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Was Peres geleistet hat

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Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten scheint die Regierung Peres fest im Sattel zu sitzen. Für ein breitangelegtes Sanierungsprogramm gelang es dem israelischen Premier sogar, die Unterstützung der Gewerkschaftsbewegung zu gewinnen.

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Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten scheint die Regierung Peres fest im Sattel zu sitzen. Für ein breitangelegtes Sanierungsprogramm gelang es dem israelischen Premier sogar, die Unterstützung der Gewerkschaftsbewegung zu gewinnen.

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Das Resultat der letzten, von der Abendzeitung „Maariv“ in dieser Woche in Israel veröffentlichten Meinungsumfrage mit nur einer Frage (Wem würden Sie ihre Stimme geben, wenn heute Parlamentswahlen stattfinden?) zeigte eine starke Tendenz zu extremen rechten und linken Positionen der israelischen Wählerschaft.

Der Arbeiterblock, der bei den vorjährigen Wahlen 40 der insgesamt 120 Knessetmandate erhielt, würde heute laut Meinungsumfrage auf 51 kommen. Die linkssozialistische Mapam, die seinerzeit mit sechs Mandaten den Maarach (Wahlblock der Arbeiterpartei) verlassen hatte, würde heute auf zwei Mandate zusammenschrumpfen. Doch die linksaußenstehende Bürgerrechtspartei Raz, die bei den letzten Wahlen vier Sitze erreichte, würde auf sieben Mandate steigen. Die sechs Mandate der Kommunisten und der Friedenspartei würden unangetastet bleiben.

Auf dem rechten Flügel ist der Likud-Block, der bei den letzten Wahlen 41 Mandate zählte, immer noch führend. Heute würde er aber nur auf 24 Sitze kommen. Dafür hat die rechtsextremistische Kach-Partei von Rabbi Meir Ka-hane, die vor einem Jahr mit Müh und Not ein Mandat errang, inzwischen soviel neuen Anhang bekommen, daß sie elf Mandate hinter sich vereinen könnte.

Sollten heute Wahlen stattfinden, könnte Schimon Peres also nur unter großen Schwierigkeiten eine linke Koalition zustandebringen. Es kann jedoch niemand garantieren, daß die Israelis auch beim nächsten Urnengang gemäß Meinungsumfrage wählen würden. Jedenfalls will Peres keine Neuwahlen riskieren und hält sich lieber an sein Rotationsabkommen mit dem Likud, laut dem nach zwei Jahren Maarach-Regime der Posten des Ministerpräsidenten an Likud-Führer Yitzchak Schamir abgegeben werden muß. Nichtsdestoweniger ist der Erfolg Schimon Peres als Premier überall zu spüren, auch wenn er vielen zu nachgiebig, ja zu schwach erscheint.

Noch zur Zeit der Regierungs-bildung stand der Judenstaat vor dem totalen B ankr ott. Daher mußte an erster Stelle etwas gegen die Schlamperei unternommen werden, die während der sieben Jahre Likud-Regime eingerissen war. Der Likud-Block verbreitete damals die Losung: Alles für die Volksmassen. Die neue Regierung mußte deshalb als erstes einmal daran denken, die hohen Staatsschulden zu begleichen und die galoppierende Inflation einzudämmen.

Auch der Libanonkrieg war für alle zu einem Alptraum geworden. Sogar der oberste Planherr dieses Unternehmens, Industrieminister Ariel Scharon, sah schließlich ein, daß sich Israel aus dem Zedernstaat zurückziehen mußte. Die Diskussion ging nicht so sehr um den Abzug der Armee, sondern um die Bedingungen des Rückzuges. Nach längerem Hin und Her stimmten auch die Li-kud-Abgeordneten für die Heimholung der Soldaten. Heute unterhält Israel im Südlibanon nur noch eine kleine Sicherheitszone entlang der Nordgrenze, die von 2000 Mann der südlibanesischen Armee verteidigt wird.

Der Rückzug aus dem Libanon ist der erste und vorläufig wichtigste Erfolg von Peres, der ohne Zweifel seine Popularität gesteigert hat. Nicht so erfolgreich war Peres bisher bei der Sanierung der Wirtschaft. Zwei Faktoren bewirken das Ansteigen der Inflation: Israels Auslandsschulden, deren jährliche Abzahlungsraten sich auf 70 Prozent des allgemeinen Regierungsbudgets belaufen, und die Tatsache, daß die Regierung noch heute mehr ausgibt, als sie einnimmt.

Obwohl Finanzminister Yitz-hak Moda'i dem Likud-Block angehört, bekommt er gerade von seinen eigenen Parteigenossen wenig Unterstützung, während die Minister der Arbeiterpartei bereit sind, auch unpopuläre Schritte zu billigen, um die Finanzpolitik von Peres zu unterstützen. So ist es in Wirklichkeit Peres, der sich hinter die Wirtschaftspolitik des Finanzministers stellt und seine Kabinettsmitglieder zur Reduzierung ihres Budgets zwingt.

Peres gelang es auch, die Unterstützung der Gewerkschaft (Hi-stadrut) für sein Wirtschaftsprogramm zu gewinnen und* mit ihr ein Abkommen zu treffen, in dem sich die Arbeitnehmer verpflichteten, auf einen Teil der bisher üblichen Teuerungszulagen zu verzichten. Deswegen sind inzwischen die Arbeiterlöhne zwar nicht eingefroren, doch auf etwa 25 bis 30 Prozent zusammengeschrumpft. Viele Familien können sich heute in Israel nur mit Müh und Not über Wasser halten.

Die Peres-Regierung ließ auch die Preise auf weitere drei Monate einfrieren und die Subvention für die wichtigsten Nahrungsmittel streichen, sodaß eine gewisse Teuerung entstanden ist. Die Inflation wurde zwar nicht gebannt, aber jedenfalls eingedämmt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Dieselben Banken, die kurzfristige Geldanleihen bisher zu 120 Prozent pro Jahr gezahlt hatten, sind heute schon „flüssiger“ geworden und zahlen nur noch maximal 62 Prozent.

Um die Budgets zu kürzen, müssen Massenentlassungen in den Regierungsämtern und öffentlichen Diensten durchgeführt werden. Erst versuchte es Peres mit Hilfe von Notstandsverordnungen. Doch als er den allgemeinen Widerstand gegen diese Verordnungen zu spüren bekam, verzichtete er darauf und sah sich gezwungen, den ordentlichen Weg der Entlassungen von Regierungsbeamten einzuschlagen. Aufgrund der Opposition der Gewerkschaften wurde vorerst davon abgesehen.

Heute ist Peres populär. Inwiefern er das auch in Zukunft bleiben wird, hängt in erster Linie vom Erfolg seiner Wirtschaftspolitik ab. Was nach der Rotation sein wird, wenn Peres seinen Posten als Premier an Likud-Führer Yitzhak Scharnier abtritt, kann in Jerusalem zur Zeit noch niemand voraussagen, denn man glaubt weder im Likud noch in der Arbeiterpartei, daß es je so weit kommen wird.

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