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WER ZAHLT, SOLL JETZT AUCH ANSCHAFFEN

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Voll Neid blickten Kärntner Fremdenverkehrsunternehmer bislang nach Tirol, wo die zahlende Wirtschaft auch bestimmen konnte, was mit ihrem Geld in der Tourismuswerbung passiert. Mit dem neuen Fremdenverkehrsgesetz, das Mitte Mai einstimmig verabschiedet wurde, wird dies auch in Kärnten möglich sein. Werden Kärntens Unternehmer die Verantwortung übernehmen wollen, die bislang so bequem bei den Gemeinden lag?

„Die Privatisierung des Fremdenverkehrs auf Ortsebene ist eine Ric-senchance für Tourismusunternehmer, hoffentlich werden sie diese auch zu nützen wissen”, kennt der Leiter der Fremden verkehrsförderung in der Landesregierung, Ingo ZIamal, seine „Pappenheimer*' aus langer Erfahrung. Er hat bei der Schaffung des Gesetzes maßgeblich mitgearbeitet.

Selbst entscheiden, was mit Ortstaxe und Fremdenverkehrsabgabe passiert - der Traum vieler Tourismus-untemehmer ist mit dem einstimmigen Landjagsbeschluß in Erfüllung gegangen. Was in Tirol und Salzburg gang und gäbe ist, wird in Zukunft auch in Kärnten möglich sein: Nicht mehr in der Gemeindestube wird über Wohl oder Übel des Fremdenverkehrs entschieden, sondern in privat organisierten Fremdenverkehrsvereinen.

Immer vorausgesetzt, daß die Unternehmer überhaupt wollen.

In der nächtigungsstärksten Gemeinde in St. Kanzian am Klopeiner See wollen sie nicht. „Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde ist gut, warum sollen wir die gute Basis aufkündigen?”, fragt der Obmann des Fremdenverkehrsverbandes Josef Marolt. Merkwürdiges Detail am Rande: Als Obmann der Sektion Fremdenverkehr hat er maßgeblich am Privatisierungsgesetz mitgezimmert, doch für seine Gemeinde will er es nicht beanspruchen.

Er begründet, warum: „Wir bekommen schon jetzt 60 Prozent der Fremdenverkehrsgelder und zwei Kräfte von der Gemeinde bezahlt.” Und die Investitionen, die die Wirtschaft am Klopeiner See wünscht, sind millionenschwer - für einen privaten Verband unbezahlbar.

Das Gesetz sieht nämlich vor, daß die Gemeinde 90 Prozent der Fremdenverkehrsabgabe und 90 Prozent der Kurtaxe an den Verein übergeben muß. Wobei die Betonung auf „muß” liegt.

Die Kommune kann - so sieht es das Gesetz vor - mit Mehrheit gezwungen werden, die Mittel herauszugeben. Touristikuntemehmer können selbst entscheiden, ob sie in Zukunft die Tourismus Werbung in die Hand nehmen, oder die Gemeinde weiter arbeiten lassen wollen. Mindestens 30 Prozent der Abgabepflichtigen in der Gruppe A (tourismusintensive Unternehmen) müssen an der geheimen Wahl teilnehmen, 50 Prozent dafür sein.

In Velden funktioniert die Tourismusarbeit auf Gemeindeebene bestens. Kurdirektor Glawischnig ist zwar Gemeindebediensteter, aber quasi unabhängig. Dementsprechend kann er auch agieren. Kein Wunder, daß die Tourismusuntemehmer keine gesteigerte Lust haben, sich selbst die Verantwortung aufzubürden. Bürgermeister Petritsch. als Fremdenverkehrsreferent der Gemeinde, meint d(azu: „Ich habe die Wirtschaft schon vor längerer Zeit gebeten, Vorschläge zu machen, wie eine Privatisierung aussehen soll. Ich werde ihnen aber die Tourismus Werbung nicht vor die Füße werfen.” Petritsch glaubt, daß die Unternehmer vor allem ein Mitspracherecht bei den tourismusrelevanten Entscheidungen fordern werden. Bislang hatten die Beiräte nämlich lediglich Anhörungsrecht, was viele Unternehmer frustrierte.

Strafe für „Quertreiber”

Man kann dem neuen Gesetz nicht absprechen, daß es recht durchdacht ist. Sogar für zu erwartende Streithähne wurde eine Schranke eingebaut: Sollte der Verein wegen Zwi-stigkeiten auseinanderbrechen, kann die Gemeinde die Mittel wieder sechs Jahre lang selbst verwalten. Als Strafe für „Quertreiber”.

Trotzdem gibt es einige Schwachpunkte, die aber weniger im Gesetz, als im System verankert sind. Landesfremdenverkehrsdirektor ZIamal fürchtet: „Wenn die Gemeindeväter Fremdenverkehrskompetenzen abgeben müssen, könnten sie in Hinkunft auch jede Verantwortung für Fremdenverkehrsbelange ablehnen.” Schon jetzt werden 60 bis 70 Prozent der Kärntner Fremden verkehrsgemeinden zusätzlich zu Ortstaxe und Fremdenverkehrsabgabe aus dem ordentlichen Budget gesponsert. Die Bezahlung der Gemeindebediensteten, Büroeinrichtungen und Computeranlagen sind selbstverständlicher Zuschuß an den Tourismus. Diese Nebenleistungen weiter zu bezahlen, dazu können die Gemeinden allerdings nicht mehr genötigt werden.

Die Euphorie der Wirtschaft nach Privatisierung hält sich daher in Grenzen. Außer in Warmbad Villach, wo man die Stunde herbeisehnte, endlich „los von Villach zu kommen”, will kein Verein mit fliegenden Fahnen das „private Abenteuer” wagen. Plötz-lich erkennen viele sogar die Vorteile einer soliden Gemeindearbeit. In Villach, wo man lautstark Unzufriedenheit demonstrierte, geht die Tendenz eher zur Mitsprache, als zur selbständigen Arbeit. „Eigentlich ist man ja ganz zufrieden mit der politischen Arbeit”, meint der Obmann des Frem-denverkehrsbeirates, Helmuth Hinter-leitner.

Eines wissen die Fremdenverkehrsunternehmer genau: Wollen sie in Zukunft Großprojekte durchführen, werden sie wohl oder übel in die Tasche greifen müssen, um dem Verband das nötige Geld zu beschaffen. Und freiwillig zahlen, war noch nie die Stärke der Kärntner. Lediglich Bad Kleinkirchheim ist es schon vor Jahren gelungen, die gesamte Wirtschaft in den Tourismus einzubinden. Klein Kirchheimer Unternehmer zahlen nicht wenig in die Vereinskasse. Dafür hat der Ort auch Großes leisten können.

Ein Häuflein Engagierter

„Ein Verein ist nur so gut, wie der Motor, der ihn betreibt”, spricht Helmut Hinterleitner vom Faaker See die Obmannfrage an. Wo aber finden sich, fragt man sich in Kärnten, jene engagierten Unternehmer, die ehrenamtlich einen Verein führen, Managerqualitäten besitzen und ihren Betrieb für die Vereinsarbeit im Stich lassen?

Meist sind es immer dieselben, die sich für den Kärntner Tourismus engagieren und das ist nur ein kleines Häufchen. So gut das Gesetz gemeint ist, es ist zu befürchten, daß die Unternehmer in der „ersten Reihe fußfrei” sitzenbleiben werden und die Gemeinde weiterarbeiten lassen. Man darf auf die Urabstimmung gespannt sein! Dann wird sich zeigen, wieviel wert der Tourismuswirtschaft der Tourismus ist.

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