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Wege zu Thomas

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1982 also wagt es der Styria-Verlag, einen Nachdruck der deutschen Thomas-Ausgabe von 1933 vorzulegen.

In euphorischer Stimmung — in völliger Verkennung der gesamten deutschen Situation — glaubten die damaligen Herausgeber — an den geistigen Aufbruch im deutschen Katholizismus. In Wirklichkeit waren damals die Ansätze nach dem Ersten Weltkrieg bereits vielfach erlahmt. Hitler stand im Tor.

Die Herausgeber hofften — in ihrem Vorwort —: „Und hätte dieser erste Thomas-Band nur den Erfolg, die Diskussion über die Gottesfrage aus der Schule und dem Hörsaal wieder hinauszuver-legen auf die Straßen und Gassen und öffentlichen Plätze unserer Großstädte, so daß dann nicht mehr nur die Steine von Gott reden würden, sondern auch die Menschen, die auf ihnen dahin-schreiten — er hätte eine große Mission erfüllt”.

1933 und 1982 erschienen diese Wunschträume als Phantasma-gorien. Eine Neuausgabe der Summa des Thomas verliert dadurch nicht ihre Berechtigung. Leider hat, aus Kostengründen, die Schriftleitung im Kloster Walberberg auf eine Neubearbeitung des Kommentars verzichtet: in den letzten fünfzig Jahren wurde von der Thomas-Forschung, an der sich jetzt auch evangelische Theologen beteiligen, eine Fülle von Frage-Stellungen zu Thomas erarbeitet.

Der Verlag legt gleichzeitig zur Einführung ein klassisches Werk der katholischen Thomas-Forschung, M. D. Chenu: Das Werk des hl. Thomas von Aquin (Paris 1950) in einer vom Verfasser durchgesehenen und verbesserten deutschen Ausgabe (ergänzt durch Otto M. Pesch) vor. (Nachdruck nach 1960).

Der französische Dominikaner Chenu, ein offener Geist, stellt Thomas hinein in die schweren Geisteskämpfe der Theologie seiner Zeit. Chenu würdigt Siger von Brabant (wie Dante zuvor), den „Erzketzer”, als „Gegner gleichen Formats”.

Chenu sieht, sehr im Gegensatz etwa zu Balthasar, der in diesem FVozeß eine Katastrophe sieht, die Absetzung der Theologie von der Seelsorge, die sich damals durchgesetzt hat, positiv.

Diese Chenu-Darstellung des Thomas, seiner Theologie, seiner Umwelt, ist heute durchaus lesenswert — ihre Harmonisierungen wirken nicht aufdringlich. Die Härte, die immanente Tragik des Thomas und seiner Theologie sind auf anderen Blättern zu erkunden: in der Geschichte, die Größe und Grenzen des Thomas bereits an den Gegen-Denkern aufzeigt: beginnend mit Duns Scotus.

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