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Was sagte er wirklich?

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In der heutigen Diskussion über Jesus von Nazareth und die neuere Exegese wird sehr oft die Frage nach dem Verhältnis zwischen Jesu eigenen Worten (ipsissima vox) und den sogenannten „Herrenworten“ gestellt. Früher galten alle im Neuen Testament von Jesus gemachten Äußerungen als Jesu eigene Worte und wurden als Beweise für Grundwahrheiten christlichen Glaubens herangezogen, zum Beispiel der Auftrag zur Heidenmission (Mt 28,18—20), die Verheißung an Simon Petrus (Mt 16,18) und die vielen Aussagen Jesu über seine Mes-sianität und Gottessohnschaft (Mt 11,27; Mk 13,32; Luk 2,49; Joh 8,58). Heute hingegen vertreten die meisten Exegeten — auch die katholischen — die Ansicht, Jesus selbst habe viele dieser Worte, so wie sie im Neuen Testament stehen, nicht gesprochen. Dadurch werden die früheren Argumentationen sehr fragwürdig. Kann sich die Kirche überhaupt auf Worte Jesu berufen? Liegt nicht schon im Neuen Testament eine Entstellung der Botschaft Jesu vor? Um ganz sicher zu gehen, wird deshalb hier und da die Bitte geäußert, eine Ausgabe des Neuen Testaments herzustellen, in der die Worte, die auf Jesus selbst zurückgehen, besonders gekennzeichnet sind.

Im Rahmen dieses Beitrages ist es unmöglich, die ganze Problematik erschöpfend zu behandeln und alle Fragen au beantworten. Dazu müßten alle Aussagen, die als Worte Jesu im Neuen Testament stehen, einzeln untersucht werden. Hier soll eine erste Orientierung vermittelt und einige wesentliche Gesichts-, punkte geklärt werden. Dazu sollen erstens der biblische Befund aufgezeigt, zweitens einige Kriterien vorgestellt und drittens eine Bewertung der Unterscheidung versucht werden.

1.1 Schon in früherer Zeit wurde beobachtet, daß nicht alle Worte Jesu im Neuen Testament in der gleichen Weise wiedergegeben werden. So finden sich dort nebst vielen verschiedenartigen griechischen Texten (Sprüche, Gleichnisse, Lehrstücke, Rechtssätze) auch einzelne aramäische Worte wie „Abba“ (Mk 14,36), „Talita kum“ (Mk 5,41), „Ephata“ (Mk 7,34), „Amen“ (zum Beispiel Mk 3,28; 8,12; 12,43; 14,30; Lk 4,24). Im Johannesevangelium fällt auf, daß es nicht einfach „Amen“, sondern jeweils „Amen, Amen“ heißt, so Joh 1,51; 3, 3.5.11; 6,26; 12,24; 13,16; 16,20). Für das Johannesevangelium ist es zudem charakteristisch, daß Jesus oft längere Reden hält, die sich in Stil und Form von den Worten Jesu in den synoptischen Evangelien völlig unterscheiden.

Man versuchte früher oft, diesen Unterschied dadurch zu erklären, daß man annahm, das Johannesevangelium überliefere uns Jesu Worte zu seinen Jüngern, während die Synoptiker die an die Volksmassen gerichteten wiedergeben. Mit dieser Antwort gibt man sich heute nicht mehr zufrieden.

Seit der Aufklärung und dem Einfluß der historisch-kritischen Forschung wurde außerdem der Blick für weitere Unterschiede geschärft. Während Jesus sich zum Beispiel im Johannesevangelium gleich zu Beginn öffentlich als Messias und Sohn Gottes zu erkennen gibt (Joh 1,49f.; 4,26), schweigt er im Markusevange-lium darüber bis zum Prozeß vor dem Hohen Rat (Mk 14,62). Die verschiedenartige Wiedergabe der Seligpreisung (Mt 5,1—11; Lk 6,20—22) und der Abendmahlworte (Mk 14,22—25 par) läßt ähnlich wie die Formulierung der Reden Jesu im Johannesevangelium den Anteil des jeweiligen Evangelisten erkennen. Mit Recht wird auch darauf aufmerksam gemacht, daß die doppelte Darlegung des Gleichnisses vom Sämann (Mk 4,1—8 und 4,14—20) jeweils eine andere Situation der Hörer (vor Ostern und nach Ostern) voraussetzt.

1.2 Um diesem Unterschied, der sich gerade dem kritisch geschulten Leser des Neuen Testaments zeigt, gerecht zu werden, hat man in Fachkreisen die Kennzeichnungen „ipsissima vox“ und „Herrenwort“ geprägt. „Ipsissima vox“ meint ein von Jesus selbst vorgetragenes Wort, also Jesu ureigenes Wort. Man gebraucht auch dafür den Ausdruck „jesuanisch“. Einige Autoren unterscheiden sogar noch zwischen „ipsissima vox“ und „ipsissima verba“. Weniger glücklich scheint die Bezeichnung „authentisch“; denn für die Urkirche sind nicht nur Jesu eigene Worte authentisch.

„Herrenwort“ ist demgegenüber ein Wort, das im Neuen Testament zwar als Wort Jesu steht, aber offensichtlich in dwser Weise nicht von Jesus selbst während seines irdischen Wirkens gesprochen wurde, sondern aus der. nachösterlichen Zeit stammt. Da es von einem urkirchlichen Prediger beziehungsweise Propheten als Wort Jesu, der jetzt der erhöhte Herr ist, formuliert und vorgetragen wurde, wird es „Herrenwort“ genannt.

Es ist zu beachten, daß diese heute unter den Bibelwissenschaftlern verbreiteten Begriffe keineswegs ganz einheitlich sind und nicht einmal die gesamte Problematik erfassen. Strenggenommen, haben wir nämlich im Neuen Testament, abgesehen von aramäischen Worten, überhaupt keine „ipsissima vox“ Jesu. Jede Wiedergabe einer Rede und erst recht eine schriftliche Fixierung enthält Elemente einer Interpretation. Neuestens versucht man deshalb sogar, anstatt von ipsissima vox nur noch von „ipsissima intentio“ (F. Mußner), von dem, was Jesus gemeint hat, zu sprechen.

Gibt es allgemein anerkannte Kriterien, die es im Einzelfall ermöglichen, zwischen „ipsissima vox“ und „Herrenwort“ zu unterscheiden? Auffallenderweise wurde darüber noch verhältnismäßig wenig in zusammenfassenden Darlegungen veröffentlicht. Es gibt lediglich eine Reihe von Einzeläußerungen und letztlich nur einzelne Zusammenstellungen. Aus der Fülle angegebener beziehungsweise vorausgesetzter Kriterien seien folgende genannt.

2.1 Positive Kriterien für ipsissima vox.

2.1.1 Ein eigenes Wort Jesu liegt dort vor, wo es sich um eine Aussage handelt, die sich sowohl von der jüdischen Gedankenwelt als auch von der nachösterlichen Gemeinde unterscheidet. Dieses Kriterium (erstmals 1953 von E. Käsemann formuliert) gestattet, allenfalls ein Minimum von eigenen Worten Jesu aufzuzeigen, zum Beispiel Jesu Verbot der Heidenmission in Mt 10,5.

2.1.2 Als Kriterium für Jesu eigene Worte werden vor allem Aramäis-men (Eigentümlichkeiten der aramäischen Sprache) und Anzeichen einer palästinensischen Situation gewertet (so vor allem von J. Jeremias), zum Beispiel in den Worten „Abba“, „Amen“ oder in Texten (Gleichnissen), die typisch palästinensische Verhältnisse voraussetzen.

2.1.3 Ein drittes Kriterium für „ipsissima vox“ ist das Vorhandensein von Äußerungen, die kaum aus der nachösterlichen Zeit stammen, so zum Beispiel Mk 8,33 „Weg von mir, Satan“, die Äußerungen über das Nicht-Wissen Jesu (Mk 13,32), das Verbot der Heidenmission in Mt 10,5; dazu dürften die Forderungen Jesu an die Jünger in den Aussendungsreden (Mk 6,8—9) zählen, die sich von dem Verhalten der urkirchlichen Missionare (vergleiche 1 Kor 9) unterscheiden.

2.2 Positive Kriterien für Herrenworte.

2.2.1 Ein nicht von Jesus selbst, wohl aber in seinem Namen nach Ostern formuliertes Herrenwort ist dort anzunehmen, wo eine zur Zeit Jesu kaum denkbare Situation vorausgesetzt wird. So wird zum Beispiel Mk 10,12 mit der Möglichkeit einer Ehescheidung seitens der Frau gerechnet, was in Palästina und bei den Zuhörern Jesu kaumn Trage kam, wohl aber in der heidenchristlichen Gemeinde, an die sich Markus richtete.

2.2.2 Auf die urkirchliche Formulierung eines Satzes weist auch der unverkennbare Einfluß urchris'tli-cher, nachösterlicher Situation hin. So werden zum Beispiel die Abendmahlworte Jesu Joh 6,52 ff. in einer für das Johannesevangelium kennzeichnenden Weise wiedergegeben und kommentiert. Die Mk 4,14 ff. gegebene Erklärung des Sämannsgleichnisses setzt die urkirchliche Predigt (Same = Wort Gottes; Warnung vor Abfall und ähnliches) voraus. Die Mt 23 vorgetragene Drohrede gegen die Pharisäer setzt die Auseinandersetzung mit dem nach der Zerstörung Jerusalems neuformierten Judentum pharisäischer Prägung voraus. Eine typische Widerspiegelung urchristlicher Situation dürfte auch in der sogenannten Unzuchtklausel Mt 5,32 vorliegen, wo Jesu Verbot der Ehescheidung unter Berücksichtigung der konkreten Situation der Gemeinde eine Einschränkung erfährt.

2.2.3 Als drittes Kriterium für ein „Herrenwort“ gilt, wenn Worte Jesu im Unterschied zu anderen Aussagen ein entwickelteres Stadium aufweisen. So zum Beispiel findet sich in den Abschiedsreden Jesu des Johannesevangeliums (Joh 13—17) eine viel entwickeltere, ausdrücklichere Lehre über Jesu Sendung und sein Verhältnis zum Vater (Gottessohnschaft). Ein entwickelteres Stadium kann auch da vorliegen, wo ursprünglich gesprochene Worte Jesu in einem sehr allegorischen Sinn aktualisiert, das heißt, auf die Situation der Hörer zugeschnitten werden, so im Gleichnis vom Sämann in Mk 4,14 ff.

Wenn man die angeführten Kriterien überblickt, wird sofort erkennbar, daß diese kaum im Einzelfall als sichere Unterscheidungsmerkmale herangezogen werden können. Außerdem berücksichtigt zum Beispiel Bas zuerst genannte Kriterium (Verschiedenheit von der jüdischen Gedankenwelt, aber auch von der österlichen Gemeinde) kaum die Tatsache, daß Jesus selbst Jude war und die Urkirche steh auf Jesus berufen hat. Wir dürfen also auch da mit Jesu eigenen Worten rechnen, wo sich Aussagen finden, die ganz der jüdischen oder urkirchlichen Mentalität entsprechen. Es ist deshalb nur zu verständlich, daß unter den Fachgelehrten keineswegs Einmütigkeit darüber herrscht, was im Einzelfall als „ipsissima vox“ Jesu bestimmt werden darf und was nicht. Die Herstellung einer Bibelausgabe, in der alle die Worte Jesu, die er sicher selbst gesprochen hat, besonders gekennzeichnet sind, ist deshalb unmöglich und dürfte auch in Zukunft nicht gelingen.

3.1 Diskontinuität und Kontinuität. Wenn es auch im einzelnen nicht möglich ist, den Umfang der Ipsissima vox im Neuen Testament und somit auch den Einfluß nachösterlicher Prägung der Worte Jesu zu Herrenworten genau zu bestimmen, so läßt sich die Tatsache, daß es den Unterschied wischen „ipsissima vox“ und „Herrenwort“ gibt, heute nicht mehr bestreiten. Er wird mit Recht von allen Exegeten heute grundsätzlich angenommen.

Daraus ergibt sich aber für uns die wichtige Konsequenz: Es besteht demnach ein Unterschied zwischen dem Wortlaut der Äußerungen Jesu und dem ihrer Wiedergabe. Dieser Unterschied ist verwandt mit der in Fachkreisen vertretenen Unterscheidung zwischen dem „Verkündiger“ (Jesus) und dem „Verkündigten“ (Christus). So hat sich Jesus selbst kaum ausdrücklich — zumindest in der Zeit vor dem Prozeß — als Messias bezeichnet, und er hat sich sehr wahrscheinlich auch nicht „Sohn Gottes“ im heutigen Sinn des Wortes genannt. Der Auftrag zur Heidenmission, verbunden mit dem Befehl, auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen, dürfte ebenfalls in der Mt 28,18 ff. niedergeschriebenen Form erst einige Jahre, wenn nicht Jahrzehnte nach dem Tod Jesu formuliert worden sein.

Das heißt aber, die „Herrenworte“ besagen zumindest mehr als die eigenes Worte Jesu.. Läßt sjch.aber nun bei aller UnWrfcriicItllichkett zwischen „Herrenwort“ und „ipsissima vox“ noch eine Gemeinsamkeit aufzeigen? Dazu ist zu sagen: Die Urkirche und vor allem die Apostel haben die Herrenworte nicht als Entstellung oder Abweichung empfunden, sondern als ganz legitime Wiedergabe der Worte Jesu.

Dafür lassen sich folgende Gründe anführen:

Erstens: Die von Jesus ausgewählten Jünger bilden die Brücke zwischen dem irdischen Jesus und der Kirche. In ihrer Predigt haben sich die Apostel auf die Verkündigung Jesu berufen. Sie wußten sich daran gebunden. Die Abfassung der Evangelien bezeugt dies. Wie uns Paulus Gal 2,2 und auch Gal 1,6 ff. bescheinigt, standen sie außerdem der Predigt ihrer Kollegen keineswegs unkritisch gegenüber. Ebenso unterschied die spätere Kirche zwischen kanonischen und apokryphen Evangelien, das heißt, nicht jede als Wort Jesu überlieferte Aussage wurde ohne weiteres als authentisch, als echt betrachtet.

Zweitens: Die Apostel verstanden ihre Berufung auf Jesu nicht als ein stereotypes Rezitieren seiner Worte. Man kann fragen, ob es so etwas überhaupt gibt. Ist nicht jedes Wiederholen, jedes Wiedergeben eines ausgesprochenen Wortes schon eine Neu-Aussage? Sie gaben vielmehr Jesu Worte für ihre jeweiligen Hörer wieder; sie übersetzten sie in und für die nachösterliche Situation. Deshalb konnten sie zum Beispiel das, was Jesus über seine Sendung angedeutet hatte, ausdrücklich aussprechen. Was Jesus in Form einer Aussage (zum Beispiel „Selig ihr Armen“, Lk 6,20) vorgetragen hatte, durften sie im Blick auf ihre Hörer in Form einer Forderung („Selig die Armen dem Geiste nach“, Mt 5,3) wiedergeben, weil Jesu Aussage des Heils zugleich einen fordernden Anspruch enthielt. Was Jesus als Anrede und Mahnung geäußert hatte, konnten sie als einen die konkreten Verhältnisse berücksichtigenden Rechtssatz weitergeben (zum Beispiel die sogenannten Unzuchtsklauseln, Mt 5,31 f.; Mt 19,9). Gerade die neuere Sprachwissenschaft ruft uns ja in Erinnerung, daß jede Rede, auch wenn sie wörtlich niedergeschrieben wird, niemals in ihrer vollen Bedeutung wiedergegeben werden kann. Man spricht von einem „Sinnüberschuß“ der gesprochenen Wörter und Sätze. Hält man sich dies vor Augen, so ist es durchaus Rechtens, wenn die Urkirche Jesu ureigene Worte in einer freien, den ursprünglichen Wortlaut überschreitenden Weise wiedergab und ergänzte.

Drittens: Das Vorgehen der Urkirche wird vor allem verständlich und erweist sich als richtig, wenn wir folgende zwei Tatsachen beachten. Die Zeit Jesu und der Evangelisten hatte ein ganz anderes Verhältnis zur Vergangenheit, als es heute verbreitet üblich ist. Man war weniger daran interessiert, ein vergangenes Geschehen genauso, wie es sich zugetragen hatte, darzustellen, als vielmehr, es in seiner Bedeutung für den Augenblick zu schildern. Erst mit der Aufklärung, dem modernen Historismus, ändert sich diese Einstellung zur Vergangenheit. Man vergleiche nur einmal antike oder auch mittelalterliche Darstellungen (zum Beispiel der Geburt Jesu) und Wiedergaben von Reden (zum Beispiel vor einer Schlacht oder bei einem Abschied) mit neuen Geschichtswerken.

Die Urkirche war ferner — und dies kann nicht genug betont werden — der festen Uberzeugung, daß Jesus nicht tot ist, sondern lebt und er durch seinen Geist die Jünger in die ganze Wahrheit einführt (Joh 16,13). Letzten Endes ist es der Para-klet, der Heilige Geist, der die Kirche befähigt, das, was Jesus gesagt hat, in neuer Form aktualisierend für alle gültig zu verkünden. Für die Kirche war deshalb nicht die Rekonstruktion des Lebens und der Predigt Jesu maßgebend, sondern das, was der lebende Herr in seiner Kirche sagt und verkündet.

Berücksichtigt man also die Eigenart urkirchlicher Uberlieferung der Worte Jesu, so hat man keinen Grund, angesichts des Unterschiedes zwischen „ipsissima vox“ und „Herrenwort“ von Entstellung oder Fälschung zu sprechen.

3,2 Bedeutung für das Leben.

Es '-Wäre Völlig unkirchlich und vor allem unkatholisch, ein Rückfall in den Liberalismus des 19. Jahrhunderts, wollte man im Neuen Testament nur das gelten lassen, was von der Wissenschaft als „ipsissima vox“ bestimmt werden kann. Man würde dann nicht die vier kanonischen Evangelien, die uns die Kirche als inspirierte Schriften in die Hand gibt, zur Grundlage christlichen Lebens machen, sondern, wie H. Schlier einmal treffend formulierte, ein mittels wissenschaftlicher Methoden hergestelltes fünftes Evangelium. Im Hinblick auf die Gültigkeit für das Leben eines Christen ist es deshalb nicht ausschlaggebend, ob ein Wort Jesu im Neuen Testament (zum Beispiel das Verbot der Ehescheidung, der Missionsbefehl) „ipsissima vox“ oder „Herrenwort“ ist. Der Christ ist an ein „Herrenwort“ nicht weniger gebunden als an die „ipsissima vox“ Jesu.

Die Unterscheidung zwischen „ipsissima vox“ und „Herrenwort“ ist dennoch nicht nur eine Sache für die Gelehrten. Ihre Berücksichtigung und Erforschung ist notwendig, damit wir uns heute Rechenschaft über unseren Glauben (vergleiche 1 Petr 3.15) geben können. Wer als Christ des 20. Jahrhunderts die Bibel liest, muß sich mit den kritischen Fragen auseinandersetzen. Die Berücksichtigung und Interpretation des Unterschieds zwischen „ipsissima vox“ und „Herrenwort“ ist dabei eine gute Hilfe, um aufzuzeigen, daß das, was die Urkirche von Jesus und über Jesus verkündigt, bei allem Unterschied keine Entstellung, keine Verfälschung ist.

Die Beachtung des Unterschiedes zwischen „ipsissima vox“ und „Herrenwort“ vermag uns außerdem zu einem vertieften Verständnis dessen, was das Neue Testament als Botschaft Jesu enthält, zu führen. Dadurch werden uns Eigenart und Traditionsgeschichte, somit aber auch Gewicht und Grenzen der einzelnen Texte (zum Beispiel Antithesen der Bergpredigt, Unzuchtsklauseln) verständlicher. Und darum geht es doch bei jeder Lesung und jedem wissenschaftlichen Studium der Bibel, daß wir immer besser verstehen, was Jesus gesagt hat und wer er war.

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