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Wer nicht ruhen will, muß zahlen

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Auch die Ruhensbestim-mungen sind von der Pen-sionsreform zum Teil betroffen. Wir fassen in diesem Schlußbeitrag die ab 1. Jänner geltenden Regelungen zusammen.

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Auch die Ruhensbestim-mungen sind von der Pen-sionsreform zum Teil betroffen. Wir fassen in diesem Schlußbeitrag die ab 1. Jänner geltenden Regelungen zusammen.

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Es bleibt also dabei: Politiker dürfen ohne Schmälerung ihrer Ruhebezüge weiterarbeiten, während andere, denen oft gar nichts anderes übrigbleibt, dafür hart bestraft werden. Die Chance, mit dieser Ungleichbehandlung von Staatsbürgern durch Abschaffung der Ruhensbestimmungen für ASVG-Pensionisten aufzuräumen, wurde wieder einmal verpaßt.

Das Privileg bevorzugt besonders alle jene Mandatare, die vorzeitig ins Pensionistendasein überwechseln und deren Fleiß durch keinen Pensionsabzug gebremst wird, während die Ruhensbestimmungen fürs gewöhnliche Volk bei den Frühpensionisten besonders hart zuschlagen.

Die Chance für dazuverdienende Pensionisten, Schlupflöcher zu entdecken, ist vor allem für jene gering, die es am nötigsten hätten. Unter den Betroffenen sind besonders viele Frauen mit niedrigen Witwenpensionen.

Im Dezember 1981 ruhten insgesamt 27.739 Pensionen, 6.758 von Männern und 20.981 von Frauen (75 Prozent!). Die Männerpensionen wurden um durchschnittlich 3.396, die der Frauen um 1.745 Schilling gekürzt. Daraus geht hervor, daß die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen kleine Pensionen bezog und nicht aus Langeweüe oder zur Finanzierung von Luxusbedürfnissen, sondern aus bitterer Notwendigkeit weiterarbeitete.

Wenn es darum geht, die Auswirkungen zu mildern, sind folgende Kriterien zu beachten: O Nur vorzeitige Alterspensionen (Frühpensionen) können ganz gestrichen werden. Von allen anderen Pensionen ruhen höchstens 40 Prozent.

• Die Pension ruht nur, wenn eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Einkünfte, die nicht auf einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit beruhen, führen zu keiner Kürzung.

• Selbständige wie etwa Autoren und Künstler haben viele Möglichkeiten, die Auswirkungen der Ruhensbestimmungen zu mildern.

Frühpensionen werden ganz gestrichen, wenn das Erwerbseinkommen 2.261 Schilling im Monat brutto übersteigt. Diese Freigrenze gilt ab 1. Jänner. Die Streichung wird jeweils für den Monat wirksam, in dem die Freigrenze überschritten und gearbeitet wird.

Unselbständig erwerbstätige Frühpensionisten verlieren also ihre ganze Pension, wenn sie auch nur 2.262 Schilling brutto verdienen. Daran ist nichts zu ändern, auch wenn die Pension 8.000 Schilling betragen hätte. Eine Uberstunde zuviel kann Tausende Schilling kosten.

Nehmen wir an, der Bezieher einer kleinen Frühpension will ein halbes Jahr arbeiten. Er soll jm ersten Vierteljahr 2.000 Schilling verdienen, wenn er sich bewährt, soll er im zweiten Vierteljahr 4.000 Schilling monatlich (immer brutto!) bekommen. Es wäre in diesem Fall günstiger, fünf Monate für je 2.000 Schilling und einen Monat für 8.000 Schilling zu arbeiten. So ginge die Frühpension nur für einen Monat verloren, die in dem einen Monat zuviel bezahlte Lohnsteuer holt man sich über einen beim Finanzamt beantragten Jahresausgleich wieder zurück.

Ein anderes Beispiel. Jemand hat eine Arbeit gemacht, die erst später bezahlt werden soll. Muß er sich jetzt erkundigen, wann das Geld kommt? Ist die Frühpension eines ganzen Monats wirklich gerettet, wenn er im Auszahlungsmonat strikt jede Arbeit meidet? Diese wichtige Frage ist jezt, einen Monat vor Inkrafttreten, noch immer nicht schlüssig beantwortet.

Welcher Betrag ruht? Bei allen anderen Pensionen werden zwei Berechnungen angestellt, um den ruhenden Betrag zu ermitteln. Um das niedrigere, für den Pensionisten günstigere Ergebnis, aber höchstens 40 Prozent, wird die Pension gekürzt. Zuvor werden für jedes Kind, für das der Pensionsberechtigte Kinderbeihilfe bezieht, 1.585 Schilling (ab 1. Jänner) vom Brutto-Monats-einkommen abgezogen.

1. Prüfung: Der für die betreffende Pensionsgruppe vorgesehene Freibetrag (siehe Kasten) wird vom Erwerbseinkommen abgezogen.

2. Prüfung: Erwerbseinkommen und Pension werden addiert, davon wird wiederum ein Freibetrag (siehe Kasten) abgezogen. Das niedrigere Ergebnis zählt.

Auch hier gilt die Regel, „daß das Ruhen nur eintritt, wenn neben einem Pensionsanspruch Einkommen aus einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit erzielt wird" und daß dabei zu beachten ist, „daß Erwerbstätigkeit und Pension in einem Kalendermonat zumindest zeitweise gleichzeitig vorliegen" (Ausschußbericht).

Sporadisch arbeitende Dichter, Maler, Komponisten und andere

Freiberufler müssen noch auf die Interpretation warten: Erleiden sie keine Pensionskürzung, wenn sie nur in Monaten kassieren, in denen sie gerade nicht arbeiten, zum Beispiel im Urlaub?

Arbeiten sie das ganze Jahr, ' wird die Pension nur in jenen Monaten gekürzt, in denen die Einnahmen die Freigrenzen (siehe Kasten) übersteigen.

Wer 1985 nicht mehr als 27.132 Schilling zuverdient, kann einen Jahresausgleich beantragen. Dann gilt ein Zwölftel der Jahreseinkünfte als Basis für die 1. und 2. Prüfung.

Was ist eine Erwerbstätigkeit?

Einnahmen, denen keine Erwerbstätigkeit zugrunde liegt, führen auch zu keiner Kürzung.

Dazu gehören Mieten und Pachtzinse, Verkaufserlöse, Kapitalerträge, Einkünfte Stiller Gesellschafter, Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungs-gesetz, Kündigungsentschädigun-. gen, Tantiemen und Erlöse aus vor der Pensionierung geschaffenen Werken — in Zweifelsfällen gibt die zuständige Pensionsversicherungsanstalt gerne Auskunft.

Bundes- und Landesgesetze bewirken, daß auch die Ausübung eines politischen Mandates nicht die „Schaffung von Einkünften in Geld- und Güterform bezweckt" und kein persönliches oder wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis bewirkt. Mandatare aller Ebenen beziehen daher neben .ihren Politiker-Bezügen etwaige Pensionen ungekürzt.

Auch politisch aktive Frühpensionisten müssen nichts befürchten. Mancher Bürgermeister soll seit der Frühpensionierung viel mehr Zeit für sein politisches Amt haben. Hier Zusammenhänge zu wittern, wäre natürlich unstatthaft. Doch die Aufwandsentschädigungen unserer Kommunalpolitiker, pensionierter Kommissionsmitglieder aller Art und so weiter und so fort haben ein ganz schönes Niveau erreicht.

Selbständige, die jährlich die Steuererklärung ausfüllen, kennen den Unterschied zwischen Umsatz und Einkommen. Ihre Betriebsausgaben sind im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt, daher wird der dort angeführte Gewinn zur Ermittlung des ruhenden Pensionsbetrages herangezogen.

Andererseits müssen Einnahmen der Pensionsversicherungsanstalt unverzüglich gemeldet werden.

Nehmen wir also an, ein Tischler, der eine vorzeitige Alterspension (Frühpension) bezieht, baut und verkauft Monat für Monat ein Regal um 3.500 Schilling. Ob er seine Frühpension behält, hängt davon ab, ob er mindestens 1.239 Schilling für Holz, Werkzeug, Leim, Lacke, Arbeitskleidung und so weiter ausgibt. In diesem

Fall wird ja mit seinem Brutto-Reingewinn die Freigrenze von 2.261 Schilling nicht überschritten.

Dieses Argument kann von der Pensionsversicherungsanstalt sofort anerkannt werden oder auch nicht. Im ersten Fall muß er im nächsten Jahr seinen Einkommensteuerbescheid vorlegen. Im anderen Fall kann er, wenn der Reingewinn nach Abzug der Betriebsausgaben unter der Freigrenze geblieben ist, die Pension nachfordern.

Es gibt immer die Möglichkeit, die Pensionsberechnung eines Monats oder mehrerer nachträglich aufzurollen. Aber auch da lauert ein „Hund".

Man weiß ja nie, ob Ausgaben, die man in der Steuererklärung angibt, anerkannt werden. Seit immer mehr Steuererklärungen „unbesehen" akzeptiert und dafür immer mehr auch ganz kleine Steuerpflichtige einer Betriebsprüfung unterzogen werden, besteht die Gefahr, daß noch nach fünf und mehr Jahren Frühpensionen komplett zurückgezahlt werden müssen, weil irgendeine Ausgabe, die ja regelmäßig aufscheinen kann, nun plötzlich nicht mehr anerkannt wird. Das kann, in Verbindung mit den Nachzahlungen an das Finanzamt, zur finanziellen Katastrophe führen.

Ungerecht, ja unverständlich mutet auch an, daß Witwen oder Witwer ungestraft über monatlich 10.585 Schilling verfügen dürfen (Pension plus Zuverdienst), während bei Menschen, die „nur" die eigene Pension beziehen, die Ruhensbestimmungen bereits bei 7.231 Schilling voll zuschlagen.

Je kleiner die Pension, je größer die Notwendigkeit, dazuzuverdienen, desto geringer die Möglichkeiten, sich zu helfen. Auch aus diesem Grund gehören die Ruhensbestimmungen abgeschafft oder im Sinne echter Gleichbehandlung aller Pensionsberechtigten reformiert.

ENDE DER SERIE

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