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Digital In Arbeit

Was kann ich schon tun?

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Der Verfasser ist Verlags- und Vertriebskaufmann sowie Gründer und Leiter der H1FA(„Hilfe für alle")

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Der Verfasser ist Verlags- und Vertriebskaufmann sowie Gründer und Leiter der H1FA(„Hilfe für alle")

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Wie oft höre ich diesen Satz! Und selbst Christen, die sonst anderen gute Lehren erteilen, flüchten sich zu diesem Generalalibi, wenn sie angesprochen werden, doch endlich auch einmal konkret etwas zu tun.

Bestenfalls gründet man irgendeinen Intellektuellenzirkel und diskutiert dann sehr akademisch über ein unverdaubares gesellschaftliches Problem, um festzustellen, als einzelner kann man ja doch nichts machen.

Zur Widerlegung dieser Aussage möchte ich einfach mein eigenes Lebenszeugnis und das meiner Familie einbringen. Wir dürfen aus Erfahrung und mit Uberzeugung sagen, nur der einzelne, der sich echt bemüht, kann heute wie zu allen Zeiten „etwas machen".

Wir brauchten auch viele Jahre, um herauszufinden, was eigentlich wesentlich ist. Wir verarbeiteten ganze Bibliotheken, bis uns bewußt war, daß sich die Erkenntnis aus dieser Zeitinvestition im Grunde konzentrierte auf die beiden Hauptgebote: die Gottes- und die Nächstenliebe.

Wir verstanden, daß es nicht zielführend ist, nur nach neuen, besseren Informationen Ausschau zu halten, sondern daß es einzig und allein darauf ankommt, diese beiden Hauptgebote im täglichen Leben umzusetzen. Und dazu brauchen wir weder Schulen noch Universität noch eine Unmenge an Büchern und Zeit, sondern eine Antenne, um hinzuhören auf Gott und seine Antwort auf unsere Fragen zu vernehmen.

Das wesentlichste ist, daß wir versuchen, im Alltag wirklich danach zu leben und täglich eine Überprüfung unserer Lebenshaltung vornehmen. Als uns klar wurde, daß wir mit diesem Hinhören und Umsetzen und mit der nachfolgenden Kontrolle durch die gleiche „Instanz" schnell vorwärtskamen, richteten wir unser Leben so aus, daß wir uns täglich rund zwei Stunden für Schriftlesung,

Betrachtung und Gebet reservierten.

Und, werden Sie fragen, was kommt dabei konkret heraus? Welche Früchte rechtfertigen diese Vorgangsweise?

„Verlasse alles, was du hast, und folge mir": Das galt nicht nur für jenen Tag vor zehn Jahren, da ich meine gut dotierte Arbeitsstelle aufgab, mit meiner Frau und den Kindern ein einfaches Leben wählte und künftighin meine ganze Arbeitskraft und alle meine Energien für Hilfsbedürftige und Notleidende einsetzen wollte.

Nein, dieses „Verlasse alles" gilt jeden Tag immer neu. Zum Beispiel gerade dann, wenn ich eine sehr wichtige und dringende Arbeit zu erledigen habe und ununterbrochen das Telefon läutet. Auch der achtzehnte Anrufer erwartet eine freundliche Stimme und nicht ein ärgerliches Gebrumm ...

Dieses bewußte Eingehen auf den anderen gab uns zuerst in der Familie eine klare Ausrichtung. Die Atmosphäre verbesserte sich zusehends, wir wurden gegenseitig offener, verstanden einander immer besser. Heute ist unsere Wohnung ein „offenes Haus" jedem gegenüber.

Und sie kommen alle: Gesunde und Behinderte, Gescheiterte und Verzagte, Freunde und solche, die nur von uns gehört haben, Weiße und Farbige. Sie bleiben Stunden oder Tage, manchmal auch länger bei uns. Sie leben mit uns, wir teilen unsere materiellen Güter mit ihnen und unser Herz. Und ich kann sagen, daß jeder verändert weggeht.

Aber auch in unseren äußeren Aktivitäten änderte sich das Bild. Ich gründete aus der Notsituation des Bia-frakrieges heraus mit Dr. Aa-ron Ekwu die Entwicklungshilfeorganisation HIFA (Hilfe für alle). Meine Frau ist die Österreich-Verantwortliche der Fraternität der Kranken und Behinderten.

Natürlich muß ich ehrlich sein und sagen, daß alle diese Aktivitäten für uns persönlich nicht immer nur Freude und Wonne sind. Sie bringen auch schwere Situationen mit sich. Und Pferde, die gut ziehen, werden automatisch mit immer mehr Lasten bedacht.

Aber es ist einfach die innere Freude, die aus dem Tun in der Liebe entspringt, die uns immer wieder die große Kraft -. auch körperlich -gibt. Meine Frau lebt und schafft noch nach hundertvierzehn überstandenen Lungeninfarkten.

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