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WENN ELTERN AUS ALLEN WOLKEN FALLEN

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Gemeinsam mit all den anderen schulischen Reizthemen wie Überforderung der Schüler, mangelhafte Qualität der Unterrichtsmaterialien, Absacken der AHS zur undifferenzierten Gesamtschule, hohe Ausländeranteile ohne ausreichende begleitende Maßnahmen, Degeneration der Hauptschule zur Restschule sorgt alle Jahre im Herbst ein weiterer schulischer Teilbereich für Bauchgrimmen von Eltern und Lehrern: die Schulpartnerschaft in Elternverein, Klassen- und Schulforum oder Schulgemeinschaftsausschuß.

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Gemeinsam mit all den anderen schulischen Reizthemen wie Überforderung der Schüler, mangelhafte Qualität der Unterrichtsmaterialien, Absacken der AHS zur undifferenzierten Gesamtschule, hohe Ausländeranteile ohne ausreichende begleitende Maßnahmen, Degeneration der Hauptschule zur Restschule sorgt alle Jahre im Herbst ein weiterer schulischer Teilbereich für Bauchgrimmen von Eltern und Lehrern: die Schulpartnerschaft in Elternverein, Klassen- und Schulforum oder Schulgemeinschaftsausschuß.

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„Die vorhandenen Chancen werden eindeutig nicht genützt, weil die Eltern nicht gelernt haben, mit Lehrern als Partner umzugehen. Bevor sie etwas sagen, haben sie meist Angst, das Kind könnte .überbleiben'", kritisiert der Schulexperte und Vizepräsident im Katholischen Familienverband Österreichs, Frieder Herrmann.

Aus eigener Erfahrung in der Elternvereinsarbeit weiß Herrmann, daß die Schulpartnerschaft nur funktioniert, wenn die Schüler halbwegs gut sind und wenn die Eltern als gleichwertige Partner von den Lehrern anerkannt werden. Kaum gibt es aber Schwierigkeiten, wird die Schulpartnerschaft verletzt - von allen Seiten, wie Herrmann versichert.

Denn es gibt nicht nur die Fälle, wo Eltern einfach von einer wesentlichen Verschlechterung ihrer Kinder nicht oder zu spät verständigt werden und dann aus allen Wolken fallen, wenn die Betragensnote von der Semesterschulnachricht bis zum Schulschlußzeugnis von 1 auf 3 gesunken ist - was meist zu einem Einschreiten der Elternvertreter führt. Sehr häufig sind auch die Fälle, wo Eltern trotz wiederholter Vorladungen und Benachrichtigungen das Schulhaus meiden wie der Teufel das Weihwasser und erst am Schulschluß - zu spät - reagieren.

„Manche Kinder werden von den Eltern vor der Schule nur zur Versorgung abgesetzt. Gerade, daß sie zu Hause noch ein Frühstück bekommen

- alles andere sollen wir machen", klagt ein Direktor an einem Wiener Gymnasium. Nachsatz:, Am liebsten wär's manchen, wir würden den Kindern auch noch die Zähne putzen, von einem gemeinsamen Lernen mit dem Kind kann keine Rede sein."

Sehr viele Lehrer wiederum klagen, sie sähen an den Sprechtagen und in den Sprechstunden immer nur die Eltern, deren Schüler ohnehin gut sind. „Viele wollen nur hören, daß ihre Kinder gut sind. Die, die Schwierigkeiten ahnen, kommen erst garnicht

- und warten bis es zu spät ist", erklärt eine dienstältere Mittelschulprofessorin, angesprochen auf Probleme mit der Schulpartnerschaft.

Das reizt wiederum die Elternvertreter zum Widerspruch. Herrmann: „Die Sprechtage sind vielfach entwürdigend für die Eltern und bedeuten oft ein großes Zittern für die Kinder. Es wäre leicht, hier vieles menschlicher zu gestalten." Kritisiert werden vom Vertreter des Familienverbandes nicht nur lange Wartezeiten und kurze Gesprächsmöglichkeiten, sondern überhaupt die Organisationsstrukturen dieser Form der ElternLehrer-Begegnung. „Zum Sprechtag sollen nur die kommen, die sonst nicht kommen können. Ein Urlaubstag soll nicht geopfert werden müssen", fordert Herrmann.

Als Möglichkeit, die Sprechtage menschlicher zu gestalten, sieht Herrmann die Ausgabe von Nummern vor den einzelnen Lehrerzimmern an, räumt aber ein, daß diese Maßnahme manchmal an der Disziplin der Eltern scheitert. Sehr positiv beurteilt werden dagegen Versuche, Sprechtage von Schulseite freundlicher zu gestalten. Eine Möglichkeit ist das in manchen Schulen praktizierte Konzertcafe, das nebenbei manche Klassenkassa positiv auffettet.

Als Voraussetzung für alle künftigen Verbesserungen im Verhältnis Lehrer- Schüler - Eltern, wie es zum Beispiel auch die verstärkte Mitsprache bei wichtigen Entscheidungen (Neuerwählung eines Direktors) ist, nennt Herrmann die Aufwertung der schulischen Einrichtungen der Schulpartnerschaft. ,.Die Eltern sollen wirklich in die Veranstaltungen des Elternvereins kommen und ihre theoretisch vorhandenen Möglichkeiten nützen!"

Schwierigkeiten bereitet dabei oft die Unübersichtlichkeit der verschiedenen Vertretungsformen der Schulpartnerschaft. Hand aufs Herz! Wer kann wirklich auf Anhieb den Unterschied zwischen Eltemverein, Klassen- und Schulforum oder Schulgemeinschaftsausschuß erklären? Frieder Herrmann versucht es: „Der Eltemverein ist die älteste Form der Mitbestimmung von Eltern und - wie die Erfahrung gezeigt hat - die effizienteste."

Der Eltemverein ist der freiwillige privatrechtliche Zusammenschluß der Eltern. Bedingung für jedes Elternvereinsmitglied ist die Zahlung eines Mitgliedsbeitrags. Als Vorteil nennt Herrmann die Möglichkeit, Elternwünsche auch ohne Lehrer und Direktoren untereinander besprechen zu können. Die Schulen sind gesetzlich verpflichtet, die Arbeit der Eltemver-eine zu unterstützen.

Für jede Klasse einer Volks-, Hauptoder Sonderschule gibt es auch ein Klassenforum, das aus dem Klassenlehrer und allen Eltern besteht. Die Interessen werden durch zwei im Herbst zu wählende Klasseneltem-vertreter wahrgenommen. Aufgabe ist die Entscheidung über klassenspezifische Angelegenheiten wie Lernfortschritt und dergleichen.

Angelegenheiten, die mehrere Klassen oder die ganze Schule betreffen (Skikurse, bauliche Maßnahmen) werden im Schulforum beraten und entschieden. Dieses besteht aus Direktor, allen Klassenlehrern und Klas-seneltemvertretem.

Der letzte Unterschied: Was das Schulforum in der Volks-, Haupt- und Sonderschule, das ist der Schulgemeinschaftsausschuß in den polytechnischen Lehrgängen, in den Berufsschulen sowie in den mittleren und höheren Schulen.

Was zunächst wie die Aufzählung aus einem Gesetzbuch klingt, hat in der Praxis seine Bedeutung. Die Eltern, die sich engagieren, erweisen nicht nur ihren Kindern einen wichtigen Dienst. Manche finden auch Spaß an der kreativen Umgestaltung der Schule und gehen noch einmal sehr gerne zur Schule.

Der Autor ist Pressereferent des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien.

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