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Wer will immer nur Wiener Schnitzel?

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1968 gründeten junge Enthusiasten in Hall in Tirol die Galerie St. Barbara. Sie wurde - abseits der Landeshauptstadt - zur ersten Adresse für moderne Musik.

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1968 gründeten junge Enthusiasten in Hall in Tirol die Galerie St. Barbara. Sie wurde - abseits der Landeshauptstadt - zur ersten Adresse für moderne Musik.

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Wir waren damals unglaublich brav, aber ohne den Mai in Paris hätten wir vermutlich nicht angefangen”, meint Gerhard Crepaz heute. Erste Aktivitäten waren Ausstellungen, deren Eröffnungen bald von „Musik unserer Zeit” untermalt wurde. Die Galerie St. Barbara ließ sich nie auf ein Genre festlegen: es gab Straßentheater, Randfeste und Lesungen, Filmretrospektiven und Tanztheater, exzentrische Bälle et cetera.

Seine nachhaltigste Aktivität entwickelte das - bald auf das Ehepaar Gerhard und Maria Crepaz geschrumpfte - Team bei der Aufführung neuer Musik in Kombination mit der „kritischen Präsentation alter Musik”. Stockhausen, Ligeti, Reich, Satie, Cage sind nur einige der wichtigsten Komponisten, die in Hall zum Teil eine zweite künstlerische Heimat fanden.

Zugleich wurde die Galerie ein wichtiges Forum für Tiroler Komponisten. Hauptanliegen des Musikerziehers Crepaz war es immer aufzuklären. Das Publikum an die Moderne heranzuführen geschieht in Konzertreihen, die alte und außereuropäische Musik mit den Werken der Gegenwart kombinieren: „Das Publikum ist lernfähig, wem immer nur Wiener Schnitzel vorgesetzt wird, der wird halt nie etwas anderes mögen”, ist Crepaz überzeugt.

Eine andere programmatische Linie ist die „Musik der Religionen”. Maria Crepaz: „Der Fundamentalismus ist eine gefährliche Tendenz, deshalb suchen wir die Auseinandersetzung mit und zwischen den Religionen.” Gerhard und Maria Crepaz geht es um ein Konzept der Toleranz, in dem „das Kulturelle ein freier Raum ist, in dem man Freund sein kann, auch wenn man verschiedener Meinung ist”. Die Provinz bezeichneten sie einmal als „lebenslangen Kampf im Normalland” -und Hall ist Provinz. Auch wenn inzwischen der langgediente Bürgermeister, dem man in „verbissener Freundlichkeit” verbunden ist, selber gerne von der „Kulturstadt HalF spricht. Der Geldmangel bleibt trotzdem chronisch.

Weitreichende Auswirkungen haben die neuen Ausländergesetze: Veranstalter werden zu umfangreichen finanziellen und rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Künstlerinnen aus dem Osten gezwungen. „Ich lasse mich aber nicht vom Staat zum Ab-schieber der Nation machen”, gibt sich Maria Crepaz kämpferisch.

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