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Wenig Konkretes bei den Grünen
„Mensch, so sag doch endlich auch mal etwas Konkretes ..." Gelächter im vielköpfigen Plenum brandet auf. Doch der solchermaßen irritierte Redner plagt sich mit seinen Ausführungen schließlich doch weiter.
Szene aus dem „Alternativen Parteitag" der „Grünen Partei Deutschlands", der vor kurzem am Bodensee stattfand und bei dem Grüne aus allen Teilen Westdeutschlands die letzten ideologischen Direktiven vor dem entscheidenden Wahlsonntag erhielten.
„Etwas Konkretes" wünschen sich indes nicht nur die grünen Wahlkämpfer selbst. Auch die Wähler vermissen „Konkretes" bei der jüngsten Partei Deutschlands. Schon gar versuchen die Konkurrenten der Grünen, die etablierten Parteien, immer wieder aufzuzeigen, wie diffus, wie unklar und widersprüchlich die „grüne Politik" doch sei.
Kein Wunder: SPD, CDU/CSU und FDP fürchten um Wählerstimmen, die ihnen von den politischen Neulingen weggeschnappt werden könnten. Und bei einigen wichtigen Landtagswahlen, so in Baden-Württemberg, ist dies ja auch schon passiert.
Zwei Monate vor dem 5. Oktober war das Wahlprogramm und die Wahlkampfmannschaft der Grünen noch nicht eindeutig festgestanden. Schließlich sah man die Grünen auch schon wieder „verwelken", als die braune Vergangenheit eines der führenden Köpfe der Grünen ans Tageslicht kam und die „Öko-Prominenz", Herbert Gruhl (ehemals CDU) und Baidur Springmann, ihre Parteizugehörigkeit aufkündigte. Spaltungen und weltanschauliche Kontroversen zwischen Mitgliedern mit linkem und konservativem Hintergrund ließen Außenstehende die Zukunft der ökologisch orientierten Partei endgültig schwarz sehen.
Bislang haben sich drei politische Schwerpunkte bei den Grünen herauskristallisiert:
• nbsp;Abkehr von jener Art des zivilisatorischen Fortschritts, dessen g~anze Philosophie im angeblich unbegrenzt zu steigernden Wachstum der materiellen Güterfülle besteht;
• nbsp;konsequenter Schutz des Lebens;
• nbsp;Umstellung von produktions- auf bedarfsorientierte Wirtschaft, Sicherung der Arbeitsplätze und Garantie einer menschenwürdigen Umgebung und Behandlung während der Arbeit.
Großes Gewicht legen die Grünen außerdem auf die Rückkehr zur ursprünglichen Auslegung der parlamentarischen Arbeit. Nach Ansicht der Grünen müßte der Öffentlichkeitscharakter des parlamentarischen Geschehens noch viel mehr betont werden, als dies derzeit geschieht.
So schön das alles klingt - eine klare politische Linie ist bei den Grünen höchstens in Ansätzen erkennbar, zumal sich zu viele unterschiedliche ideologische Grüppchen in den Reihen dieser Partei tummeln. Dennoch ist es gewiß verfrüht, schon jetzt einen Abge-sang auf die Grünen anstimmen zu wollen, schließlich steckt diese Bewegung ja gewissermaßen noch immer in den Kinderschuhen.
Ob sich die Grünen allerdings in Form einer Mitgliederpartei halten können, oder ob eine neue Form des Zusammenschlusses grüner Gruppen gefunden werden muß, wird schon jetzt überlegt. Und gewiß ist für die Zukunft der Grünen von großer Bedeutung, was. der 5. Oktober bringen wird.
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