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Wenn Daten Ware werden
In einer Marktwirtschaft wird alles, was Wert hat, als Ware gehandelt. Zunehmend wertvoll wird fürviele Gruppen, Zugang zu aktuellen Informationen zu haben.
In einer Marktwirtschaft wird alles, was Wert hat, als Ware gehandelt. Zunehmend wertvoll wird fürviele Gruppen, Zugang zu aktuellen Informationen zu haben.
Vielfach wird behauptet, daß die „Informatisierung der Gesellschaft“ durch die neuen Informationstechnologien verursacht wird. Diese Behauptung ist meines Erachtens falsch.
Nicht so sehr das Angebot neuer Technologien ist die Ursache für die Informatisierung, sondern einige markante gesellschaftüche Prozesse der letzten Jahrzehnte: # Internationalisierung: Um z. B. konkurrenzfähige Exportaktivitäten entfalten zu können, müssen Wirtschafts-, Technik- und Marktdaten international erfaßt, aktualisiert und verfügbar gehalten werden.
# Interdependenz von Fachbereichen: Informationsmanagement wird zu einem Erfolgskriterium — nicht nur im wissenschaftlichen Bereich;
# Publikationsflut: Das Daten-und Informationsangebot verdoppelt sich alle fünf Jahre;
# Zunahme der informationsverarbeitenden Berufe: Nach Untersuchungen der OECD hat der Anteil dieser Berufe an der Ge-samtbeschäftigtenzahl in den letzten Jahren eine gewaltige Zunahme erfahren (derzeit um 40 Prozent).
All diese Prozesse haben folgende Kausalkette bewirkt:
# Wachstum der Daten- und Informationsmenge;
# Bedarf an Hilfsmitteln, um diese Informationsexplosion zu bewältigen;
# zunehmendes Angebot an Methoden und Techniken automati-onsunterstützender Informationsverarbeitung;
# Beschleunigung der Informationsproduktion. Das Angebot an Techniken hat dazu beigetragen, ungehemmt Information zu produzieren und distribuieren.
Es ist also leicht ersichtlich, daß in allen Bereichen menschlichen Agierens - Wirtschaft, Wissenschaft und Technik, öffentliche Verwaltung — qualifizierte Information einen besonderen Wert darstellt. Denn die Selektion vom amorphen Informationsangebot bis zur qualifizierten Information ist zeit- und kostenaufwendig. Qualifizierte Information hat also Wert.
Von dieser Information als Wert zur Information als Ware ist es dann nur mehr ein kurzer Schritt. Marktwirtschaftlichen Strukturen ist immanent, daß alles, was Wert hat, auch als Ware gehandelt wird.
Neben dem betriebswirtschaftlichen Nutzen des Gebrauchs von Informationswäre (gezielter und rascher Zugriff und damit höhere Wirtschaftlichkeit, bessere Entscheidungsgrundlagen, Wettbewerbsvorteile etc.) sind auch einige übergeordnete Gesichtspunkte zu sehen. Die grundsätzlich positive Beurteilung der marktwirtschaftlichen Dynamik als Motor der Informationsware schließt nicht aus, daß durch gesetzlich oder sonstige gemeinwohlorientierte Normierung allfälligen Gefahren möglichst vorbeugend begegnet werden muß.
Informationsware zieht einen Rationalisierungseffekt nach sich. Insbesondere Zulieferarbeiten (z. B. der Bedienstete, der für ein großes Unternehmen täglich zum Handelsgericht zwecks Einholung von Handelsregisterauskünften pügert) oder Archivierungsarbeiten werden entfallen. Wo bisher in mehreren Unternehmen gleichzeitig recherchiert und archiviert wurde, wird in Hinkunft der Informationsanbieter allein diese Funktionen ausüben.
Solange Informationsanbieter aus kommerziellen Motiven agieren, ist die Gefahr einer bewußten Einschränkung des Nutzerkreises auf „genehme“ Perso-nen(kreise) irrelevant, da ja das Interesse in einer möglichst breiten Nutzung liegt. Problematischer wird es, wenn die öffentliche Hand als Betreiber von Informationsware auftritt. Nur allzu leicht können Informationsmonopole entstehen und aufgrund selektiver Zugangsbestimmungen zu beachtlichen, machtpolitischen Steuerungsinstrumenten werden.
Es sollten daher alle Datenbanken der öffentlichen Verwaltung zur allgemeinen Abfrage bei Kostenbeteiligung durch jeden Staatsbürger geöffnet werden (ausgenommen jene Datenbestände, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen müssen, z. B. aus Gründen des Datenschutzes). Das würde eine beträchtliche Erweiterung der staatsbürgerlichen Rechte und eine optimalere Nutzung der informellen Ressourcen der öffentlichen Verwaltung bedeuten.
Der Preis für den Zugriff wird sicherlich eine indirekte Zugangsschranke für die Information darstellen. Das ist weniger problematisch, weil es zwei „Preisdrücker“ gibt: Informationsware unterliegt der Konkurrenz wie jedes andere Produkt und darf nie teurer als konventio-neU recherchierte Information sein.
Ausbildung wird das größte Zugangsproblem darstellen. Es wird nicht nur die Handhabung der Abfragedialoge (Technik und Sprache), sondern auch Informationsbewußtsein und -Verständnis gelehrt werden müssen. Mit unqualifizierter Angstmacherei vor der Technik werden die Zugangsschranken erhöht.
Der Autor ist Geschäftsführer der Management Data GmbH in Wien. Der Beitrag ist ein Auszug aus einem Referat anläßlich der Enquete „Informationstechnik für die 90er Jahre“, veranstaltet von der Osterreichischen Computer-Gesellschaft in Laxenburg.
Hans P. Halouska:
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