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WENN 80 PROZENT DER SCHÜLER AUSLÄNDER SIND...

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Die jüngste Diskussion um die Kontingentierung von Lehrerstunden bewies, daß sich heute auch das öffentliche Schulwesen schwertut, finanziell über die Runden zu kommen. Privatschulen mußten immer schon genau rechnen und von den Eltern Schulgeld verlangen. Der Staat zahlt zwar in vielen (aber nicht in allen) Fällen die Lehrergehälter, sonstige Subventionen (etwa für Schulversuche, die eine Betreuung der Kinder am Nachmittag beinhalten) decken aber bestenfalls einen Teil der übrigen anfallenden Kosten.

Vor allem die Waldorfschulen als nicht-konfessionelle Privatschulen fühlen sich derzeit etwas benachteiligt. Sie legten kürzlich eine Statistik über das Schuljahr 1991/92 vor. Damals betrugen an Österreichs Waldorfschulen die Kosten pro Schüler und Jahr im Durchschnitt 28.166 Schilling, von denen 20.907 Schilling durch Elternbeiträge hereinkamen. Einerseits betonen diese Schulen ihre Sparsamkeit: Die Personalkosten pro Schüler und Jahr beliefen sich auf nur 22.574 Schilling, während sie an Österreichs öffentlichen Schulen zwischen 36.200 Schilling (Pflichtschulen) und 59.500 Schilling (AHS-Bereich) lagen. Auf der anderen Seite steht fest, daß weder die Ausbildung noch die - meist sehr bescheidenen -Gehälter der Lehrer an Waldorfschulen mit den Verhältnissen im öffentlichen Schulwesen vergleichbar sind. Die Waldorfschulen verlangen daher Reformen, nämlich entweder mehr Subventionen vom Staat, steuerliche Absetzbarkeit von Schulgeldern oder die Einführung von B ildungsgutschei-nen.

Liegen die Kosten für die Eltern an Waldorfschulen pro Monat also bei etwa 1.500 bis 2.000 Schilling, so nennt Wilhelm Mayer von der Abteilung Privatschulen im Schulamt der Erzdiözese Wien für den Bereich der katholischen Schulen folgende durchschnittliche Beträge: Schulgeld 1.000 bis 1.100 Schilling, Halbinternat zusätzlich etwa 1.500 Schilling, Vollinternat zusätzlich etwa 2.000 Schilling.

Am oberen Ende dieser Skala liegt sicher das renommierte Kollegium Kalksburg (450 Schülerinnen und Schüler). Dort werden zehnmal pro Jahr 1.890 Schilling Schulgeld, für das - in der Oberstufe nur mehr von etwa 20 Prozent besuchte - Tagesinternat 3.300 Schilling eingehoben, das Vollinternat läuft aus.

Das Stiftsgymnasium St. Paul im Lavanttal (640 Schülerinnen und Schüler in 25 Klassen) - es hat sich (wie übrigens auch das Stiftsgymnasium Melk) dazu bereit erklärt, alle Schüler der Umgebung aufzunehmen, weshalb in dieser Region keine öffentliche AHS-Langform errichtet wurde - verlangt laut Direktor Rudolf Leitner „von allen Privatgymnasien am wenigsten Schulgeld": 2.100 Schilling pro Semester, hinzu kommen 1.400 Schilling pro Monat für das Tagesheim (das nur Schüler bis zur dritten Klasse aufnimmt). Das ist nur möglich, weil das Stift aus den Erträgen seiner Forstwirtschaft Zuschüsse leistet. Internat gibt es in St. Paul schon seit 1978 keines mehr.

Keine rückläufige, sondern eine konstante Nachfrage nach dem Internat (vielleicht auch, weil dieses Angebot an den katholischen Schulen verschwindet) registriert Gottfried Wallner, Verwaltungsdirektor am Wiener Theresia-num (551 Schülerinnen und Schüler, davon 73 vollintern, 453 halbintern, 25 extern). Dort wird das Internat sogar um eine Mädchenabteilung erweitert. Die The-resianum-Tarife betragen zehnmal im Jahr: Externe 1.500 Schilling, Halbinterne 4.040 Schilling, Vollinteme 5.400 Schilling.

Tief in die Tasche greifen muß man für den Besuch einzelner fremdsprachiger Schulen. Am Wiener Lycee Francais (1800 Schülerinnen und Schüler), das nicht frankophone Kinder nur aufnimmt, wenn sie dort auch den Kindergarten oder zumindest die Vorschule besucht haben, beträgt das Schulgeld pro Jahr zwischen 33.000 und 37.000 Schilling. An der Vienna International School (1300 Schülerinnen und Schüler aus 80 Nationen) fallen je nach Schulstufe monatliche Kosten bis zu 10.100 Schilling an, dabei kann diese Schule bei weitem nicht alle Bewerber aufnehmen. Österreicher sind an dieser Schule für Diplomatenkinder (sie bleiben im Durchschnitt nur vier Jahre lang an einer solchen Schule und wechseln dann an eine vergleichbare Schule in einem anderen Land) kaum vertreten.

Muß man also einerseits viel Geld zahlen, um eine fremdsprachige Schule mit ausländischen Kindern besuchen zu können, gilt auf der anderen Seite die Privatschule manchmal als „Ausweg", wenn in der nächsten öffentlichen Schule zu viele Ausländerkinder unterrichtet werden. Denn das Schulgeld stellt natürlich eine gewisse Barriere für Familien aus ärmeren Ländern dar.

Zahlen sprechen hier eine deutliche Sprache: Der Ausländeranteil in Wiens öffentlichen Pflichtschulen beträgt im heurigen Schuljahr 30,4 Prozent, in Wiens Privatschulen nur 7,6 Prozent. Während es in Wien öffentliche Pflichtschulen mit Aus-länderanteijen von rund 80 Prozent gibt, liegt der Spitzenwert unter den katholischen Privatschulen bei 17 Prozent.

Man habe sich dazu bereit erklärt, mehr Ausländer aufzunehmen, erklärt Wilhelm Mayer vom Erzbischöflichen Schulamt, aber der Stadtschulrat habe dieses Angebot nicht aufgegriffen. „Mit leichtem Bauchweh", sagt Rektor P. Reinhold Ettel, hat man im als elitär geltenden Kollegium Kalksburg 16 jugendliche Asylwerber aus dem Kosovo und Albanien für einen von Innenministerium und Landesarbeitsamt Niederösterreich unterstützten Vier-Monate-Deutschkurs aufgenommen, „aber es ist großartig gegangen". Die 17- bis 18jährigen Burschen (es gibt 900 jugendliche Asyl-werberohne Verwandte in Österreich) sollen zu etlichen der Kalksburger Schüler und deren Familien guten Kontakt gefunden haben.

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