6925117-1982_08_08.jpg
Digital In Arbeit

Wer wird in Zukunft die Bischöfe bestellen?

Werbung
Werbung
Werbung

FRAGE: Was ist bei der Bestellung von Bischöfen nach dogmatischen Prinzipien in der römisch-katholischen Kirche absolut möglich?

RAHNER: Vom dogmatischen Kirchenverständnis der katholischen Kirche her kann man sagen: jedwede Art von Bischofsbestellung - natürlich durch Mitglieder der Kirche selbst — ist möglich, wenn der bestellte, gewählte, ernannte Bischof zu seiner Bestellung die Zustimmung des Gesamtepiskopats der Kirche, repräsentiert durch den Papst in Rom, erhält Mit anderen Worten: Vom rein dogmatisch verbindlichen Kirchenbegriff her sind die verschiedensten Weisen der Bestellung eines Bischofs unter der genannten Voraussetzung möglich, wie dies auch im Kirchendekret des II. Vatikanischen Konzils angedeutet ist.

Ein Bischof könnte also grundsätzlich vom Gesamtvolk gewählt werden, von der Priesterschaft der betreffenden Diözese, von einem Domkapitel, von einem Priesterrat; er könnte bestellt werden durch die Nachbarbischöfe, durch eine Bischofskonferenz oder eben auch durch eine Ernennung durch den römischen Papst. Eine direkte Ernennung durch den Papst ist also, dogmatisch gesehen, nicht der einzige vom Wesen der Kirche geforderte Wahlmodus.

FRAGE: Was ist wünschenswert?

RAHNER: Man wird sagen müssen, eine Bischofswahl, Bischof sbestellung und -ernennung muß sinngemäß so sein, daß der

Betreffende die für die Verwaltung eines Bischofsamtes nötigen Eigenschaften und das Vertrauen seiner Diözesanen und besonders natürlich des Priesterkollegiums seiner Diözese hat. Die Weise, wie diese Bedingungen festgestellt werden, kann sehr verschieden sein.

Aber es wäre gewiß wünschenswert, daß die Mitwirkung derjenigen, die durch eine solche Ernennung betroffen sind, doch möglichst deutlich und durchsichtig an einer solchen Bischof s-findung gesichert wird. Ein Bischof muß ein möglichst großes Maß von Vertrauen, von Bereitschaft zur Mitarbeit usw. von Seiten der Diözese haben, um erfolgreich wirken zu können. Darum aber ist es naheliegend und wünschenswert, daß auf geeignete Weise die Diözese selbst an der Findung des geeigneten Kandidaten beteiligt wird.

Wie das geschieht und geschehen kann, ist natürlich eine gar nicht leicht zu beantwortende Frage. Aber es gibt ja Priesterräte, es gibt Domkapitel, es gibt andere Gremien und Einzelpersonen, die bei der Findung eines solchen Kandidaten sachgemäß mitwirken könnten. Das wird natürlich heute auch schon faktisch in einem gewissen Maß geschehen. Die Bischofskonferenzen, vielleicht auch Ordinariate, vielleicht auch — leider scheint dies wieder abhanden gekommen zu sein — Priesterräte machen Rom bezüglich geeigneter Kandidaten Vorschläge, aus denen dann unter Mitbeteiligung des Nuntius Rom seinen ihm genehmen Kandidaten auswählt

FRAGE: Was ist praktisch?

RAHNER: Die Frage, was ist unter den heute gegebenen Rechtsnormen faktisch praktikabel, läßt sich vielleicht dahin beantworten; daß, wenn bei der Findung der möglichen Kandidaten Priesterräte genauer, mutiger, offener eingeschaltet würden und Rom auch in genügender Weise solche Vorschläge würdigen und nicht leicht über sie hinweggehen würde, dann könnten auch unter den jetzigen rechtlichen Normen Bischöfe gefunden werden, die hinsichtlich ihrer menschlichen Qualität, ihrer Spiritualität und ihrer seelsorglichen Erfahrung geeignet sind und denen ein größtmögliches Maß von Vertrauen und Mitarbeitsbereitschaft von Seiten der Diözesanen und von Seiten der Diözesanpriester entgegengebracht wird.

Mit dieser Feststellung ist nicht gesagt, daß die heutigen Verfahrensweisen die denkbar besten seien, daß nicht andere, wenn man will, demokratischere Verfahrensweisen, an sich angezeigt wären und angestrebt werden sollten. In dieser Beziehung ist natürlich eine praktische Änderung nur dann in Zukunft zu erwarten, wenn die römischen Amtsträger und die Bischöfe im Lande selber so durch die Gesamtatmosphäre der Öffentlichkeit gebildet und beeinflußt sein werden, daß sie von sich selbst her die Opportunität solcher rechtlicher Änderungen einsehen werden.

(Gekürzt aus dem Nachrichtendienst der Katholischen Sozialakademie Österreichs)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung