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„Welt der Maya" zieht nicht mehr vorbei

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Auch wenn Wien nicht einmal nach Fertigstellung des Museumsquartiers genügend Raum und Geld für viele eigene und sämtliche internationale Wanderausste-lungen haben wird: Alle Hoffnung muß man nicht mehr fahren lassen. Besser als in den letzten Jahrzehnten ist es schon geworden, seit das Management- und Organisationstalent Wilfried Seipel dem Kunsthistorischen Museum als Generaldirektor vorsteht. Und es wird noch besser werden.

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Auch wenn Wien nicht einmal nach Fertigstellung des Museumsquartiers genügend Raum und Geld für viele eigene und sämtliche internationale Wanderausste-lungen haben wird: Alle Hoffnung muß man nicht mehr fahren lassen. Besser als in den letzten Jahrzehnten ist es schon geworden, seit das Management- und Organisationstalent Wilfried Seipel dem Kunsthistorischen Museum als Generaldirektor vorsteht. Und es wird noch besser werden.

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Der bei seiner Bestellung in das Haus am Ring zumal vom sozialdemokratischen Lager mit kleinkarierten Methoden bekämpfte Ägyptologe bringt ab Herbst einen weiteren Beitrag zu den Hundertjahr-Feiern des Kunsthistorischen Museums. Für die Zeit vom 25. Jänner bis Juni 1993 holt er die um einige Exponate aus Mexiko erweiterte Austeilung „Die Welt der Maya" ins Wiener Künstlerhaus. Die vom Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim zusammengestellte Schau wird von Wien in sieben weitere europäische Städte und nach Übersee ziehen.

Neueste Maya-Forschung

Die zur Zeit in Hildesheim mit Lobeshymnen überschüttete Exposition über „Die Welt der Maya" vereint 300 Leihgaben aus den Nachfolgestaaten der alten Maya-Region Belize, El Salvador, Guatemala, Honduras und Mexiko sowie aus international renommierten Museen, allen voran dem British Museum in London. Sie umfaßt Kuriosa und Klassiker, von denen so manches Exemplar in seiner künstlerischen Vollendung den besten Denkmälern Ägyptens oder Mesopotamiens an die Seite gestellt werden kann. Besonders gut vertreten ist die Monumentalarchitektur und -plastik aus der Maya-Stadt Copan, wo erst kürzlich fünf bemalte Figurengefäße dieses nach wie vor rätselhaften Volkes aus vorkolumbianischer Epoche geborgen wurden. Von zweien hat sich Honduras für die Ausstellung vorüberge-

hend getrennt. In die Ausstellung eingebracht worden sind auch die Ergebnisse der Maya-Forschung der vergangenen zehn Jahre, in denen man bei der Entzifferung der Hieroglyphen große Fortschritte erzielt hat.

Daran anschließend ist eine Präsentation der im Kiewer Historischen Museum und der Schatzkammer des Kiewer Höhlenklosters aufbewahrten skythischen und frühgeschichtlichen Funde im Künstlerhaus vorgesehen. Da die in der ukrainischen Hauptstadt aufbewahrten Goldschätze von gleich hervorragender Qualität sind wie das 1988/89 gezeigte „Gold der Skythen" aus der St. Petersburger Eremitage, ist ihnen ein großes Publikumsinteresse sicher.

Im Kunsthistorischen Museum selbst wird als Abschluß der schon von Seipels Vorgänger Hermann Fil-litz eingeleiteten Renovierungsarbei-

ten der Gemäldegalerie in der am 2. April 1992 wiedereröffneten flämischen Abteilung die Schau „Von Bruegel bis Ruebens. Das goldene Jahrhundert der flämischen Malerei" zu sehen sein. Daß die vom September bis November 1992 in Köln präsente und später nach Antwerpen übersiedelnde Exposition hier bereichert wird durch die gesamten im Besitz des Kunsthistorischen Museums befindlichen Werke Pieter t Bruegels, versteht sich von selbst.

Funde von Vergina

, Für 1994 ist dann unter Mitwirkung des Pariser Louvre und des Museums von Toronto eine Ausstellung über die Ägyptomanie in der europäischen Kunst und Mode in Planung. Nicht zuletzt soll dann ein Versäumnis nachgeholt werden, nämlich die Präsentation der nach einer Reise um die halbe

Welt bereits in das Archäologische Museum von Thessaloniki zurückgekehrten und extra für das Künstlerhaus wieder entlassenen „Schatzfunde von Vergina". Diese hatten zur Grabausstattung Philipps von Makedonien, des Vaters von Alexander dem Großen, gehört und wurden im Jahr 1977 von dem Archäologen Manolis Andronikus entdeckt.

Tapisserien-Schau

„Die Schatzfunde aus Vergina", die Plastiken, Münzen, Waffen und Mosaiken sowie der Goldschmuck gehören zum Schönsten, das uns die Antike hinterlassen hat. Aber auch die Silbergefäße für den Wein sprechen vom hohen Niveau griechischer Metallverarbeitung. Hinzu kommt die Einmaligkeit vieler Objekte wie die erste erhalten gebliebene Fackel und eine komplette Waffenausrüstung. Hervorgehoben seien kleine Elfenbeinköpfchen. Eines ist ein Porträt des jungen Alexander, ein zweites stellt eine reife Frau dar und könnte Olympia, die Mutter Alexanders, gewesen sein. Das interessanteste zeigt einen reifen, bärtigen Mann, höchstwahrscheinlich den um 336 v.Chr. ermordeten Philipp. Der goldene Kranz aus Eichenlaub und Eicheln, der auf den Knochen des Toten gefunden worden ist, wird als eindrucksvollster antiker Kranz gewertet.

Zum Abschluß der Jubiläumsfeierlichkeiten des Kunsthistorischen wird vom 20. Oktober 1992 bis 10. Jänner 1993 ein zehnteiliger Tapisserienzyklus über den portugiesischen Seefahrer Jao de Castro gezeigt, über die

Bestellung einer hohen Persönlichkeit um 1550/60 in Brüssel reich mit Silber-und Goldfäden gewebt, verherrlichen die Tapisserien die Kämpfe Castros im indischen Goa und Diu. Den Mittelpunkt der Serie, die zum alten habsburgischen Besitz gehört hat, bildet der Triumphzug, den sich der portugiesische Eroberer in Goa im Stil der römischen Imperatoren selbst inszenierte. Portugal leiht Österreich für die Dauer der Ausstellung einige Handschriften und Waffen aus dem 16. Jahrhundert. Die überaus lichtempfindlichen, bestens erhaltenen Tapisserien waren zuletzt in den sechziger Jahren in der Neuen Hofburg zu sehen.

Nicht nach Wien kommen von den im Moment am meisten akklamierten Wanderausstellungen die in Berlin stationierte Schau über die „Wikinger", die ersten Entdecker Amerikas. Zumal die Werke der genialen Kunstschmiede und Bildschnitzer beweisen, daß die sagenhaften Nordmänner mehr als nur Seefahrer von Rang, gefürchtete Räuber und furchtlose Eroberer waren, die in Apulien und Sizilien neue Staaten gebildet und das Kiewer Reich in Rußland gegründet haben.

Und ebenso vorenthalten bleibt Wien die nach Paris und Rom entsandte Schau über die im achten Jahrhundert v. Chr. in Italien aufgetauchten Etrusker. Dieses versunkene Volk schuf bekanntlich eine blühende Kultur sowie ein mächtiges Staatsgebilde von weitreichendem Einfluß und wetteiferte mit Griechenland und Karthago um die Herrschaft auf dem Mittelmeer.

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