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Wenn nur die Mehrheit stimmt…

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Die rot-blaue Koalition steht. „Früher als erwartet“, sagen dazu nur die ganz Blauäugigen. Daß es zwischen SPÖ und FPÖ nicht Monate, sondern Jahre zurückliegende Absprachen gibt, hatten nur jene nicht zur Kenntnis genommen, die es nicht zur Kenntnis nehmen wollten.

Der Hauptschönheitsfehler der Regierung Sinowatz/Steger liegt zweifellos darin, daß zwei Verliererparteien sich gegen die einzige Gewinnerpartei der letzten Wahl verbündet haben.

Der politische Parsifal Josef Klaus hatte, als 1970 OVP und FPÖ die Verlierer waren, dies als Verstoß gegen die politische Moral empfunden. Die Verlierer von 1983 sind da weniger zimperlich, und die Formallage der Verfassung gibt ihnen recht: Wer über eine Mehrheit im Parlament verfügt, kann regieren.

Eben deshalb ist dem neuen Bundeskanzler Fred Sinowatz zu widersprechen, der vertäuten ließ, bei einem Zerfall der Koalition käme kein Partnerwechsel, sondern nur eine Neuwahl in Frage: Das bestimmt nicht er, sondern gleichfalls allein eine Parlamentsmehrheit. Wechselte etwa die FPÖ nach deutschem Vorbild einmal von der SPÖ zur ö VP, wäre der Regierungswechsel selbstverständlich einwandfrei möglich, und wenn die ganze SPÖ kopfstünde.

Sollte allerdings, was auch zu hören ist, ein solches Absprungverbot im Koalitionspakt festgeschrieben werden, dann käme dies einer Entmündigung der freiheitlichen Abgeordneten gleich, von denen bisher immer beteuert wurde, sie seien die freiesten des ganzen Parlaments!

Ein bißchen stark ist dieser Tage leider schon der Eindruck entstanden, daß es bei den Verhandlungen vor allem um Macht gegangen ist. Musik in Stegers Ohren konnte die Bemerkung Heinz Fischers, nächst der absoluten SPÖ-Mehrheit sei die rot-blaue Koalition die zweitbeste Chance zur Fortsetzung des „österreichischen Weges“ (also der bisherigen Politik), nicht gewesen sein.

Musik in niemandes Ohr war die Bemerkung Stegers, wer gegen Friedrich Peters Kandidatur zum Dritten Nationalratspräsidenten sei, verrate „neofaschistischen Geist“. Gegen solche Präpotenz muß jeder, ob er den Anti- Peter-Appell nun unterschrieben hat oder nicht, Einspruch erheben.

Peter selbst verriet in diesen Tagen, indem er sich jede Reporterfrage nach seiner Vergangenheit „verbat“, nicht eben Profilierungssucht als Demokrat. Und seine Fernsehklage über die ÖVP, die „nie ein Signal“ in Richtung FPÖ gesendet habe, sollte wohl vergessen machen, daß er sich sein Ja zu Landeshauptmann Gleißner 1967 durch 32 OVP-Zu- geständnisse abkaufen ließ, darunter die Schaffung eines hochbezahlten Postens für sich selbst. Das war schon auch ein bisserl ein Signal…

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