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Was Peres anders machen würde

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FURCHE: Herr Peres, wenn Sie Ministerpräsident wären, hätten auch Sie den Libanonfeldzug begonnen?

SCHIMON PERES: Die israelische Arbeiterpartei war gegen den Libanonkrieg. Doch angesichts der Bombardements unserer Siedlungen im Norden war es die Pflicht einer jeden Regierung, für die Sicherheit zu sorgen. Nachdem jedoch eine Sicherheitszone geschaffen war, hätte unserer Meinung nach die Libanonaktion beendet werden sollen.

FURCHE: Was muß Israel Ihrer Ansicht nach jetzt im Libanon unternehmen?

PERES: Israel muß sich auf eine von Terroristen gereinigte Sicherheitszone von 40 bis 45 Kilometern oberhalb unserer Nordgrenze konzentrieren und dem amerikanischen Vermittler Ha-bib die Fortsetzung der Verhandlungen zur Räumung aller fremden Streitkräfte aus dem Libanon ermöglichen. Außerdem müßte allen Parteien klargemacht werden, daß der Krieg im Libanon beendet ist und daß wir uns weder in die internen Angelegenheiten des Libanons einmischen noch irgendwelche territoriellen Ansprüche im Libanon erheben wollen. Was wir anstreben, ist ja ein Friedensabkommen mit dem Libanon.

FURCHE: Wie beurteilen Sie heute im Licht des Reagan-Plans unsere Beziehungen zu Amerika? Würden Sie diese als Ministerpräsident anders gestalten?

PERES: Begins Likud glaubt, die Basis unserer Beziehungen zu Washington bestehe in einer strategischen Kooperation. Wir von der Arbeiterpartei wiederum suchen in den Beziehungen zu den USA mehr die humanitäre Seite. Die Quelle der Beziehungen zu Amerika ist unserer Auffassung nach in der öffentlichen Meinung der USA zu suchen und nicht nur in Absprachen mit dortigen Regierungsbeamten — wie dies bei der Likudregierung üblich ist.

Wir waren seinerzeit gegen ein strategisches Abkommen zwischen den USA und der Likudregierung, bei dem letzten Endes ja nichts herauskommen konnte. Was wir verbessern müssen, ist unser Image in der amerikanischen Öffentlichkeit. Und der Plan der Likudregierung, Judäa und Samaria (Westjordanien) zu annektieren muß unserer Meinung nach zu einem Bruch mit den USA führen.

FURCHE: Und wie steht es um Israels Beziehungen zu den EG-Staaten?

PERES: Schlecht. Viele dieser Länder unterstützen die PLO-Po-sition, die wir nicht akzeptieren. Sowohl die PLO wie Israels rechte Fanatiker irren. Die PLO glaubt, einen Frieden ohne Israel machen zu können, Israels rechte Fanatiker wollen einen Frieden ohne die Araber. Doch um einen Frieden schließen zu können, müssen sowohl die arabische wie die israelische Position berücksichtigt werden.

FURCHE: Wie sieht die Jordanische Option" aus, die Sie als Lösung des Nahostkonflikts vorschlagen?

PERES: Man braucht zwei Dinge - einen Partner und einen Plan. Zwei Gesprächspartner kommen in Frage: Jordanien oder die PLO. Letztere ist für uns nicht akzeptabel, weil es sich bei ihr um eine uneinige und stark angeschlagene Organisation handelt, die sich weigert, den israelischen Staat anzuerkennen, und die die Errichtung eines palästinensischen Staates mit einem eigenen Heer vor den Toren Jerusalems anstrebt. Kein Israeli wäre damit einverstanden, daß eine dem Judenstaat feindlich gesinnte arabische Armee — mit sowjetischen Waffen ausgerüstet - etwa 100 Meter entfernt vom israelischen Parlament steht.

Wer mit der PLO nicht sprechen will, muß mit Jordanien reden, insbesondere, da die meisten Einwohner Jordaniens Palästinenser sind. Auch besitzen alle Palästinenser der besetzten Gebiete — außer dem Gazastreifen - die jordanische Staatsbürgerschaft.

Mit Jordanien wollen wir einen Kompromiß erreichen. Danach sollen die palästinensischen Einwohner von Judäa, Samaria und dem Gazastreifen das Land, auf dem sie leben, erhalten. Das ganze Gebiet soll entmilitarisiert werden, die israelische Armee nur an den Jordan-Ubergängen stationiert sein und zusammen mit einer Kette jüdischer Siedlungen die Sicherheit des Judenstaates gewährleisten.

Im Reagan-Plan sind viele dieser Elemente enthalten, die ich hier erwähne. Er wurde auch von führenden Politikern Jordaniens, Ägyptens und teilweise von den Einwohnern der besetzten Gebiete sowie auch von uns, der größten Partei Israels, angenommen.

FURCHE: Doch die meisten Palästinenser wollen einen PLO-Staat...

PERES: Und viele Israelis wollen ganz Westjordanien annektieren und überhaupt auf nichts verzichten. Also muß ein Kompromiß gefunden werden; und ein solcher ist die jordanische Option.

Das Gespräch mit Schimon Peres führte FURCHE-Korrespondent Schraga Har-GU

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