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Welch Abenteuer, Vater zu sein

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Ein Freund aus Uganda hat mir kürzlich erzählt, es sei ihm aufgefallen, daß sich die Männer hier in Europa viel mehr umihre Kinder kümmern, als dies bei ihm zuhause der Fall sei. Da gäbe es kaum Berührungspunkte zwischen Vätern und Kindern. Die ganze Erziehung läge in den Händen der Mütter und der älteren Geschwister.

Es stimmt: Neben der heute wachsenden Vaterlosigkeit gibt es eine Wiederentdeckung der Freuden, Vater zu sein. Männer schämen sich im allgemeinen nicht mehr, Kleinkinder zu füttern oder im Kinderwagen spazierenzuführen, kurz fürsorglich zu wirken.

Dadurch kann eine Nahebeziehung zwischen den Beteiligten wachsen, die für alle sehr bereitchernd ist. Wieviel hätte ich mir von meinen Kindern doch abschauen könnenl Wie spontan sind sie doch, wie fröhlich und unbeschwert - vor allem als sie noch kleiner waren -, und wie unverkrampft können sie ihre Gefühle zum Ausdruck bringen! Wenn ich im Vergleich dazu dann an mich denke, wie schwer es mir fällt, meine Gefühle auszudrucken.

Es stimmt, was Josef Duss- von Werdt sagt: Die Beziehung zwischen Vätern und Kindern ist keine Einbahnstraße. Da steht nicht auf der einen Seite der in seiner Persönlichkeit voll entwickelte Vater, der aus seiner Fülle Lebenswichtiges an seine Kinder weitergibt, und auf der anderen Seite das Kind mit leeren Händen.

Vater sein ist eine Herausforderung zum Lernen, zur Persönlichkeitsentfaltung. Und das aus naheliegenden Gründen:Es wird nämlich durch den Umgang mit Menschen, die in einer Phase rasanter Entwicklung begriffen sind, geprägt. Da ist Hellhörigkeit, Einfühlungsvermögen, Verständnisbereitschaft, Offenheit in einem Maß gefordert, das - seien wir ganz ehrlich - vielen von uns Männern eher abgeht.

Es stimmt schon, daß die große Aufgabe des Vaters vor allem in der Kindheit darin besteht, Wege zu weisen und Grenzen zu setzen, das heranwachsende Kind also mit der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Bestehens von Ordnung zu konfrontieren. Diese Art der Lenkung fällt uns ja im allgemeinen nicht allzu schwer. Aber welche Herausforderung stellt es dann dar, dem heranwachsenden Jugendlichen auch das recht verstandene Maß an Freiraum einzuräumen! Gebote nicht um ihrer selbst willen, um jeden Preis durchzudrücken, sondern auch die Freiheit zu einem Irrweg offenzulassen.

Hier erscheint mir, die wichtigste Aufgabe des Vaters zu liegen: Er weist Wege, auf denen Leben gelingen kann, sollte erfahrbar machen, daß diese Wege gangbar sind, muß seinem Kind aber auch die Freiheit lassen, eine andere Richtung einzuschlagen. Wie schwer ist das, aber wie lebenswichtig für das Kindt

Denn, wenn der Vater die Freiheit des Kindes höher achtet als seine eigene Wegweisung, bringt er die unbedingte Wertschätzung für dessen einmalige persönliche Würde zum Ausdruck: Du bist mir mehr wert als meine Lebensziele.

Und insofern kommt dem Vater auch eine Brückenfunktion zu: Er darf für seine Kinder zum Symbol Gottes, des liebenden, barmherzigen Vaters, von dem uns Jesus Christus ein so einprägsames Bild im Gleichnis von “Verlorenen Sohn“ gibt, werden. Sind nicht die Gottesvorstellungen unserer Zeit, die des drohenden, zürnenden Richters oder die des fernen, uninteressierten Generaldirektors der “Weltraum-GmbH“ eine Anfrage an den Umgang der Väter mit ihren Kindern?

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