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Wer den Frieden bedroht
Der Kreml schlägt zurück: Die Pentagon-Studie „Die sowjetische Rüstung" (FURCHE Nr. 41/81) beantwortete er mit der Veröffentlichung einer eigenen Broschüre, die unlängst auch in Wien vorgestellt wurde. Titel: „Von wo geht die Gefahr für den Frieden aus?" Inhalt: der „militante außenpolitische Kurs" der USA und die „Orientierung der amerikanischen Administration auf die Erringung der militärischen Überlegenheit" über die Sowjetunion.
Wer sich von diesem im „Militärverlag des Ministeriums für Verteidigung der UdSSR" erschienenen Heft bislang unbekannte Informationen erhofft, wird enttäuscht. Kein Wunder: Das hier angebotene Material stammt mehr oder weniger aus westlichen Quellen.
Das Bildmaterial ist ausschließlich amerikanischen und englischen Unterlagen entnommen, das Zahlen- und Faktenmaterial ist aus Angaben der sowjetischen zuständigen Organe, des Londoner Internationalen Institutes für Strategische Studien und offiziellen amerikanischen Quellen zusammengestellt, so die Verfasser.
Allerdings: Nachprüfen läßt sich dies alles nur schwer, denn die konkreten Hinweise auf die Quellen fehlen vollkommen, präsentiert wird das ganze Material frei nach dem Motto: „Friß, Vogel, oder stirb".
Auf 80 Seiten werden auch dementsprechend die Schlußfolgerungen gezogen: Die USA „bauen seit mehr als drei Jahrzehnten ihre Kriegsmaschinerie nicht für Verteidigungszwecke aus und leiten immer neue Runden im Rüstungswettlauf ein"; „amerikanische Waffen stützten reaktionäre Diktatorenregime, unterdrücken die revolutionären und nationalen Befreiungsbewegungen und sollen die militärische Präsenz der USA in den Empfängerländern veran-. kern"; der „expansionitische außenpolitische Kurs" der USA ist auf die .Errichtung der Weltherrschaft' gerichtet"; „überall auf der Erde, wo Konfliktherde bestehen, sind unbedingt aggressive Kräfte der USA zu finden"; „sie richten in El Salvador ein grausames Blutbad an ..."
Das sind nur ein paar Kostproben aus diesem zynischen Propagandapalaver. Demgegenüber die Sowjetunion:
„Die KPdSU und der Sowjetstaat lassen sich in ihrer außenpolitischen Tätigkeit von solchen Prinzipien leiten wie Anerkennung des Rechts jedes Volkes, selbständig, ohne Einmischung von außen über seine inneren Angelegenheiten zu entscheiden" (Afghanistan?); „Verzicht auf jegliche Versuche, die Herrschaft oder Hegemonie, gleich in welcher Form auch immer, über andere Länder und
Völker zu erlangen und sie in den .Bereich der eigenen Interessen* einzubeziehen" (Polen, Ungarn, DDR, CSSR, Bulgarien, Rumänien, Mongolei, Afghanistan?) usw.
Kein Wort findet sich natürlich von der sowjetischen Unterstützung für die „revolutionären und nationalen Befreiungsbewegungen" der Welt, mit der Moskau seine Einmischung in allen Teilen der Welt rechtfertigt und die wesentlich dazu beigetragen hat, daß Washington den derzeitigen harten außenpolitischen Kurs steuert und auf eine „Politik der Stärke" setzt.
Ebenfalls kein Wort findet sich über die beispiellose sowjetische Aufrüstung während der siebziger Jahre, als der Westen in Entspannungseuphorie schwelgte und auf alles andere als militärische Aufrüstung setzte (die Broschüre spricht in diesem Zusammenhang von einem „gewissen Realismus" der USA).
In den Raum gestellt wird indes immer wieder die Behauptung von einem „annähernden militärischen Gleichgewicht", das die USA zerstören wollte, von einer „neuen Runde des Wettrüstens", die die Reagan-Administration einleite. Stellt sich nur die banal anmutende Frage: Wer war zuerst da, die Henne oder das Ei?
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