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Wehrlos oder wehrbereit ?

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Stefan Matzenbergers Absage an die militärische Landesverteidigung (FURCHE 3/1986) gipfelte in der 'Forderung: „Wehrsprecher an die Front“. Einer von ihnen antwortet.

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Stefan Matzenbergers Absage an die militärische Landesverteidigung (FURCHE 3/1986) gipfelte in der 'Forderung: „Wehrsprecher an die Front“. Einer von ihnen antwortet.

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Obwohl unsere Friedenssehnsucht im Zeitalter der „Overkill Capacity“ zunehmend eine Frage der Vernunft ist, bleibt sie dennoch von der sittlich-moralischen Haltung jedes einzelnen geprägt. Daher muß jeder einzelne eine realistische Antwort auf folgende Frage finden: „Wer wird in der Gegenwart, vor allem aber in der Zukunft den Frieden besser bewahren, der Wehrbereite oder der Wehrlose?“

Stefan Matzenberger (FURCHE 3/1986) hat zwar prominente Vorbilder, wenn er gegen die müitärische Landesverteidigung Österreichs polemisiert, dadurch allein werden seine Thesen aber nicht glaubwürdig.

Wer die — im Vergleich zu unseren Nachbarstaaten — mehr als bescheidenen Verteidigungsbemühungen des neutralen Österreich als „gewalttätig“ brandmarkt, wer von „Defensivkriegsvorbereitungen und Aufrüstung“ spricht und als Rezept für eine gewaltlose Landesverteidigung bloß das „völkerrechtliche Verbot jeglichen Krieges und das Verbot von Waffenproduktion“ anzubieten weiß, bringt in eine ernsthafte Diskussion zum Thema „Friedenssicherung“ nichts ein.

Wer zudem noch die offensiv strukturierten Streitkräfte der Staaten der Paktsysteme und das rein defensiv strukturierte österreichische Bundesheer so banal gleichsetzt und den „baldigen Abschluß von Verträgen mit unseren Nachbarstaaten“ als vernünftigste Landesverteidigungspolitik und somit als Alternative zur militärischen Landesverteidigung bezeichnet, verspielt in dieser

Diskussion jeden Anspruch, ernst genommen zu werden.

Da ja Friedenssicherung nicht nur Anliegen und Aufgabe jedes einzelnen, sondern auch wesentliche Aufgabe von verantwortungsbewußten Politikern ist, kamen die drei im Nationalrat vertretenen Parteien dieser Verpflichtung durch die Erstellung des Landesverteidigungsplanes, welcher 1983 im Ministerrat beschlossen wurde, nach.

Als ein Ziel der Sicherheitspolitik Österreichs wurde „der Schutz der Bevölkerung und der Grundwerte gegenüber allen Bedrohungen“ definiert. Denn Friede ist unabdingbar mit Freiheit und Sicherheit verbunden.

Freiheit und Sicherheit jedoch sind, abgestützt allein auf Verträ-

ge, nicht garantiert, wie Vergangenheit und Gegenwart dies deutlich zeigen, sondern ausschließlich durch den Willen und die Fähigkeit Österreichs, „Freiheit und Frieden“ wenn erforderlich auch verteidigen zu wollen. Daß dieses Ziel auch für Österreich erreichbar ist, hat uns die Schweiz in mehreren europäischen Kriegen vorexerziert.

Daher ist auch das Ziel der österreichischen Verteidigungspolitik nicht Kriegsführung, sondern Kriegsverhinderung. Dieses Ziel kann jedoch nicht durch fromme Wünsche und realitätsfremde Forderungen, sondern nur durch eine, dem Ausland glaubhafte, dokumentierte und vorgezeigte Abhaltestrategie erreicht werden.

Allein diese Abhaltung, also die glaubwürdige Rechnung für das Ausland, daß sich ein Aufmarsch in Österreich (oder ein Durchmarsch) nicht auszahlt (da er Zeit und Kräfte erfordert), ist das Ziel der militärischen Landesverteidigung.

Zum Thema „Gewaltlose Verteidigung“ — also Österreich als militärisches Vakuum im Herzen Europas - darf folgendes jedoch nicht vergessen werden: Im Zusammenhang mit der Friedensdebatte wird regelmäßig das apokalyptische Bild gezeichnet, daß jeder Versuch einer Verteidigung gegen einen „atomwaffenbesitzenden“ Angreifer geradezu die Vernichtung Österreichs herausfordern würde.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Die westliche Diskussion wird von Vorschlägen beherrscht, die „atomare Schwelle“ durch eine Verstärkung des konventionellen Potentials anzuheben. Dies soll bedeuten, daß die NATO ihre konventionellen, also nichtatomaren Streitkräfte ausbauen möchte, um nicht durch die gegenwärtig behauptete konventionelle Überlegenheit des Warschauer Paktes zum Ersteinsatz atomarer Waffen gezwungen zu werden.

Als wie verrückt (im Sinne der Rüstungsspirale) man derartige Überlegungen auch immer betrachten mag, sie geben auch Hinweise für Österreich: Ein völliges militärisches Vakuum würde nicht nur manchen Aggressionsplänen gegen unser Land Auftrieb geben, sondern im Fall des Falles auch die Reaktion der Gegenseite heraufbeschwören, eine derartige Aggression durch den Einsatz^tomarer Kampfmittel zu verzögern.

Gerade die einseitige Abrüstung, Österreichs würde also unsere atomare Gefährdung erhöhen. Verträge oder ein völkerrechtliches Verbot des Krieges allein nützen da wenig.

Somit ist unser österreichisches Defensivkonzept der militärischen Landesverteidigung ein wesentlicher Beitrag, um in Österreich den „Frieden in Freiheit“ zu erhalten.

Der Autor ist Abgeordneter zum Nationalrat und Wehrsprecher der FPÖ.

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