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Weichenstellung für morgen

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Wir leben in einem Jahrhundert, in dem wie in keinem anderen vorher das Bild unseres Lebensraumes laufend Veränderungen erfährt. Diese dynamische Entwicklung hat zu wirtschaftlichen und räumlichen Strukturen geführt, die einerseits eine immer größere Verdichtung der Arbeits- und Wohnstandorte in industriellen Ballungsgebieten, anderseits aber auch einte immer größere Verdünnung der Bevölkerung in den landlichen Gebieten mit sich gebracht hat. Die Notwendigkeit, Arbeits- und Wohnstandorte entsprechend zu verbinden und zu versorgen, hat wiederum zu einer immer größer werdenden Verdichtung der Verkehrs- und Versorgungsnetze geführt.

x Diese Erscheinung einer zunehmenden Konzentration ist nicht nur auf die Industriestaaten der westlichen Welt beschränkt. Sie ist ein allgemeines Phänomen dieses Jahrhunderts, mit dem sich auch die Raumordnung in Oberösterreich befassen muß. Gerade unser Bundesland kam in den letzten Jahrzehnten in den Sog einer Industrialisierungswelle, die Industriestandorte von gewaltiger Kapazität schuf. Die Landwirtschaft hat in diesem Jahrhundert in einem kaum vorstellbaren Ausmaß Arbeitskräfte an Industrie-und Dienstleistungsbetriebe abgegeben. Die ländlichen Gemeinden haben an die Städte und deren Um-landgemeinden laufend Wohnbevölkerung abgegeben oder sind zum Wochenend-Erholungsraum der Tages- und Fernpendler sowie zum

Freizeitraum einer immer mobiler gewordenen Bevölkerung der Verdichtungsgebiete geworden.

Insgesamt aber hat unser Bundesland einen nie zuvor gekannten materiellen Wohlstand erreicht, den zu erhalten und möglichst breiten Schichten der Bevölkerung zugänglich zu machen vernehmlichstes Bestreben der Landespolitik sein muß. Er bildet aber auch die Grundlage, von der aus die Bemühungen um eine immer bessere Lebensqualität künftig noch weiter intensiviert werden sollen, sei es nun hinsichtlich der Qualität des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung, der Wohnstätte und der Wohnumgebung, der Qualität des öffentlichen und des Individualver-kehrs, der Lebensqualität in der Stadt und im ländlichen Raum oder der Qualität des Fremdenverkehrsangebotes.

Der Raumordnung kommt in allen diesen Belangen eine ganz besondere Bedeutung zu. Jeder einzelne Bürger kommt täglich mit der Raumordnung in Berührung und verspürt ihre Auswirkungen, denn sie bestimmt das Gesicht der Gemeinden im ganzen Land. Noch konkretere Bekanntschaft mit der Raumordnung macht jeder Bauherr, gleichgültig ob er ein Einfamilienhaus errichtet oder eine Industriehalle.

Nunmehr wurden mit dem Ende Mai dieses Jahres von der Oö. Landesregierung einstimmig beschlos-

senen Landesraumordnungsprogramm die Weichen für die künftige räumliche Struktur unseres Bundeslandes gestellt. Oberösterreich ist damit nach der Steiermark das zweite Bundesland, das über ein derartiges

Landesraumordnungsprogramm verfügt.

Dieses Landesraumordnungsprogramm legt in Durchführung der im Raumordnungsgesetz (ROG) enthaltenen Grundsätze die allgemeinen Ziele und ~ die zu ihrer Verwirklichung erforderlichen Maßnahmen der Landesentwicklung sowie die räumliche Gliederung des Landesgebietes fest.. Die Festlegung fachspezifischer und auf Teilräume bezogener Ziele und Maßnahmen soll in einzelnen Raumordnungsprogrammen für Regional- und Sachbereiche erfolgen, für die das Landesraumordnungsprogramm die wesentlichste Grundlage sein wird.

Oberösterreich - so formuliert es der Text der Verordnung - soll dabei in seiner Gesamtheit und in seinen Teilräumen so entwickelt werden, „daß für seine Bewohner die freie Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft, die soziale Gerechtigkeit und die Chancengleichheit gesichert und nachhaltig gefördert werdenkann“. Als allgemeine Ziele werden darin im einzelnen angeführt:

• die Ansprüche des einzelnen sowie privater und öffentlicher Planungsträger aufeinander derart abzustimmen, daß dadurch die Freiheitsphäre des einzelnen gewahrt und zugleich die Belange der Allgemeinheit geschützt werden;

• die Schaffung der räumlichen und strukturellen Voraussetzungen für möglichst gleichwertige Lebensbedingungen in allen Landesteüen;

• die Erhaltung der ökologischen Grundvoraussetzungen gesunden menschlichen Lebens;

• die Erhaltung der Vielfalt und Schönheit der Landschaft als Grundlage ihres Erholungswertes;

• die Stärkung der Wirtschaftskraft des Landes und seiner Teilräume;

• die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden Erwerbsmöglichkeiten unter Berücksichtigung regionaler und beruflicher Mobilität;

• der Ausbau der Infrastruktur einschließlich des Verkehrsnetzes;

• die Schaffung bzw. Erhaltung und Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für die Belange der umfassenden Landesverteidigung und des Katastrophenschutzes.

Das Landesraumordnungsprogramm gliedert das Landesgebiet nach strukturellen Gesichtspunkten in „Verdichtungsgebiete“, „Ländlicher Raum“ und „Entwicklungsgebiete“ sowie nach räumlich-administrativen Gesichtspunkten in sogenannte „Planungsregionen“. Schließlich werden als wesentliche Elemente der räumlichen Struktur noch sogenannte „Zentrale Orte“ (Mittelpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens für bestimmte Gebiete) festgelegt.

Darüber hinaus sieht der durch das oö. ROG vorgesehene Stufenbau der Raumordnung die Erarbeitung von Raumordnungsprogrammen für verschiedene Sachbereiche und für Regionen vor.

Weitgehend parallel dazu werden die Arbeiten für den wohl schwierigsten Teil der überörtlichen Raumordnung geführt, und zwar zur Erstellung der Regionalprogramme für die im Landesraumordnungsprogramm vorgesehenen Planungsregionen. Dabei kann auf ein umfangreiches Forschungsmaterial über die Arbeitsmarkt- und demographische Entwicklung zurückgegriffen werden.

Diese Programme sollen als Instrument dazu dienen, dem Raumordnungsziel der Schaffung möglichst gleichwertiger Lebensbedingungen in Oberösterreich gerecht zu werden.

Graphische Darstellung des Landesraumordnungsprogrammes

NATUR- UND LANDSCHAFTSSCHUTZ

Entwurf für ein neues Gesetz

Von Landesrat Josef Schützenberger

Kurz nach meinem Amtsantritt als Landesnaturschutzreferent im Jahre 1975 wurde von mir der Auftrag erteilt, ein neues und modernes o.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz auszuarbeiten. Nunmehr ist diese umfangreiche und schwierige Arbeit abgeschlossen und der Weg frei zur Beratung und Beschlußfassung im Oberösterreichischen Landtag.

Das o.ö. Naturschutzgesetz 1964, das im wesentlichen auf den gesetzlichen Regelungen des Jahres 1956 basiert, ist seit dieser Zeit mit nur geringfügigen Änderungen in Geltung. In diesem Zeitraum hat sich nicht nur der Naturschutzgedanke in der Bevölkerung allgemein vertieft, sondern auch herausgestellt, daß die heimatliche Landschaft in allen ihren Lebens- und Erscheinungsformen eines umfassenden Schutzes bedarf, um dadurch auch in der Zukunft eine dem Menschen angemessene und besonders seiner Gesundheit und Erholung dienende Umwelt zu erhalten.

Auch wurde besonders in den vergangenen zehn Jahren mit aller Deutlichkeit erkannt, daß neben der Erhaltung des Landschaftsbildes als optischer Eindruck mehr als bisher die Erhaltung der ökologischen (biologischen) Zusammenhänge in der Natur in den Vordergrund gestellt werden müsse. Gesetzliche Regelungen zur Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichtes im Naturhaushalt sind daher unaufschiebbar geworden.

Ferner zwingen moderne gesetzliche Regelungen auf den Gebieten der Raumordnung, des Umweltschutzes und des Bauwesens zu einer Koordinierung der gesetzlichen Regelungen des Natur- und Landschaftsschutzes. Darüberhinaus ist es notwendig, insbesondere den Landschaftsschutz im Bereich der Gewässer auszudehnen, die Naturwache neu zu organisieren, sowie die Strafbestimmungen neu zu fassen. Schließlich ist es auf Grund der langjährigen Geltungdsauer des Gesetzes notwendig, für die Vollziehung in den Angelegenheiten des Natur- und Landschaftsschutzes eine klare Ausgangslage dadurch zu schaffen, daß durch eine gesetzliche Neuregelung Bewilligungen durch Zeitablauf erlöschen, wenn sie nicht ausgenützt werden.

Aus den angeführten Gründen wurde von einer Novellierung des o.ö. Naturschutzgesetzes 1964 Abstand genommen und ein neues oberösterreichisches Natur- und Landschaftsschutzgesetz ausgearbeitet.

Im Gesetzentwurf sind folgende wesentliche Neuregelungen enthalten:

1. Eine klare Zielsetzung. Das Gesetz hat zum Ziel, die heimatliche Natur und Landschaftin allen ihren Lebens- und Erscheinungsformen weitgehend zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch eine dem Menschen angemessene, besonders seiner Gesundheit und Erholung dienende Ordnung der Landschaft zu sichern.

2. Umfassende Bestimmungen über den allgemeinen Landschaftsschutz.

3. Verpflichtung des Landes zur Naturschutzplanung.

4. Einführung des Bewilligungssystems. Im Gesetz sind nunmehr die Vorhaben angeführt, die nur mit Bewilligung der Naturschutzbehörde ausgeführt werden dürfen.

5. Ausdehnung des besonderen Landschaftsschutzes im Bereich von Gewässern.

a) Bei allen Flüssen und Bächen wurde der geschützte Bereich von bisher 20 m auf nunmehr 50 m landeinwärts ausgedehnt; für Donau, Inn und Salzach beträgt der Geländestreifen 200 m;

b) durch Verordnung der Landesregierung kann ein geschützter Geländestreifen in einer Breite von 200 m landeinwärts auch für andere natürliche und künstliche stehende Gewässer und deren Ufer festgelegt werden, wenn.die Ufer überwiegend unbebaut sind und sich der zu schützende Bereich durch seine landschaftliche Schönheit oder den großen Erholungswert besonders auszeichnet.

6. Gesetzliche Möglichkeiten zur Schaffung von Landschaftsschutzgebieten, Naturparks und geschützten Landschaftsteilen.

7. Sonderbestimmungen für Werbeeinrichtungen.

8. Erlöschen von Bewilligungen.

9. Gesetzliche Vorschriften für

Landschaftspflegepläne und Bojenpläne.

10. Einführung einer Bewilligungspflicht für das Aussetzen oder Ansiedeln von land- oder gebietsfremden Tieren in der freien Natur.

11. Ausführliche Festlegung eines Anhörungsverfahrens zu Verordnungsentwürfen.

12. Klare Entschädigungsbestimmungen.

13. Gesetzliche Neuregelung über die Zusammensetzung des Landesbeirates für Natur- und Landschaftsschutz.

14. Schaffung einer „o.ö. Naturwacht“.

15. Wesentliche Verschärfung der Strafen. Um die Beachtung der Vorschriften des neuen Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Verordnungen ausreichend sicherzustellen, war es notwendig, für Übertretungen grundsätzlich eine höhere Strafandrohung festzulegen. Es sind Strafsätze bis zu S 30.000,-, bis zu S 100.000,-, bis zu S 500.000,-und bei erschwerenden Umständen bis zu S 1,5 Millionen vorgesehen; auch der Versuch ist strafbar.

16. Besondere administrative Verfügungen. Durch die vorgesehenen besonderen administrativen Verfügungen soll sichergestellt werden, daß gegen rechtskräftige Bescheide ausgeführte Vorhaben rasch beseitigt und Folgeschäden möglichst verhindert werden.

17. Die Naturschutzbehörden werden in Zukunft die Ausführung von rechtswidrigen Vorhaben sofort einstellen können.

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