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Was Karajans Wonnemonat bringt Karajans Pfingstfesüval,

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Tschaikowsky-Reißer in Luxusverpackung, sind vorbei. Im Salzburger Starlager denkt man bereits an die Vorbereitungen für die Reprisen des Sommerfestivals. Nur, all das, was die Karajan allzeit getreuen Fans, die Abonnenten, die schließlich seit 1966 die finanzielle Basis für Karajans Privatspektakel aufbrachten, so gern gewußt hätten, haben sie auch diesmal nicht erfahren: Wird es ein Osterfestival 1977 geben? Wird „Lohengrin“ wiederaufgenommen werden? Wird es einen „Troubadour“ mit den bereits schmollenden Berliner Philharmonikern oder mit den Wienern geben, die sich als so gut wie engagiert betrachten? Das ist weiterhin ungeklärt!

Zwar pilgerte der Maestro vor zwei Wochen zuversichtlich nach Wien, um Bundeskanzler Kreisky — im nun schon gute Tradition gewordenen Gespräch — günstig zu stimmen. Denn wie man hört, möchte Karajan jetzt zur jährlichen Salzburger Stadt- und Landessubvention von 7,6 Millionen Schilling (seit Gründung des Osterfestivals mehr als 40 Millionen) auch einen Bundeszuschuß, erwirken. Aber einmal hat er sich da bereits kalte Füße geholt. Denn Unterrichtsminister Sino-watz, im ganzen eher bedacht, Festivalwucherungen aller Art einzuschränken, hat dazu kategorisch nein gesagt. Und das hieß: keinen Schilling für Karajans Privatfestival. Vielleicht auch, weil Karajans Wiener Opernfest im Mai schon genug kosten dürfte?

Mit den bisherigen Subventionen werden allerdings die Osterspiele kaum noch zu finanzieren sein. Salzburg zeigt sich — bei allem guten Willen, das Nobelfest dem Fremdenverkehr zu erhalten — doch auch schon spröde. Mehr zu investieren, erfüllt Stadt- und Landesväter mit einigen Sorgen. Um so mehr, als zum Beispiel Salzburgs sozialistischer Kulturlandesrat Dr. Moritz für den Fall einer Aufstockung des Osterfestspielzuschusses auch eine Ausweitung des gesamten Salzburger Kulturbudgets im entsprechenden Prozentsatz gefordert hat. Und Bürgermeister Salfenauer wünschte sich überhaupt ein Kuratorium, um endlich die Geschäftsgebarung der Osterspiele mit der Karajan nahestehenden Firma, dem liechtensteinischen Gesellschafter, „International Mu-sic Establishment“ (IME), genauer prüfen zu können, sprich: besser in den Griff zu bekommen. Was sogar der Salzburger Landeskon-irollbeamte in seinem Prüfungsbericht der Osterfestspiele empfohlen hatte. Bei einer gleichzeitigen Warnung, die Salzburger „Ostergeschäfte“ Karajans mit Bundesgeschäften zu verquicken, da sonst eine Überprüfbarkeit der Gebarung kaum noch möglich wäre. .

Doch genau das ist jetzt eingetreten. Nachdem sich Karajan unendlich lange geziert hatte, wurde nun in Zürich sein Wiener Vertrag mit der Staatsoper unterschrieben — die Basis für vielfältige Querverbindungen, die wohl in Hinkunft zwischen Salzburger Sommerspielen, Salzburger Osterfestival, Wiener Staatsoper und „International Music Establishment“ gesponnen werden. In Hinkunft können also Karajan-Produktionen von Salzburg nach Wien und von Wien nach Salzburg verschoben und damit optimal ausgelastet werden, von der IME engagierte Sänger in Wien und Salzburg placiert und damit Sängerpolitik betrieben werden usw. Was in der finanzknappen Situation natürlich seine Vorteile haben mag.

Allerdings hat Karajans Wiener Superangebot einen Kleinen Schönheitsfehler. Aus den .festlichen Maitagen 1977“ sind von ursprünglich 18, dann 16, später nur 12 und jetzt überhaupt nur noch 9 Abende Karajans geworden (Frage: bei gleichbleibendem Honorar?). Von Karajans Projekt der „künstlerischen Verantwortung“ für den ganzen Mai redet vorerst überhaupt niemand mehr. Das „Meistersinger“-Gastspiel des Salzburger Osterfestivals — uns allen bis vor kurzem noch als Attraktion heiß angepriesen, weil sich da eine Vergleichsmöglichkeit zu Otto Schenks Inszenierung ergäbe! — ist in der Versenkung verschwunden. „Brauchen wir denn das?“ schwingt plötzlich im Unterton mit, nachdem sich schon vor Monaten herausgestellt hat, daß etwa die Transferierung des 2. Akts auf die Wiener Staatsopernbühne eine technische Unmöglichkeit bedeutet.

Man spricht jetzt von Karajans angegriffener Gesundheit, von der enormen Belastung, die ihm die „Figaro“-Premiere mit vier Reprisen, drei Abende „Troubadour“ und drei Abende „Boheme“ ohnedies bedeuten.

Auch gut. Nur, was wird man uns dann erklären, wenn Karajan etwa ab der zweiten Wiener „Figaro“-Reprise, etwa aus Überlastung, einen jungen Dirigenten, etwa Bernhard Klee, einsetzte? Wie er das, bei gleichbleibenden Preisen, zum Beispiel heuer beim Salzburger „Figaro“, tut? Wie gesagt, noch ist alles in Butter und mit neunmal Karajan eitel Wonne. Aber ich setz' nur den Fall, der zeigen soll, wie weit wir noch vom Wonnemonat des Jahres 1977 entfernt sind!

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