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Wehrsprecher an die Front

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Der neue Leiter der Landesverteidigungsakademie fordert Raketen für das Bundesheer, die Abfangjäger sind bestellt. Gibt es keine Alternative zur Aufrüstung?

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Der neue Leiter der Landesverteidigungsakademie fordert Raketen für das Bundesheer, die Abfangjäger sind bestellt. Gibt es keine Alternative zur Aufrüstung?

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Österreich hat seit drei Jahrzehnten ein Bundesheer und bereitet sich durch Aufrüstung, durch den Ankauf von Abfangjägern und durch den Ruf nach Raketenbewaffnung auf die gewalttätige militärische Landesverteidigung vor. Dieser Weg ist nach der Uberzeugung religiös und ethisch denkender Pazifisten und

humanitär gesinnter Menschenrechtsverteidiger ein gefährlicher Irrweg.

Jahr für Jahr werden die Auf-rüstungs- und Kriegsvorbereitungskosten erhöht und diese betragen bereits mehr als 18 Milliarden Schilling im Jahr. Ist es nicht eine Schizophrenie und ist es nicht Friedenspharisäismus, wenn Politiker von ihren Bemühungen um den Völkerfrieden und von der Notwendigkeit der Abrüstung sprechen, während sie gleichzeitig Defensivkriegsvorbereitungen treffen und immer mehr aufrüsten?

Geplant ist, im Kriegsfalle vor allem die Jugend auf die Schlachtfelder zu kommandieren, während sich die Regierungen

und die Aufrüstungspolitiker in relativ sicheren Betonbunkern verstecken oder flüchten.

Es sei hier auch die Frage erlaubt: Können und werden die Truppen Österreichs im Kriegsfalle gegen eine tausendfache Ubermacht der atomwaffenbesitzenden und hochgerüsteten Staaten des Warschauer Paktes oder gegen die ebenfalls Atomwaffen und chemische Vernichtungsmittel besitzenden Staaten der NATO, die sich zur gegenseitigen Hilfe im Kriegsfalle verpflichtet haben, einen Verteidigungskrieg siegreich beenden?

Nach Meinung der Pazifisten ist die derzeitige Form der militärischen Landesverteidigung die kostspieligste und untauglichste Form der Landesverteidigung. Klüger und billiger wäre folgende Form der militärischen Landesverteidigung:

Der Armeekommandant, der Generalstabschef, der Verteidigungsminister, die aufrüstungs-befürwortenden Wehrsprecher der politischen Parteien, die Kommandanten der Militärakademie und der Landesverteidigungsakademie und jene Regierungsmitglieder und tapferen Männer des Landesverteidigungsrates, denen die Aufrüstung des Bundesheeres ein dringendes Anliegen ist, übernehmen die Ver-

pflichtung, sich im Kriegsfalle unverzüglich selbst an die vorderste Kriegsfront zu begeben und das Vaterland mit Waffengewalt tapfer zu verteidigen. Voraussetzung wäre allerdings der Abschluß eines Vertrages mit unseren Nachbarstaaten, der die Verpflichtung enthält, daß im Kriegsfalle der Gegnerstaat eine ähnliche Anzahl höchster militärischer und politischer Würdenträger in das Schlachtfeld schickt.

Wenn diese Art der Austragung kriegerischer Konflikte auch gewisse Vorteile hätte, so ist sie dennoch unbefriedigend und muß auch von Pazifisten abgelehnt werden. Denn die oben genannten militärischen und politischen Würdenträger sollen ihr kostbares Leben ebensowenig wie der „wehrpflichtige Staatsbürger" einsetzen und verlieren. Außerdem besteht auch bei dieser Art der militärischen Kampfaustragung keine Gewähr dafür, daß die wackeren Verteidiger des Landes auch wirklich siegen.

Die vernünftigste und humanste Landesverteidigungspolitik erfordert keine Aufrüstung und keine Kriegsvorbereitungsmaß-

nahmen, sondern den baldigen Abschluß von Verträgen mit unseren Nachbarstaaten, in welchen sich die Vertragsstaaten feierlich verpflichten, zwischenstaatliche Konflikte in Zukunft im Verhandlungswege zu lösen, und wenn innerhalb einer bestimmten Zeit eine Verhandlungslösung nicht erreichbar ist, den Streitfall dem Internationalen Gerichtshof in Haag zur Entscheidung vorzulegen und die Gerichtshofentscheidung als verpflichtend anzuerkennen.

Kardinal Alfrink und der österreichische Friedenspädagoge Jo-

hannes Ude schlugen schon vor vielen Jahren vor, die Kriegsministerien und Verteidigungsministerien durch Friedensministerien zu ersetzen, weil sie sich von diesen echte Abrüstungsschritte und die Intensivierung der friedenspolitischen und friedensdiplomatischen Aktivitäten erwarteten. Dazu gehört auch das völkerrechtliche Verbot jeglichen Krieges und das Verbot des Militär- und Kriegsdienstzwanges und das Waffenproduktionsverbot.

Der Autor ist Obmann der Ude-Friedens-gemeinschaft.

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