6881380-1979_11_01.jpg
Digital In Arbeit

Wer macht mit wem die Koalition?

Werbung
Werbung
Werbung

Die heutige Regierungspartei wird wohl nicht noch einmal die absolute Mehrheit schaffen. Dennoch weigert sie sich, konkrete Koalitionsaussagen zu treffen. Gäbe sie zu, daß die Wortkargheit darüber dem taktischen Bedürfnis entspricht, sich nicht vorzeitig öffentlich festzulegen, wäre es redlich und verständlich. So aber wird die Weigerung zu undemokratischer Arroganz.

Die ÖVP wieder sagt, sie sei offen für jede Art von Regierungsbündnis. Das ist auch eine taktisch begründete Unverbindlichkeit, freilich viel sympathischer als das „Alles oder nichts“ der SPÖ, bringt aber den suchenden Wähler auch nicht viel weiter.

In Wirklichkeit läßt sich aber schon heute mit hoher Wahrscheinlichkeit voraussagen, was in welchem Fall wirklich passieren wird.

Kommt es wider Erwarten noch einmal zu einer absoluten Mehrheit der SPÖ, ist eine (personell teilweise erneuerte) SPÖ-Alleinregierung sicher. Verliert die SPÖ nur zwei, drei Mandate, wird Kreisky wohl wieder eine Minderheitsregierung mit stillschweigender FPÖ-Hilfe im Parlament versuchen, auch wenn FPÖ-Obmann Götz da schon abgewinkt hat.

Sinkt die SPÖ knapp unter 90 Mandate, besteht die Präferenzlösung für sie in einer rot-blauen Koalition. Da aber Kreisky kein Koalitionskanzler sein und schon gar nicht sich mit Alexander Götz einlassen will, ist derzeit viel von einer Regierung Androsch-Götz die Rede.

Ausgehandelt, wie manche tun, ist sie wohl noch ebensowenig wie eine ebenso aus propagandistischen Gründen an die Wand gemalte Koalition Taus-Götz - aber wahrscheinlicher ist jene, unwahrscheinlicher diese. Die Legitimation empfinge eine solche Lösung, wenn die SPÖ nur relativ wenige Stimmen verloren und die ÖVP wenige gewonnen oder vielleicht gar Wähler an die FPÖ abgegeben hätte.

In der Praxis wäre es denkbar, daß einer SPÖ/FPÖ-Koalition Regierungsverhandlungen der SPÖ mit der ÖVP vorausgehen würden, bei denen die Sozialisten der Volkspartei unannehmbare Bedingungen stellen und deren Ablehnung dann als „Anmaßung“ der ÖVP deklarieren würden. (Hinweise auf eine solche Taktik bieten allerlei kryptische Kanzlerbemerkungen der jüngsten Zeit.)

Bei einer nur noch knappen relativen Mehrheit der SPÖ und einer fühlbaren Stärkung der ÖVP hätte wohl eine große Koalition (unter Gratz, Sinowatz oder Androsch) die größten Chancen. Erringt die ÖVP die Mehrheit, wird sie zumindest eine große Koalition mit der SPÖ, wahrscheinlicher aber noch eine Regierung aller drei Parlamentsparteien anpeilen.

Eine mögliche Spielform im Fall stärkerer Verluste der SPÖ ist auch deren freiwilliger Rückzug in die Opposition, wodurch sie zunächst eine Realisierung ihrer eigenen Horrorparole (schwarz-blaue Koalition Taus-Götz) erzwingen würde. Dies wird die Sozialistische Partei freilich nur dann tun, wenn sie sich sicher ist, mit Gewerkschaftshilfe eine solche Koalition in ein, zwei Jahren zu Fall zu bringen und selber an die Macht zurückkehren zu können.

Bleibt als einzige Unbekannte in diesen Gleichungen der Bundespräsident. Man sollte ihn nicht unterschätzen. Kirchschläger ist wohl der Kandidat, aber durchaus nicht das Werkzeug der SPÖ.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung