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Wer ist Kirche?

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Rund um Haiders Volksbegehren kam auch „die Kirche” wieder ins Gerede. Nur war man sich nicht einig, wer Kirche eigentlich ist.

Jörg Haider geht auf Nummer Sicher und zitiert den Papst und Thomas von Aquin, nur sehr aus dem Zusammenhang gerissen. Ortsbischöfe vertreten für ihn die Kirche nur, wenn sie seiner Meinung sind. Er ist froh, daß die Bischofskonferenz „neutral” geblieben ist. So ist's also „die Kirche” nicht, die ihn kritisiert, höchstens ein „pensionierter Bischof oder Pfarrer, die „von der Kanzel” politisieren.

Die Medien aber waren sich recht einig, daß eben „die Kirche” sich schon lange nicht so öffentlichkeitswirksam geäußert habe wie zum Thema Ausländerfeindlichkeit. Anlaß dafür sind die zehn Gegen-Sätze, die die Katholische Aktion Österreichs massenweise verteilen ließ. Dazu aus dem Mund eines Bischofs: „... das ist nicht die Stimme der Kirche.”

Inzwischen haben sich weit mehr als die Hälfte aller österreichischen Bischöfe in der Sache zu Wort gemeldet. Darauf die Belehrung: , Jis kann kein Bischof für die Konferenz sprechen, wenn nicht alle einzeln zustimmen.”

Wer ist die Kirche? Selbst wenn die Bischofskonferenz in ihrer Herbstsitzung aufrüttelndere Worte zur Ausländerfrage gefunden hätte, wäre damit nicht das ganze Spektrum Kirche abgedeckt. Denn Kirche ist noch mehr. Außerdem steht die Verantwortung des einzelnen Bischofs für seine Diözese höher als die noch so wünschenswerte Solidarität in der Bischofskonferenz.

Wer sind nun die „Laien” in der Katholischen Aktion? Sie sind berufen, „die Kirche an jenen Stellen und in den Verhältnissen anwesend und wirksam zu machen, wo die Kirche nur durch sie das Salz der Erde werden kann”, lehrt das Konzil (Lumen Gentium 33). Haben aber dann die Medien wirklich ein so falsches Kirchenbild, wenn sie aus Äußerungen der KA auch die Stimme der Kirche hören?

Das Konzil läßt uns ganz deutlich die Kirche zuerst insgesamt als jenes Volk Gottes sehen, das Christus „zum Königreich und zu Priestern für Gott gemacht” hat. (LG 10) Erst dann werden die hierarchische Struktur und die verschiedenen Verantwortlichkeiten aufgefächert. Es ist verwunderlich, daß Politiker, die sonst gern als modern gelten, Kirche noch immer ausschließlich durch die Hierarchie (nach ihrer Wahl) vertreten sehen. Und es ist bedauerlich, daß innerhalb der Kirche die grundsätzlich gleiche Würde aller Getauften und die je unterschiedliche Verantwortung noch immer nicht genügend respektiert wird.

Es ist oft gut, wenn die Kirche mit mehreren Stimmen spricht. In der pluralen Gesellschaft zählt ohnehin weniger die Amtskompetenz als die guter Argumente und des glaubwürdigen Zeugnisses.

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