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Wechsel in die „rote Zukunft“?

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Die erste Runde derfranzösischen Präsidentenwahlen ist geschlagen. In der zweiten Runde, der Stichwahl am 10. Mai, stehen sich wie schon vor sieben Jahren Giscard d'Estaing und Sozialistenchef Francois Mitterand gegenüber. Die entscheidende Frage lautet dann: Hält die Mehrheit der Franzosen die Zeit endgültig reif für einen Wechsel oder meinen sie, daß mit einer einschneidenden politischen Kursänderung noch immer zu große Gefahren für das Land verbunden sind?

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Die erste Runde derfranzösischen Präsidentenwahlen ist geschlagen. In der zweiten Runde, der Stichwahl am 10. Mai, stehen sich wie schon vor sieben Jahren Giscard d'Estaing und Sozialistenchef Francois Mitterand gegenüber. Die entscheidende Frage lautet dann: Hält die Mehrheit der Franzosen die Zeit endgültig reif für einen Wechsel oder meinen sie, daß mit einer einschneidenden politischen Kursänderung noch immer zu große Gefahren für das Land verbunden sind?

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Giscard d’Estaing versprach im Wahlkampf ein „neues Haus für Frankreich“, nachdem er in seiner abgelaufenen Amtszeit bereits die Fundamente dafür gelegt habe. Wie das Wahlergebnis zeigt, hat er die Mehrheit der Franzosen noch nicht so recht davon überzeugen können, daß er auch der richtige „Baumeister“ für dieses Vorhaben ist:

Denn mit rund 28 Prozent der Stimmen hat er einige Punkte gegenüber seiner ersten Wahl 1974 verloren-was angesichts des Bonus', den er als Präsident bei diesem Wahlgang hat, doch ein wenig überraschen muß.

Dennoch ist er weiterhin die wichtigste Persönlichkeit in dieser Auseinandersetzung. Vieles hängt davon ab, mit welcher Geschlossenheit sämtliche Mitglieder der Majorität am 10. Mai ihre Stimme dem langjährigen Bewohner des Elysee-Palastes anvertrauen werden.

In dieser Beziehung spielt der Chef der gaullistischen Sammelbewegung R. P. R.und Bürgermeister von Paris, Jacques Chirac, die entscheidende Rolle.

Dieser wendige Politiker hatte es im Laufe des Wahlkampfes verstanden, immerhin rund 18 Prozent des zu verteilenden Kuchens auf seine Person zu vereinen. Wie überhaupt die drei gaullistischen Kandidaten zusammen rund 20 Prozent der Stimmen erreichten und damit ein doch recht kräftiges Lebenszeichen von sich gaben.

Obwohl sich die Beziehungen zwischen Chirac und Giscard d’Estaing in den letzten Jahren zusehends verschlechterten und auch höchst frostige Auseinandersetzungen zwischen den beiden den Wahlkampf prägten, kündigte der Gaullistenführer bereits an, daß er am 10. Mai für Giscard stimmen werde - ohne aber auch seine Parteigänger auf diesem Kurs einzuschwören.

Allerdings: Chirac erwartet sich als Gegenleistung für seine Unterstützung, daß Giscard d'Estaing im Falle seines Sieges „seine Politik und seine Methoden“ ändern werde. Und Giscard weiß: Ebenso wie sein Gegenkandidat Mitterand am 10. Mai auf die Stimmen der Kommunisten angewiesen ist, benötigt er selber die Stimmen der Gaullisten.

Die größte Sensation bei diesem ersten Wahlgang war die unübersehbare Niederlage des kommunistischen Kandidaten und Chefs der KPF, Georges Marchais.

In unzähligen Kundgebungen und Erklärungen hatte er im Wahlkampf großspurig verkündet, seine Partei werde mindestens 20 Prozent der Stimmen erreichen und künftig die stärkste Linkspartei sein. Mit verkrampftem Gesicht mußte er dann allerdings in der Wahlnacht vor dem Fernsehen eingestehen, daß er nur etwas über 15 Prozent der Stimmen erreicht habe. Besonders in den mittelgroßen Industriestädten waren die Arbeiter in Scharen von der KPF zur Sozialistischen Partei abgewandert.

Mitterand ist es gelungen, mehr oder weniger die gesamte nichtkommunistische Linke um sich zu vereinen: Rund 26 Prozent der Stimmen - das beste Wahlergebnis für die Sozialisten seit 1936, den Zeiten der „Volksfront".

Man ist sich in Paris in einem Punkt klar: Ein Staatschef Mitterand wird nur mit Hilfe der KPF regieren können. Und die KPF hat da auch bereits ihre Forderungen verkündet, unter anderem den Wunsch, kommunistische Minister in ein Linkskabinett zu entsenden.

Sicher ist: Der Wunsch nach einem Wechsel des politischen Kurses ist bei einem relativ breiten Kreis der Bevölkerung vorhanden - und das jetzt abgesehen von den Parteigängern der Linken. Die Kommunisten jedoch möchte dabei die Mehrheit der Franzosen nicht an die Schalthebel der Macht gehievt sehen. Und hier bestimmt doch ein gewisser Grad der Angst vor einer „roten Zukunft“ das Wahlverhalten der Franzosen.

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