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„Wer Knafl wählt, wählt Bacher ab”

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Noch bevor ÖVP-Landesobmann Herbert Bacher 1975, 118 Tage nach der Landtagswahl in Kärnten, mit 84 Prozent Stimmenmehrheit am Landesparteitag wieder zum Führer der Kärntner Konservativen gewählt wurde, haben gar nicht wenige Delegierte ihren Kummer über das Stagnieren der Volkspartei in Kärnten im Kongreßrestaurant in Villach ertränkt. Wie sollten sie auch ahnen, daß Bacher unmittelbar nach der Landtagswahl, die die Kärntner ÖVP von einer euphorischen Aufbruchstimmung auf den Boden der Realität zurückgeholt hatte, weü sie auf ihren bisherigen 12 Mandaten sitzengeblieben war, daß Bacher im Kreis der VP-Bundesobmänner seine Rücktrittsabsichten diskutieren ließ - freilich mit dem vorauskalkulierbaren Ergebnis, sich wieder als Spitzenkandidat zur Verfügung zu stellen. Die Obmänner der fünf Teüorganisatio- nen fanden damals - weit und breit - keinen geeigneten Nachfolger.

Landesrat Stefan Knafl, damals wie heute ohne politische Hausmacht, sieht das unter dem Eindruck der der-zeitigen Personaldiskussion über eine etwaige Ablöse Walter Suppans als ÖAAB-Obmann ein wenig anders: „Bacher hat mir damals den Parteiobmann angeboten, aber die Bündeobmänner waren dagegen. Heute nimmt man es mir übel, daß ich nicht gegen Bacher antrete” - und Knafl, den man ob seines loyalen Verhaltens gegenüber seinem Parteiobmann nun sogar der Feigheit zeiht, zieht den logischen Schluß: „Warum soll ich heute um etwas kämpfen, was ich vor zwei Jahren gratis hätte haben können?”

So bleibt sein Kampf um eine Machtposition innerhalb der Partei auf den ÖAAB-Landesobmann beschränkt. Diese Funktion übt seit 1967 Arbeiterkammervizepräsident NAbg. Walter Suppan aus. Mit Erfolg, wie ö AAB-Chef Alois Mock anläßlich eines vor kurzem abgestatteten Kärnten- Besuches eilfertig versicherte. Mock glaubt in der Herausforderung Knafls eine ganz normale demokratische Vorgangs weise zu erkennen und weist jedwede Spekulationen, Parteichef Josef Taus habe die ÖVP-Führung in Kärnten vergattert und zu einem parteiinternen Revirement gezwungen, brüsk ab. Dennoch: Seit Bekanntwerden der Knafl-Bewerbung für den ÖAAB-Obmann werden die Vermutungen, daß dahinter „mehr stecken” könnte, auf der Gerüchtebörse immer lauter gehandelt

Erst recht, als Knafl öffentlich erklärte, daß, sollte er zum Obmann gewählt werden, er sich auch als Spitzenkandidat der Kärntner VP bei der kommenden Landtagswahl 1980 zur Verfügung stellen würde. Diese Äußerung brachte Suppan zur Weißglut, weil er in der unausgesprochenen Parole „Wer Knafl wählt wählt Bacher ab” erhebliche Stimulanz der rund 500 zu erwartenden ÖAAB-Delegierten zugunsten Knafls vermutet. Nicht zu Unrecht übrigens.

Obwohl Landesparteiobmann Bacher seit 1975 ungemein emsig am Werk ist, seine Position in der Partei noch besser zu untermauern als bisher - die Diskussion, ob die Partei mit Bacher an der Spitze noch einmal in den Landtagswahlkampf ziehen sollte, wurde bislang nicht unterbunden. Parteiintern ist man zwar von den Fähigkeiten Bachers überzeugt - oder zumindest tut man so -, aber das Auf- der-Stelle-Treten zermürbt langsam das getreueste Mitglied des unteren Kaders. Und da könnte ein neues Gesicht frische Impulse initiieren.

Das dürfte wohl auch die Kärntner SPÖ ahnen, allen voran Landesparteiobmann Leopold Wagner, der sich schützend vor Bacher stellt: „Der arme Herbert tut mir langsam leid. Er ist der einzige wirklich fähige Kopf in der ÖVP, und gerade er wird immer wieder geprügelt.” Soviel Mitleid überträgt sich natürlich auch auf die sozialistische Parteizeitung, die sich in der Berichterstattung über Bacher zumindest in wohlwollender Zurückhaltung übt.

So wird dem ÖAAB-Landestag Kärnten am kommenden Sonntag doch größere Bedeutung beigemessen, als bei einer Kampfabstimmung innerhalb der Parteibünde dies sonst der Fall wäre.

Die ÖVP in Kärnten wird sich wohl auch bei der nächsten Landtagswahl das Ziel stecken, wenigstens das 13. von den 36 zu vergebenden Mandaten (bisher 20 SP, 12 VP und 4 FP) zu erreichen. Das würde den Konservativen in Kärnten das dritte Regierungsmandat sichern. Eine VP-FP-Mehrheit in der Landesregierung hieße dann 4 : 3, was der oftmals schon zur Selbstgefälligkeit neigenden Kärntner SPÖ gar nicht schaden würde.

Aber alle diese Spekulationen bleiben solche, wenn Bacher auch zur vierten Wahlauseinandersetzung mit der SPÖ antreten sollte. Denn daß Bacher zumindest bisher noch keine Wahl in Kärnten gewonnen hat, stellte Altlandesparteiobmann Hermann Gruber in seiner vorbereiteten Rede am letzten Parteitag im Jahre 1975 unmißverständlich fest: „Die Bedeutung der Sozialisten bis zur absoluten Mehrheit im Lande ist erst durch die letzten drei Wahlgänge gewachsen.”

Letztlich konnte Gruber von seinen Parteifreunden doch noch dazu bewogen werden, diesen Passus der Krtik in seiner Rede nicht vorzutragen. Vielleicht ein Symptom für die abgeschlagene politische Stellung der Volkspartei in Kärnten…?”

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