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Wechselwirkungen Presse - Literatur

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Auch in der steirischen Medienlandschaft bestimmt der Kampf um Marktanteile die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen. Die inhaltliche Brisanz und die Innovationslust sind nicht nur von publizistischen Persönlichkeiten abhängig. Mehr als anderswo sind die beiden Elemente verquickt mit der geistigen Virulenz, die sich auf die Medien dann auswirkt, wenn sie auch wirklich erkannt wird.

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Auch in der steirischen Medienlandschaft bestimmt der Kampf um Marktanteile die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen. Die inhaltliche Brisanz und die Innovationslust sind nicht nur von publizistischen Persönlichkeiten abhängig. Mehr als anderswo sind die beiden Elemente verquickt mit der geistigen Virulenz, die sich auf die Medien dann auswirkt, wenn sie auch wirklich erkannt wird.

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Das war nach 1945 so, als das „Silberboot” von Ernst Schönwiese literarische Talente förderte und der Baron Michael Raffay mit kurzem Atem die Illustrierte „Der Lichtblick” inszenierte. Das war um 1960 zu sehen, als mit dem Forum Stadtpark und der Literaturzeitschrift „manuskripte” nicht nur der künstlerische Aufschwung begann. Jedesmal war all dies verbunden mit einer Renaissance des Kabaretts.

Erstarrung und Etablierung gingen dann jeweils einher mit der Abschaffung der literarischen Kritik - bis zum nächsten Bauchaufzug.

Diesen Daten entsprechen Auswirkungen auf die Tagespresse und den Rundfunk. Die Protagonisten der jeweiligen Bühnen fanden ihren Zei-tungs- und Rundfunkplatz und behaupten heute noch ihre journalistischen Anteile.

Der Aufschwung der „Kleinen Zeitung” nach ihrem Wiedererscheinen hatte damit zu tun und später - in den sechziger Jahren war sie das Sprachrohr der kulturellen Erneuerung, deren publizistische Würdigung sich zweifellos auch nach den Sickerregeln des Duke of Bedford in der steigenden Auflage auswirkte. Ob „Kleine Zeitung”, „Neue Zeit” oder „Tagespost”: Sogar Wien wurde in diesen Jahren mit publizistischen Talenten aus der Steiermark gefüttert.

Im Moment scheint eine ähnliche Situation gegeben zu sein - mit dem Unterschied, daß die Medien (am ehesten noch der Rundfunk) dies nicht in der vollen Tragweite erkennen. Während die „manuskripte” in Würde weiter publiziert werden, wachsen seit kurzem andere literarische Blätter wie die Schwammerln.

Der größte Pilz aus den südweststei-rischen Laubwäldern ist die Zeitung „Sterz”, die mit einem erstaunlichen Potential von neuen Schreibern und Zeichnern eine Auflage um 4000 und eine Leserzahl von sicherlich über 10.000 erreicht hat. Rundherum zeigen sich neue kabarettistische und theatralische Experimente, die - das ist neu -auch aus Bezirksorten kommen.

Den Tageszeitungen der Steiermark kann nicht vorgeworfen werden, sie würden diese neuen Versuche nicht fördern. Junge Talente schreiben immer wieder, man berichtet über sie und kombiniert dies in verschiedener Gewichtung mit der Pflege einer Tradition, die im heurigen Gedenkjahr wieder stärker ins Bewußtsein rückt. Dazu kommt auch das stärkere Engagement der Buchverlage auf diesem Sektor.

Was ich meine, sind Anstöße; die Art des Schreibens, die Art der journalistischen Bewältigung von Themen, Anregungen zur Verknüpfung von Text und Illustration. Hier haben sich die Zeitungen den teilweise freilich versteckten Vorschlägen der Blättchen und Leutchen noch nicht gestellt.

Vielleicht liegt das vorläufig an etwas ganz anderem. Zeitungen herzustellen und zu halten ist schwieriger geworden. Inhaltliche Qualität ohne entsprechende Verbreitung und ohne hohes Anzeigenpotential birgt wirtschaftliche Gefahren. Denn das Hinscheiden von Zeitungen ist mehr denn je auch ein soziales Problem, weil mit Medienunternehmungen sehr viele Arbeitsplätze verbunden sind.

Deshalb ist in einem Bundesland, das wirtschaftlich hinter mehreren anderen nachhinkt, jene unternehmerische Leistung zu betonen, die in den siebziger Jahren nicht nur den Einbruch des Wiener Boulevards verkraftete, sondern sogar zum Anlaß erhöhter Investitionsfreude nützte. Die „Kleine Zeitung” im Hause Styria ist heute nicht nur die erste große Tageszeitung Österreichs, die auf den computergesteuerten Lichtsatz umgestellt wurde. Sie behauptet in den beiden südlichen Bundesländern eine dominierende Auflagenposition und ist durch ihren hohen Abonnenten-Anteil von nahezu 80 Prozent sowie durch ihre enorme Verankerung in einkommensstarken Schichten ein attraktives Anzeigenmedium.

Der Umstieg in die neue Technik steht den beiden bei Leykam gedruckten Parteizeitungen noch bevor. Ihnen haben die Wiener Einbrüche besonders zu schaffen gemacht, doch ist zweifellos auch hier die Leistung zu würdigen, besser als anderswo die angestammte publizistische Position gehalten zu haben.

Seltsamerweise hat die Steiermark bisher gezögert, eine Landesgesellschaft für das Kabelfernsehen zu gründen. Seltsam deshalb, weil sie über sehr gute Video-Unternehmer verfügt, weil sie interessante Filmer beherbergt und auf dem Versuchssektor einiges zu bieten hat. 1978 wurden auf der Grazer Messe bereits fürs Kabel-TV geeignete Produktionen vorgestellt und Live-Shows inszeniert. Gleichzeitig hat der Verlag Styria eine Video-Abteilung installiert.

Der scheidende Landeshauptmann hat jedoch angekündigt, er wolle in der ihm verbleibenden Amtszeit auch noch die Frage des Kabel-TV lösen. Tatsächlich sind die Verhandlungen in letzter Zeit wieder in Gang gekommen, obwohl wertvolle Zeit vertan wurde. In dem Moment, da in der Steiermark ein Kabelbetrieb in größerem Umfang beginnt, ist zweifellos auch wieder mit intensiven Versuchen zu rechnen, Möglichkeiten für lokale Programme zu testen.

Parallel dazu wäre die Steiermark mit der Inbetriebnahme des neuen ORF-Studios in Graz-St. Peter ein interessanter Boden für eine Regionali-sierung des ORF-Fernsehens. Die steirische Intendanz hat mit der ihr eigenen Weitsicht ein entsprechendes personelles Reservoir immer wieder gefördert.

Vor diesem Hintergrund kann es gerade in der Steiermark zu einer Medien-Koexistenz kommen, die Entwicklungen gestattet, gleichzeitig aber jene Pluralität erhält, die dieses Land braucht, um seine besondere politische und kulturelle Rolle in Österreich weiterspielen zu können.

Der Autor ist leitender Redakteur der „Kleinen Zeitung”, Graz.

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