7007190-1987_46_17.jpg
Digital In Arbeit

Welche Zweitpension?

Werbung
Werbung
Werbung

Die fortschreitende Uberalterung der österreichischen Bevölkerung stellt die Einrichtungen der sozialen Sicherheit vor zunehmend schwierige Finanzierungsprobleme. In Osterreich steigt seit Jahren nicht nur die Anzahl der Pensionisten absolut und relativ (im Verhältnis zur jüngeren Generation), sondern die vielen alten Menschen beziehen auch immer länger ihre Pensionen. Die Situation wird sich nach der Jahrhundertwende erheblich verschärfen.

Warum als Lösung für die finanziellen Probleme der Altersversorgung immer häufiger die

Bildung einer privaten Zweitpension propagiert wird, liegt weniger im allgemeinen Privatisierungstrend als im völlig anderen System, welches die Assekuranz im Vergleich zur Sozialversicherung anwendet.

Die Vorteile des Umlageverfahrens, wie es seit rund 60 Jahren in der Sozialversicherung praktiziert wird, liegen darin, daß ohne Ansparzeiten sofort Pensionen ausbezahlt werden können (Erwerbstätige finanzieren mit ihren Beiträgen die Pensionen der nicht mehr Erwerbstätigen); weiters können inflationsbedingte Anpassungen leicht durchgeführt werden. Der Nachteil des Umlageverfahrens ist, daß sein Funktionieren davon abhängt, daß immer genügend Beitragszahler zur Finanzierung der Aufwendungen zur Verfügung stehen.

Genau dort liegen aber die Probleme der Zukunft. Höhere Lebenserwartung, geringere Geburtenraten und ein immer kleiner werdender Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung haben begonnen, das Gleichgewicht so empfindlich zu stören, daß das gesamte Umlageverfahren in Frage gestellt ist, wenn keine radikalen Änderungen auf der Leistungsseite der Pensionsversicherung erfolgen.

Beim Kapitaldeckungsverfahren (beziehungsweise An wart-Schaftsdeckungsverfahren), wie es die privaten Versicherungen verwenden, werden hingegen die eingezahlten Beiträge verzinslich angelegt und aus dem Kapitalstock die versprochenen Pensionen ausbezahlt. Dieses System funktioniert, egal wie viele Teilnehmer sich in Zukunft daran beteiligen, immer, da jede einzelne Pension durch die eingezahlten Beiträge und die Zinsen gedeckt ist. Allerdings benötigt man eine gewisse Ansparzeit.

Eine ausreichende Altersvorsorge wird künftig nur durch eine Kombination beider Prinzipien zu erwirken sein. Grundversorgung auf Grundlage des Umlageprinzips einerseits und eine Ergänzung auf den gewünschten Lebensstandard durch eine private Zweitpension nach dem Anwart-schaftsdeckungsprinzip (Kapitaldeckung) andererseits.

Diese Lösung wird auch von leitenden Sozialversicherungsfunktionären für gut erachtet. So stellte der Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Peter Pliem, kürzlich fest: „Es wird auch in Zukunft zwischen den Generationen umverteilt werden müssen. Aber es wird auch in verstärktem Maße angespart werden müssen. Meiner persönlichen Meinung nach wird die Sozialversicherungspension in etwa 20 Jahren nur mehr die Grundversorgung abdecken.“

Auf dem Markt wird derzeit eine ebenso große wie verwirrende

Anzahl von privaten Zweitpensi-onsmodellen angeboten; und zwar nicht nur von Versicherungsunternehmen, sondern auch von Banken. Welche Art von Zweitpension für den einzelnen am besten ist, hängt nicht allein von der Beschaffenheit des „Produktes“ ab, sondern auch von den persönlichen Verhältnissen des zu Versichernden (Lebensalter, Geschlecht, mit Familie oder ohne und so weiter).

Aus diesem Grund kann nicht oft genug eine eingehende Beratung empfohlen werden; die „maßgeschneiderte“ Eigenvorsorge ist gerade bei der Zweitpension von größter Bedeutung.

Worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen privaten Zusatzpensionen, die Banken anbieten, und jenen von Versicherungen? Hier gibt es mehrere Möglichkeiten.

1. (Fast) kein Unterschied besteht, wenn die Bank mit einer Versicherung kooperiert (oder an ihr beteiligt ist). In diesem Fall werden an Bankschaltern Zweitpensionen einer ganz bestimmten Versicherungsgesellschaft verkauft. Allerdings läßt der Bankbetrieb oft keine eingehende und persönliche Beratung zu, weshalb gerne genormte „Pensionspakete“ angeboten werden. In einigen Bankinstituten gibt es jedoch seit einiger Zeit spezielle Pensionsbe-ratungskojen für Interessenten.

2. Ein größerer Unterschied zu den Zweitpensionen der Assekuranz besteht, wenn Banken eigene Produkte anbieten. Da Banken nicht der Versicherungsaufsicht des Finanzministeriums unterliegen, dürfen sie keine wahrscheinlichkeitsmathematisch (mit Sterbetafeln) eruierten lebenslänglichen Zusatzpensionen anbieten. Das heißt, es kann in Banken zwar in Monats-, Quartals- oder (Halb-)-

Jahresraten angespart werden, wenn jedoch die Ansparzeit beendet ist, gibt es für den Zusatzpensionsbezieher nur zwei Varianten des sogenannten Entsparens: Entweder er behebt das gesamte angesparte Kapital samt Zinsen, oder er läßt es sich in Raten auszahlen.

So kann sich zum Beispiel ein sechzigjähriger Kunde entschließen, ein angespartes Kapital von rund 700.000 Schilling (inklusive Zinsen) sich durch 20 Jahre hindurch als „Zweitpension“ mit mo-

natlich rund 4.000 Schilling ausbezahlen zu lassen. Bis zum 80. Lebensjahr wäre kaum (weder vor der Pensionshöhe her noch vor der Art der Auszahlung) ein Unterschied zu einer Zweitpensior einer Lebensversicherungsgesellschaft (LV) festzustellen.

Das ändert sich schlagartig, wenn dem Pensionisten ein langes Leben von beispielsweise 87 Jahren beschieden ist. Während die Zweitpension der Bank keinerlei Leistung mehr erbringen muß, läuft die LV-Zweitpension bis zum Lebensende weiter.

Nun könnte man einwenden, daß ja mit der Bank auch eine Vereinbarung über eine Pensionszahlung bis zum 90. Lebensjahr erfolgen könnte. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß dadurch der monatliche Pensionsbezug empfindlich verkleinert würde, da ja nun die 700.000 Schilling plus Zinsen auf 30 Jahre statt auf 20 Jahre aufgeteilt werden müßten.

Die LV muß ihre Pensionshöhe nach einem wahrscheinlichkeitsmathematisch zu erwartenden Lebensalter kalkulieren. Wenn dieses zum Beispiel bei 75 Jahren liegt, muß sie gleich hohe Pensionen auszahlen, selbst wenn der Senior seinen 100. Geburtstag erlebt. Übrigens werden die meisten LV-Zusatzpensionen jährlich um einen gewissen Prozentsatz angehoben, damit dem Kunden der Realwert seiner Zweitpension einigermaßen erhalten bleibt.

3. Das Berufsunfähigkeitsrisiko: Was hilft die schönste Verzinsung, wenn der Käufer einer privaten Zweitpension schon nach Einzahlung weniger Monatsraten unfall- oder krankheitsbedingt berufsunfähig wird. Meist läßt die staatliche Invaliditätsrente oder Frühpension kein weiteres

Ansparen der Zweitpension mehr zu. Nicht selten ist die Rente des Berufsunfähigen so gering, daß sie mit einer Ausgleichszulage auf die Höhe der Mindestpension angehoben werden muß.

Für diesen Fall bieten die Lebensversicherer — gegen einen geringen Prämienaufschlag — die sogenannte Berufsunfähigkeits-zusatzversicherung (BUZ) an. Wird der Versicherungsnehmer während der Prämienzahlungsdauer und vor Vollendung des 60. Lebensjahres (bei Frauen vor Vollendung des 55. Lebensjahres) berufsunfähig, so entfällt die Verpflichtung zur Prämienzahlung für die Hauptversicherung (= private Zweitpension). Trotzdem wird die Zweitpension nach Erreichung des Pensionsalters in voller Höhe ausbezahlt.

Der Versicherungsnehmer kann bei Abschluß der BUZ sogar beantragen, daß ihm auf die Dauer der Prämienfreiheit eine BUZ-Rente ausbezahlt wird.

4. Die Hinterbliebenenvorsorge kann durch Zusatzvereinbarungen mit LV-Unternehmen in unterschiedlicher Weise geregelt werden. Da dieser Punkt nicht zum Kernthema privater Zweitpensionen gehört, werden die Varianten im folgenden nur stichwortartig angeführt.

• Tod des Versicherten vor Pensionsantritt: Entweder werden nur die eingezahlten Prämien plus Gewinnbeteiligung an die Hinterbliebenen ausbezahlt oder aber eine fix vereinbarte Versicherungssumme.

• Tod des Versicherten kurz nach Beginn der Zweitpensionsau szah-lung: Weiterzahlung einer Garantierente an die Hinterbliebenen oder eines bestimmten vereinbarten Ablösekapitals.

Der Autor ist Lektor für Geschichte des Versicherungswesens an der Universität Wien und für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Wiener Wirtschaftsuniversität

.rf.fif, r\.lftw *BOrtq*5jri AftiV

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung