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Wer soll im Namen der Katholiken sprechen?

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Wer spricht für die Kirche? Etwa jüngst im Fall Zweritendorf? Die Bischofskonferenz hielt sich zurück, bekannte sich im Grundsatz für die friedliche Nutzung der Kernenergie, aber plädierte im Zweifelsfall für Ersatzenergien, für Verzicht auf (noch) höheren Lebensstandard. In Bildungshäusern und Studentenheimen riefen die Plakate laut zum Nein auf. So mancher Kirchengeher wartete darauf, von der Kanzel herunter zu hören, wie er abstimmen sollte. Aber kann es die Aufgabe der Kirche sein, Wahlempfehlungen zu geben? Diese Zeiten sind doch wohl endgültig vorbei.

Die Bischofskonferenz beschäftigte sich nun in ihrer Herbstkonferenz auch mit diesem Komplex, auch mit der Frage, welches Organ nun bevollmächtigt sein solle, „im Namen der Katholiken“ zu sprechen.

„Die Bischöfe stellen fest, daß sie in Fragen des gesellschaftlichen Lebens grundsätzlich Richtlinien geben“, hieß es in der abschließenden Pressemeldung, „die Grundsätze des christlichen Lebens und der christlichen Lebensverwirklichung darlegen.“ Sie wollen aber nicht „zu allen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Fragen im einzelnen Stellung nehmen“. Damit werde nach Ansicht der Bischöfe „die Einheit der kirchlichen Wegweisung gewährleistet und zugleich den verschiedenen Gruppierungen in der Kirche der Freiraum ihrer Stellungnahme ermöglicht“.

Dies war ja gerade zuletzt im Fall Zwentendorf der Fall. Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz konnte die seit Jahresfrist vorliegende Idee, ein „Nationalkomitee“

der Katholiken zu gründen, in der alle diese Gruppierungen erfaßt sein sollten, nicht unbehandelt bleiben. „Das Anliegen der gemeinsamen Verantwortung, der Mitsprache in der Kirche und der Stellungnahme als Kirche in der Öffentlichkeit hat aktuelle Bedeutung“, anerkannten die Bischöfe.

Als aber einst die Forderung nach dem gemeinsamen Sprachorgan auftauchte, riefen die Vertreter eines halben Dutzends von Gremien „Hier!“ und stellten fest, daß gerade sie dieser Forderung längst entsprächen. Nun sollen sich die Bischöfe Krätzl, Wagner und Weber mit den Mitgliedern der Kommission zur Nacharbeit der Österreich-Synode und Funktionären der kirchlichen Organisationen zusammensetzen, um einen gemeinsamen Weg zu suchen.

...für ein Leben, das über Streben nach Reichtum hinausführt ...“

Inzwischen aber zeigt die Bischofskonferenz deutlich, daß sie sehr wohl bereitsteht, um in den großen gesellschaftspolitischen Anliegen unserer Zeit ihre Stimme zu erheben. Zum „Jahr der Menschenrechte“ etwa, zu dem die österreichische Kommission für Gerechtigkeit und Friede mit dem Pastoralinstitut gemeinsam am 23. November eine Festakademie zum Thema „Bergpredigt und Menschenrechte“ abhält.

„Menschenrechte werden auf der ganzen Welt in verschiedener Weise mißachtet“, erklären die Bischöfe.

„Die Ohnmacht einzelner und ganzer Gruppen und Schichten gegen unkontrollierbare Willkür scheint keineswegs abzunehmen, sondern sich eher zu vermehren. Es ist Glaube der Christen, daß die Würde und das Recht des Menschen ihre tiefsten Quellen darin besitzen, daß jeder Mensch ein Geschöpf Gottes ist, daß für ihn Christus gestorben ist und daß er vom Geist Gottes begnadet werden kann.“

Auch die Entwicklungshilfe sei als Weg zur Erfüllung des Menschenrechts zu verstehen - hier haben sich die Katholiken in Österreich, wie die Bischöfe hervorheben, „vorbildhaft und zeichenhaft“ verhalten.

Aber gerade die Verpflichtungen gegenüber der Dritten Welt werfen die Frage auf, ob sie erfüllt werden können, wenn die Verschwendung in den reichen Ländern im gewohnten Stil weitergeht. Deswegen haben die Bischöfe den Leitsatz aufgegriffen, der von kirchlichen Organisationen geprägt wurde: „Einfacher leben“. Sie empfehlen daher:

„Die Entwicklung der Welt stellt uns alle immer mehr vor die Fragen ob unser derzeitiger Lebensaufwand erhalten werden kann und darf. Das Evangelium gibt uns Maßstäbe für ein Leben, das über bloßes Streben nach Profit, Reichtum und Luxus hinausführt. Unser Glaube verpflichtet uns heute besonders, unser eigenes Leben zu überprüfen. Wir sehen mit Freude, wie vor allem bei den Jugendlichen der Sinn für ein einfacheres Leben wächst. Wir ermutigen alle, die mit Ernst und christlicher Verantwortung neue Formen des Lebensstils erproben.“

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