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Weltgemeinschaft gegen den Irak

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Wenige Stunden nachdem am frühen Morgen des 2. August 1990 irakische Truppen die Grenzen nach Kuweit überschritten und begonnen hatten, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen, tagte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. In der Resolution 660 vom 2. August 1990 forderte er den Irak auf, seine Truppen aus Kuweit sofort und bedingungslos zurückzuziehen.

Nach der Weigerung des Irak, diese Forderung der Weltgemein-

schaft zu erfüllen, erfolgte das umfassende. Wirtschafts-, Handels-Finanz- und Waffenembargo seitens des Sicherheitsrates am 6. August: Diese Resolution (661) wurde mit 13 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen (Jemen und Kuba) angenommen. Erste westliche Geiseln werden nach Bagdad geschafft, Saddam Hussein bezeichnet sie als „Gäste". Ab 17. August hält der Irak ganz offen westliche Ausländer als „menschliche Schilder", deportiert viele an strategisch wichtige Punkte.

Am 18. August ging es in einer weiteren Entschließung (664) um die sofortige Ausreise aller Ausländer aus dem Irak und aus Kuweit: Einstimmig verlangte der Sicherheitsrat vom Irak, die Ausreise der Ausländer „zuzulassen und zufördern". UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar entsandte hochrangige Vertreter nach Bagdad, um über dieses Thema zu verhandeln. Am 6. September gibt de Cuellar bekannt, daß 106 Länder aktive Maßnahmen zur Durchführung der Sanktionen gegen den Irak ergriffen haben. Eine Flüchtlingswelle rollt von Irak und Kuweit aus über Jordanien und Saudi-Arabien. Die Resolution 665 ruft UNO-Mit-gliedstaaten dazu auf, Schiffe aufzuhalten, die aus dem Irak oder aus Kuweit kommen oder dorthin wollen. Saddam ruft via Fernsehen die arabische Welt zum „Heiligen Krieg" auf. Die Wirtschaftsblockade zeigt erste Ergebnisse: Die Lebensmittel im Irak werden knapp.

Gemeinsam mit Präsident Michail Gorbatschow betont US-Präsident George Bush beim kurzfristig einberufenen Gipfeltreffen am 8. und 9. September in Helsinki, daß die UNO-Resolution voll zu erfüllen sei und der Irak sich aus Kuweit zurückziehen müsse und

dort das System wieder einzuführen sei, das vor dem 2. August bestanden hat.

In der Resolution 667 vom 16. September verurteilt der Sicherheitsrat den Irak wegen seiner Übergriffe auf diplomatische Vertretungen im besetzten Kuweit und droht weitergehende Maßnahmen an. Kuweit klagt in einem Brief an de Cuellar über „wüste inhumane Aktionen" irakischer Besatzungstruppen gegen unschuldige Zivili-, sten in Kuweit.

Am 25. September wird ein Luftembargo gegen den Irak und Kuweit verhängt (Resolution 670): Ausgenommen sind Nahrungsmittel und Arzneimittel für humanitäre Zwecke. Im Oktober läßt der Irak einige Geiseln frei. Am 18. Oktober werden am Jerusalemer Tempelberg 21 Palästinenser erschossen. Die UNO verurteilt Israel in drei Resolutionen. Saddam versucht, das Kuweit- mit dem Palästinenserproblem zu verknüpfen.

Geiselnahmen sowie Mißhandlungen und Unterdrückung von Kuweitis und anderen Staatsangehörigen einzustellen, ist Inhalt der Resolution 674 vom 29. Oktober. Der Irak wird für alle bisher entstandenen Schäden, Verluste und Verletzungen ausländischer Geiseln und Firmen durch die Invasion Kuweits haftbar gemacht. Mittlerweile wurden den betroffenen Regierungen seitens des Irak Hotelrechnungen übermittelt, die auch bezahlt wurden; Iraqi Airways gab

bekannt, 126 Millionen Schilling an der Ausländer-Evakuierung verdient zu haben.

In einer Rede vor dem Obersten Sowjet am 26. November warnt Gorbatschow Saddam, daß seine Aggression gegen Kuweit bestraft werde.

Der Sicherheitsrat stemmt sich auch gegen die Versuche des Irak, die demographische Zusammensetzung der kuweitischen Bevölkerung zu verändern. In der Resolution 677 vom 28. November wird der Irak deswegen verurteilt. Perez de Cuellar übernimmt eine Kopie des Bevölkerungsregisters von Kuweit mit Stand 1. August 1990, dessen Authentizität von der rechtmäßigen kuweitischen Regierung bezeugt ist.

Den Einsatz „aller notwendigen Mittel", um die Resolution 660 und alle folgenden Resolutionen in Zusammenhang mit der Golfkrise durchzuführen, gestattet der Sicherheitsrat schließlich am 29. November 1990 in der Entschließung 678, falls sich der Irak nicht bis 15. Jänner aus Kuweit zurückzieht. Perez de Cuellar gab sich nach der Abstimmung zweckoptimistisch: noch stünden mindestens 45 Tage „für ernsthafte Bemühungen um eine friedliche Lösung der Krise" zur Verfügung. Am 6. Dezember hat Saddam die Freilassung aller Geiseln im irakischen Herrschaftsbereich angekündigt und das auch wahr gemacht. Seit Mitte Dezember gibt es hektische diplomatische Aktivitäten, um die USA und den Irak doch noch zu Direktgesprächen an einen Tisch zu bringen. Außenminister James Baker und sein irakischer Kollege Tarik Aziz trafen einander am Mittwoch, 9. Jänner, in Genf.

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