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Welche Branchen wachsen werden

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Viele Faktoren sind dafür verantwortlich, wie viele Arbeitsplätze in einem Wirtschaftszweig bereitstehen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften in einer Branche wird nicht ausschließlich durch Effizienz, Automatisierung oder ähnliches in diesem Sektor bestimmt. Ebenso wichtig ist, ob der Wirtschaftsbereich selbst gegen ausländische Konkurrenten bestehen kann, ob seine Produkte durch andere vom Markt verdrängt werden, ob sie bei in- und ausländischen Nachfragern gut oder weniger gut ankommen.

Dem Betroffenen, aber auch vielen Wirtschaftsexperten und Politikern ist vor allem der erste-re Aspekt präsent. Sie konzentrieren sich auf die Bedingungen

in ihrem eigenen Wirtschaftszweig und verbeißen sich bisweilen ausschließlich in Probleme wie Arbeitszeit, Maschinenausstattung vmd die erreichbare Produktion je Beschäftigtem. Den treibenden Faktoren des Strukturwandels widmen sie hingegen wenig Aufmerksamkeit.

Nach einer Untersuchung’ ist aber der Strukturwandel ein wesentlicher Bestimmungsgrund der Beschäftigung. In einem Zeitraum von zwölf Jahren bewirkte allein die geänderte Zusammensetzung der Endnachfrage einen Verlust von nmd 100.000 Arbeitsplätzen in der Gesamtwirtschaft, geänderte Technologien einen weiteren Verlust in fast der gleichen Höhe. Für einzelne Wirtschaftsbereiche ist der Stellenwert struktureller Verschiebungen noch deutlich ausgeprägter.

Wie Berechnungen ergeben,“ wird auch in den nächsten Jahren mit starkem strukturellem Wandel in der österreichischen Wirtschaft zu rechnen sein. Die treibenden Kräfte hinter diesen Veränderungen werden vor allem der Außenhandel, die private Konsumnachfrage und technologische Umwälzungen sein.

Bis zur Jahrtausendwende wird etwa der Konsum vieler Grund-nahnmgsmittel bei steigendem Einkommen nur sehr imterdurch-schnittlich wachsen oder sogar zurückgehen, die Nachfrage nach einigen Kategorien dauerhafter Konsumgüter und nach einigen Dienstleistvmgen aber stark überdurchschnittlich ansteigen. In der Exporttätigkeit werden traditionell wichtige Gütergruppen wie etwa Holz und Sägewerksprodukte, Eisen und Stahl an Bedeutimg verlieren, andere Gütergruppen (wie etwa manche Erzeugnisse der Metallverarbeitung, der Chemie) aber einen höheren Anteil gewinnen.

Diese Verschiebimgen werden zusammen mit den zu erwturten-den technologischen Änderungen zu einem deutlich unterschiedlichen Entwicklungspfad der einzelnen Wirtschaftszweige führen. Neben Wirtschaftssektoren mit weitgehend stagnierender oder deutlich unterdurchschnittlicher Entwicklung (wie etwa Bergbau, Land- und Forstwirtschaft) stehen Branchen mit deutlich überdurchschnittlichen Wachstumsperspektiven. Dazu gehören zum Beispiel die Chemie, die Wohnungswirtschaft, Bereiche der Dienstleistungsbranchen (siehe

Kasten).

Die Kleinheit der österreichischen Volkswirtschaft bringt es mit sich, daß die Wachstumsperspektiven einiger Branchen, wie etwa der Bauwirtschaft, stark von der Realisierung beziehungsweise Nichtrealisierung von Großprojekten betroffen sind. Auch sind innerhalb der einzelnen Branchen immer wieder Teilbereiche zu finden, die eine vom Gesamtsektor sehr unterschiedliche Entwicklung nehmen.

Die kräftigen Änderungen ihi Branchenmuster, die bis zum Jahr 2000 zu erwarten sind, lassen noch allein keine direkte Aussage über die Beschäftigungsmöglichkeiten zu. Berücksichtigt man die unterschiedliche Produktivitätsentwicklung nach Sektoren, so wird auch in den kommenden Jahren mit steigender Beschäftigimg im Dienstleistungssektor insgesamt und einer rückläufigen beziehungsweise bestenfalls sta-

gnierenden Beschäftigung in der Sachgütererzeugung gerechnet werden müssen.

Aber auch innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige wird es zu einer deutlichen Verschiebung in der Beschäftigung kommen. Das vielzitierte Vordringen der „Dienstleistungsgesellschaft“ findet ja nur zu einem Teil in der steigenden Bedeutung des tertiären Sektors der Wirtschaft seinen Niederschlag. Ein keineswegs unwesentlicher Teil des Dienstleistungsangebots wird ja in der Sachgütererzeugung erbracht. Planungsleistungen, Einschulim-gen, Programmerstellimgen und ähnlicher Service sind aus Spar-

„Kontrolle, Vertrieb und Forschung gewinnen an Bedeutung“

ten wie der Elektroindustrie oder dem Maschinenbau längst nicht mehr wegzudenken. Der Anteil der Beschäftigten in solchen sehr arbeitsintensiven Tätigkeiten wird ebenso vordringen wie die Bedeutung von Kontrolle, Vertrieb und Forschung. Der Anteil der Beschäftigten in der aus-

schließlich materiellen Produktion wird weiter abnehmen.

Diese Verschiebungen in der Wirtschaftsstruktur und die Än-denmgen in der Beschäftigungsstruktur innerhalb der einzelnen Branchen stellen sicher eine große Herausforderimg an den Arbeitsmarkt dar. Gut ausgebildete und flexible Arbeitskräfte werden aber in den kommenden Jahren - nicht zuletzt wegen der sich wandelnden demographischen Rahmenbedingungen - wie bisher viele Chancen und Möglichkeiten vorfinden.

‘Jiri Skolka: Input-Output Anatomy of changes in Emplojrment Structure in Austria between 1964 and 1976, Empirica 2/1984.

Der Autor ist Referent in der Abteilung für Statistik und Dokumentation in der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft.

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