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Carlo Pedretti, der in Los Angeles italienische Kunstgeschichte lehrt, ist ein renommierter Leonardo-Kenner. Sein herrlich illustriertes Buch über dessen Architektur bietet eine Fülle von Material zum besseren Verständnis des Architekturdenkers Leonardo.

Der Architekt Leonardo steht im Schatten des Malers, des Naturforschers, des Ingenieurs. Es besteht ein seltsamer Widerspruch zwischen dem geringen Umfang seiner Bautätigkeit und seinem Ansehen als Architekt. Wie stark er bei Bauten als Ratgeber herangezogen wurde, liegt im Dunkel.

Für den Architekten Leonardo gilt wohl dasselbe wie für den Wasserbauer und Maschinenkonstrukteur: Sein Wirken dürfte folgenreicher gewesen sein, als sich im einzelnen nachweisen läßt; er hat seinen Zeitgenossen den Blick für das grundsätzlich Mögliche geschärft.

Viele Entwürfe sprechen für sich, lassen frappierende Modernität erkennen. Um 1504 zeichnet Leonardo eine geduckte, runde Festung, die Forts des 19. oder frühen 20. Jahrhunderts ähnelt. In einem Entwurf für eine Brücke über das Goldene Horn (!) nimmt er im 20. Jahrhundet für den Beton entwickelte Konstruktionsprinzipien vorweg.

Leider fehlt bei Pedretti ein Hinweis auf den Istanbuler Archivfund der frühen fünfziger Jahre, aus dem hervorgeht, daß Leonardo tatsächlich dem Sultan Bajazit II. seine Dienste als Erbauer einer solchen Brücke ange- boten hat. Eine zugehörige Entwurfskizze tauchte bei der Wiederauffindung der verschollenen Madrider Leonardo-Handschriften wieder auf.

LEONARDO DA VINCI ARCHITEKT. Von Carlo Pedretti. („Die großen Baumeister der Welt“) Belser Verlag, Stuttgart. 346 Seiten, 544 Abbildungen, Ln., öS 1.524,60.

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