „ Aula"-Inter-viewers auf die Haltung von „Cari-tas"-Präsident Helmut Schüller in der „Ausländerfrage", wo dieser „mehr als .liberal' sei und „kaum Maß und Ziel" kenne, meinte Krenn: „Es ist grundsätzlich richtig, daß wir uns vor keiner Not der Menschen verschließen dürfen. Auf der anderen Seite bleibt immer das Problem der Machbarkeit und dessen, was wünschenswert ist. Ich glaube, da wird von manchen ein bißchen ohne Wirklichkeitssinn gesprochen."

Die „Aula"-Redaktion meint in der Einleitung zu diesem auch „Katholisch-Nationale" wie Arthur Seys-Inquart, Taras Borodajkewycz und Otto Hofmann-Wellenhof würdigenden Heft (10/92), der Druck Jener ultraljnken Kräfte, die durchwegs ident sind mit den Berufsantifaschisten, die gegen die Freiheitlichen agitieren", sei „gegen den konservativen Bereich der Kirche ebenso groß wie gegen Jörg Haiders Oppositionspartei". Katholisch Konservative und Freiheitliche säßen heute „im selben Boot". Man wolle aufzeigen, daß es durchaus schlüssig sein könne, „wenn Nationalliberale und katholisch Konservative in Österreich miteinander Bündnisse eingehen".

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